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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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lila leuchteten. „Zwei Rinder sind tot.“ „Sind sie
    verhungert oder verdurstet?“, fragte sie. Paul schob den Hut in den Nacken und
    wischte sich mit dem Ärmel über sein erhitztes Gesicht. Sein weißes Hemd war an
    den Ärmeln und am Kragen verschmutzt und unter den Achseln durchgeschwitzt.
    „Ich weiß es nicht“, sagte er. Hilfe suchend sah sie zu John, der nur die
    Schultern zuckte. Paul stapfte wortlos in Richtung der Häuser. „Warum“, sagte
    sie, „warum antwortet er mir nicht?“ Sie war wütend und wollte schon hinter ihm
    herlaufen und ihn zur Rede stellen, doch da packte John sie am Handgelenk.
    Überrascht sah sie ihn an. Sein Gesicht war dem ihren ganz nah. es war
    schweißbedeckt, und seine dunklen Augen funkelten. „Lassen Sie ihn!“ Sein Griff
    lockerte sich, doch er ließ sie noch nicht los.
    Warum mischt er sich
    plötzlich ein? Er hat sich doch sonst herausgehalten, dachte sie und suchte in
    seinem Blick nach der Antwort. Da ließ er plötzlich ihr Handgelenk los, als sei
    ihm auf einmal bewusst geworden, dass er sie festhielt. Er sagte nichts, sah
    sie nur an. „Er war nicht immer so“, sagte sie. „Etwas hat ihn verändert. Und
    es hängt mit dieser Missionsstation zusammen.“ Sie ließ ihren Blick zu den
    Hütten schweifen. Er erwiderte nichts. Sie ließ ihn stehen und ging zurück zu
    den Häusern.
    An diesem Abend legte
    sie sich früh schlafen, und als sie in der Nacht aufwachte, sah sie noch immer
    den Lichtschimmer aus dem Arbeitszimmer. Morgen war Sonntag, Paul arbeitete an
    seiner Predigt. Einen Augenblick lang war sie versucht, aufzustehen, die
    unsichtbare Schranke zu seinem Arbeitszimmer zu ignorieren, einzutreten, ihn zu
    umarmen und ihm zu sagen, wie gut sie verstand, dass ihn seine Aufgaben so sehr
    forderten, doch dann hörte sie ein Papierrascheln, und sofort war ihr Wunsch
    wie weggeblasen, als habe das Papierrascheln sie in die Wirklichkeit
    zurückgeholt. Bedrückt drehte sie sich auf die Seite.

6
    Der Himmel war blau und
    wolkenlos. Durch die Dattelpalmen vor dem Wohnhaus fuhr leise raschelnd der
    Wind, und die dicht belaubten Geisterbäume warfen ihre Schatten genau auf den
    Eingang der Kirche. Emma war unruhig. Sie hatte den Frauen gesagt, dass sie in
    die Kirche kommen sollten, und John hatte den Männern, mit denen er arbeitete,
    deutlich gemacht, dass sie unbedingt den Gottesdienst besuchen sollten. Dieser
    erste Gottesdienst sollte die Eingeborenen beeindrucken und sie für eine
    Veränderung ihres Lebens gewinnen. Wenn dieser erste Gottesdienst keinen Erfolg
    hatte, würde es viel mühsamer werden, eine Beziehung zu den Menschen
    aufzubauen. Paul hatte es am Morgen beim Tee ganz deutlich ausgedrückt: „Ich
    muss es schaffen, sie mit der Botschaft Gottes zu überwältigen!“ Dabei hatten
    seine blauen Augen geleuchtet. In diesem kurzen Augenblick hatte sie sich an
    ihre Anfangszeit erinnert. Doch so viel war inzwischen geschehen, und was sie
    damals empfunden hatte, würde hoffentlich wieder zurückkehren. Sie hatte John
    einen Blick zugeworfen. Er war auf Pauls Ankündigung hin nur noch schweigsamer
    geworden war.
    Um viertel vor zehn zog
    John an dem langen Seil und läutete die Glocke oben im Turm der Kirche. Das
    helle Geläut hat etwas Heiteres, dachte Emma, als sie und Amboora sich am
    Eingang aufstellten, um den Menschen, falls sie keine Kleidung hatten, einen
    Umhang oder eine Hose und ein Hemd zu geben.
    Amboora hatte, seit sie
    von allen so genannt wurde, ihre ängstliche Scheu abgelegt. Zwar war sie nach
    wie vor sehr ernst und auch in sich gekehrt, doch als sie jetzt Emma gegenüber
    auf der Stufe vor der Kirche stand, die Kleider über dem Arm, lächelte sie Emma
    hin und wieder ganz kurz zu.
    Emma fühlte sich glücklich.
    Dies war einer der Augenblicke, um dessentwillen sie all die Strapazen auf sich
    nahm. Sie atmete die Luft ein und genoss den Geruch nach Eukalyptus.
    Erwartungsvoll ließ sie ihren Blick hinüber zu den Hütten wandern. Was, wenn
    niemand käme?, dachte sie, doch schon näherten sich die Ersten. Petrus mit Isi
    und Mani und seinem Sohn Jungala führten den Zug von etwa fünfzehn Menschen an.
    Er hatte Emma erzählt, dass er eigentlich Jalyuri hieß, aber als Kind von
    Pastor Weiß’ Vorgänger auf den Namen Petrus getauft worden war. Emma staunte
    darüber, hatte sie sich einen getauften Christen doch anders vorgestellt als
    ihn, der barfuß lief und zwei Frauen hatte. Doch der Pastor wird ihn wohl nicht
    ohne

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