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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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der Wahrheit sogar fürchtete.
    Entschlossen, nicht noch
    mehr Zeit mit düsteren Gedanken zu verschwenden, schlug sie die Decke zurück
    und stand auf. Die kühlen Steinfliesen unter ihren bloßen Füßen holten sie in die
    Wirklichkeit zurück. Ein langer Tag voller Aufgaben lag vor ihr.
    Als sie beide Ziegen
    gemolken hatte, ging sie mit dem Eimer, der immerhin zu einem Viertel gefüllt
    war, zurück zu den Gebäuden. Vor dem flachen Bau des Vorratshauses wollte sie
    die Essensausgabe einrichten. Die Menschen sollten in den Hof der
    Missionsstation kommen und nicht immer nur draußen bei ihren Hütten bleiben.
    Langsam würde hier alles lebendiger werden, stellte sie sich vor und sah
    hinüber zu dem kleinen Gebäude, in dem die Schule gewesen war. John würde die
    Kinder unterrichten, bis Isabel eintreffen und diese Aufgabe übernehmen würde.
    In ihrer Phantasie hörte sie schon die hellen Stimmen der Kinder das Alphabet
    aufsagen und Lieder singen ... Ach, es gab noch so viele Dinge, die angegangen
    werden mussten.
    Als sie aus dem
    Vorratshaus trat, in dem sie die Milch abgestellt hatte, bemerkte sie Eric, der
    aus dem Nebenhaus kam, einen Sack über der Schulter. Er reiste heute zurück
    nach Stuart, seine Arbeit war getan. „Guten Morgen!“, rief er ihr zu, und sie
    winkte zurück. „Sie sind aber früh auf, Eric!“ „Ja! Wo ist der Pastor?“
    „Unterwegs!“ antwortete sie. „Sagen
    Sie ihm viele Grüße, ich reite jetzt gleich nach Stuart zurück. Meine Frau musste
    schon lange genug ohne mich auskommen!“ Er hob die Hand und wünschte ihr alles
    Gute. „Möge der Herr sie behüten!“ Sie sah ihm nach, wie er zur Schmiede ging,
    wo sein Pferd stand. „Emma!“ Sie drehte sich um und sah John aus der Tür
    treten. Er trug wie fast immer eine dunkle Hose, ein weißes Hemd, allerdings
    ohne Krawatte, und eine Weste. Paul hatte Weste und Krawatte schon längst
    abgelegt. „Guten Morgen, John!“
    Wenn Paul dabei war,
    redete John kaum mit ihr. Jetzt kam er auf sie zu. Obwohl er lächelte, schien
    ihn etwas zu bedrücken. Sie wollte nicht darüber nachdenken, was es war,
    genauso wenig, wie sie sich an die Stunden des Sandsturms erinnern wollte. Es
    würde alles noch schwieriger machen. „Wie haben Sie geschlafen?“, fragte er.
    „Oh, gut, und Sie?“ Er nickte und sah hinauf in den hellblau werdenden
    Himmel. „Wie kommen Sie zurecht?“,
    fragte er, als sein Blick zu ihr zurückkehrte. „Gut ...“ Seine Augen bekamen
    einen besonderen Glanz, der sie irritierte. „Und Sie?“ Wieder nickte er und
    setzte schnell ein Lächeln auf. „Gut. Ja, es geht voran.“ Dann sagte er rasch:
    „Wissen Sie, wo Paul ist?“ Sie
    schüttelte den Kopf. „Wir
    wollten heute Morgen die Liste für die Bestellungen durchgehen“, sagte er.
    „Heute Nachmittag kommt die Postkarawane, da müssen wir sie fertig haben.“ Er
    stemmte die Arme in die Hüften und blickte sich um, als würde Paul gleich
    hinter einem der Gebäude auftauchen. „Morgen ist Sonntag“, sagte er
    nachdenklich. „Der erste Gottesdienst ...“ „Ja. Meinen Sie, die Eingeborenen
    werden kommen?“ „Ich habe es allen immer wieder gesagt.“ „Für Paul ist es eine
    Bewährungsprobe.“ Er erwiderte nichts. „Haben Sie etwas von Ihrer Frau gehört?“
    „Es wird wohl noch etwas dauern.“ „Das tut mir Leid.“ „Na ja, manchmal denke
    ich, wie soll sie den ganzen Weg bis hierher schaffen?“ Emma sah zu Boden.
    Seine Traurigkeit berührte sie, doch das wollte sie ihm nicht zeigen. „Ja,
    aber, sie kann bequemer reisen als wir, sie hat ja nicht die Rinder und all das
    Gepäck dabei.“ Eine Weile standen sie sich schweigend gegenüber, und Emma
    fühlte etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen. Ihre Blicke trafen sich, hielten
    einander fest, dann schlug er verlegen die Augen nieder und räusperte sich.
    „Nun, wenn ... Ich wollte sagen ...“, er sah sie wieder an, „... wenn Sie mit
    jemandem reden wollen, dann bin ich für Sie ... für Sie da.“ Sie schluckte gegen den Kloß an, der
    sich in ihrem Hals zu bilden begann. Sie hätte jetzt gehen sollen, doch sie
    blieb stehen, und auch er rührte sich nicht. Schließlich deutete er hinüber zu
    den Hütten. „Haben Sie letzte Nacht auch die Gesänge gehört?“ Sie war dankbar,
    dass er das Thema wechselte. „Ja. Ich höre sie seit mehreren Nächten. Amboora
    sagt, sie bitten um Regen.“
    Stirnrunzelnd sah er
    hinauf in den Himmel. Strahlend blau und ohne eine einzige Wolke

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