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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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sie konnte sein
    Rasierwasser riechen. Ein leicht scharfer, frischer Geruch, von dem sie nicht
    zu sagen wusste, ob sie ihn angenehm oder unangenehm fand. „Hören Sie auf zu
    grübeln!“, sagte er. „Es hat keinen Sinn. Sie können die Dinge dadurch nicht
    ändern. Schlagen Sie sich lieber auf die Seite der Menschen, die handeln.
    Glauben Sie mir, ich spreche aus Erfahrung!“ „Ich weiß nicht.“ Sie fühlte sich
    plötzlich einsam. Die Stimmung, die sie so sehr genossen hatte, war dahin. Er
    streifte ihre Schulter. „Genießen Sie den Moment! Nur im Augenblick liegt das
    Glück. Warum vergessen Sie nicht einfach einmal alles ...“ „Was?“, fragte sie
    und merkte, dass sie verzweifelt klang. „Was? Sind Sie frisch verheiratet?“ Sie
    nickte, beinahe dankbar, dass er ohne Erklärung alles verstand. Er ließ seinen
    Blick über ihr Gesicht gleiten und sagte dann: „Sind Sie sicher, dass Sie mit
    ihm leben wollen?“ Diesmal lachte er nicht. Sie sah in seine Augen, deren Farbe
    sie in der Dunkelheit nicht bestimmen konnte. Er hatte eine feine, gerade Nase,
    ein nicht zu eckiges Kinn und volle Lippen. Es war ein harmonisches Gesicht,
    nur die unglaublich hellen Haare irritierten sie. Ihr Gehirn schob seine Worte
    wie Möbelstücke von einer Ecke in die andere. Bin ich wirklich sicher? Warum
    zögerte sie? Warum antwortete sie nicht gleich: „Aber natürlich bin ich
    sicher!“, empörte sie sich über die Frage dieses fremden Mannes? „Vergessen Sie
    nicht: Sie haben nur ein Leben.“
    Seine Stimme hatte jede Ironie verloren.
    Etwas Seltsames geschah
    mit ihr. Es musste am Wein und an der Musik liegen oder daran, dass sie getanzt
    hatte, an der lauen Luft, vielleicht auch an den glitzernden Sternen. Sie
    fühlte, wie sie von einer tiefen Sehnsucht erfasst wurde. Sie wollte berührt
    und geküsst werden, wollte endlich nicht mehr allein sein! Sie war verwirrt.
    Eigentlich hätte sie sich jetzt verabschieden, ihm eine gute Nacht wünschen und
    zu Paul hinunter in die Kajüte gehen müssen. Warum tat sie es nicht? Warum
    drehte sie sich zu diesem Fremden, sah ihm in die Augen, bis sie seine Lippen
    auf ihren spürte? Sie schloss die Augen, ließ sich von ihm in die Arme nehmen,
    drängte sich an ihn. Noch nie hatte sie so geküsst. Noch nie war sie so geküsst
    worden. Doch als der Boden unter ihren Füßen nachzugeben schien, riss sie sich
    los. Er sah sie verwundert an. „Nein!“ Sie schüttelte heftig den Kopf. Der Wind
    blies plötzlich stärker, zerrte an ihrem Haar; das Geschrei der Möwen war
    schriller geworden, das Meer brauste, und die Musik klang schräg und falsch.
    „Ich habe eine Einzelkabine“, sagte er leise. Sein Gesicht war noch immer ganz
    nah, und plötzlich hatte sie Angst vor seinen Augen, vor seinem Mund und vor
    seinem leuchtenden Haar. Nein – sie hatte Angst vor sich selbst. „Es ...
    Es tut mir Leid“, sagte sie hastig und eilte, ohne sich noch einmal umzudrehen,
    über das Deck zur Treppe. Was war nur in sie gefahren, einen fremden Mann zu
    küssen? Paul durfte das niemals, niemals erfahren. Vor ihrer Kabinentür blieb
    sie stehen und holte Atem. Sie gehörte zu Paul. Niemals sollte sich jemand
    zwischen sie drängen. Sie streckte den Arm aus und öffnete so leise sie konnte
    die Tür, zog sich im Dunkeln aus, wusch sich fast lautlos, aber sehr gründlich
    das Gesicht und legte sich zu Paul in das schmale Bett. Er brummte nur. Sie
    küsste ihn. „Was ist mit dir?“, fragte er schläfrig. Sachte legte sie ihren
    Finger auf seinen Mund. „Es tut mir Leid wegen heute Abend“, flüsterte sie
    zärtlich. In dieser Nacht war ihr das, was sie taten, nicht mehr peinlich.

7
    Im Morgenlicht
    betrachtete sie sein schlafendes Gesicht. Wie entspannt er aussah. Die breite
    Stirn war ohne Falten, die rötlich schimmernden Augenbrauen waren schmal und
    sanft geschwungen, die hellen Wimpern sahen aus wie gekämmt, seine Lippen waren
    ein wenig geöffnet, und er atmete ganz still und gleichmäßig. Wie viele
    Sommersprossen bedeckten wohl sein Gesicht? Ich sollte sie zählen, dachte sie
    und musste lächeln. Das Rauschen und Zischen des Wassers und das dumpfe
    Stampfen der Turbinen waren inzwischen vertraute Geräusche und erinnerten sie
    daran, dass sie auf dem Weg in ein neues Leben war. Durch das Bullauge fiel
    graues Licht. Auf dem Wecker, der auf dem kleinen Nachttisch stand, war es kurz
    nach sechs. Um diese Zeit hatte ihr Frühdienst im Krankenhaus begonnen. Sie
    dachte an ihre

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