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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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ganzen langen Tag ertragen hatten, am Wasserloch zu stillen.

    „He!“ Ungeduldig ließ
    Paul die Peitsche auf die schwitzenden Rücken knallen. Emma zuckte zusammen.
    Sie fühlte sich so elend und schwach, dass sie nur noch sterben wollte. Doch
    kein Wort des Jammerns hatte sie über die Lippen gebracht, und auch Paul hatte
    keines über ihren Zustand verloren. Auf einmal hob Hassan den Arm. Paul stemmte
    sich gegen die Zügel und brachte die Rinder zum stehen. Emma atmete auf. Wenn
    sie nur endlich von dem harten Kutschbock herunterkäme, könnte sie sich einfach
    auf der Erde ausstrecken. Sie musste im selben Augenblick vor Erleichterung
    eingeschlafen sein, denn sie zuckte zusammen, als Paul ihren Arm berührte. „Wir
    sind da“, sagte er und half ihr beim Absteigen. Sie klammerte sich an ihn und
    ließ sich ein Stück weiter zu einer Gruppe von Bäumen führen. Dort sank sie zu
    Boden. John wollte gerade mit dem Abspannen der Pferde beginnen, als Hassan
    wild gestikulierend zu ihnen rannte. Sein Hund bellte. Hassan hatte ihn an den
    Wagen gebunden. „Nein! Nicht! Müssen weiter!“, rief Hassan aufgeregt. „Warum?“
    rief Paul zurück, die Arme in die Hüften gestemmt. Hassan führte sie zur
    Wasserstelle. Auch Emma kam mit. Der Wasserspiegel schimmerte dunkel in der
    einsetzenden Dämmerung. Nur ganz sanft leckten von der sachten Abendbrise
    kleine Wellen am lehmigen Ufer. Jetzt sah Emma es auch. Tote Vögel! Überall am
    Ufer lagen Vogelkadaver! „Hier kommen viele Blackfellows“, sagte Hassan in das
    Schweigen hinein. „Vergiftet.“ „Aber wer tut so etwas?“, fragte Emma entsetzt.
    „Farmer. Wollen Blackfellows vertreiben.“ „Sie vergiften ihre Wasserstellen?“,
    Paul schaute Hassan ungläubig an. „Ja. Blackfellows kommen nie mehr hier
    vorbei. Schlachten nie mehr Rinder von Farmern.“ Beklommen starrten sie auf die
    todbringende Wasserstelle, bis Hassan sagte: „Dürfen Tiere nicht frei laufen
    lassen, sonst trinken.“
    Niedergeschlagen und von
    einem langen Tag in der Wüste erschöpft und zermürbt, gingen sie zurück zu den
    Wagen. Die Kamele konnten mehrere Tage ohne Wasser auskommen, aber die Rinder
    und Pferde lechzten nach Wasser. Das Wasser, das sie von der gestrigen Rast
    dabei hatten, würde außer für die Kamele für Mensch und Tier reichen, versicherte Hassan. Es war nicht viel,
    aber sie müssten nicht verdursten. So stiegen sie wieder auf und zogen weiter,
    bis nach einer Stunde vier kantige Felsen auftauchten. Dort schlugen sie das
    Lager auf.
    Nachdem Emma Hassan beim
    Verarzten von Esmeralda geholfen hatte, hüllte sie sich in Decken und lehnte
    sich an einen der Felsen. Sie konnte nicht mehr. Mit zittrigen Händen führte
    sie eine Tasse Wasser an ihre Lippen. Zwar widerte die Vorstellung, schlucken
    zu müssen, sie an, doch sie wusste, dass sie unbedingt trinken musste. Mit
    winzigen Schlucken flößte sie sich die abgestandene Flüssigkeit ein und sah zu
    den Männern hinüber. Den ganzen Tag schon hatten sie nicht miteinander geredet.
    John war auf den
    größeren der beiden Wagen geklettert und band die Ersten der acht Wasserkanister
    los. Paul nahm sie ihm von unten ab. Plötzlich knallte ein Metallkanister nach
    dem anderen mit lautem Scheppern auf den Boden. Emma schreckte hoch. John stand
    zornig oben auf dem Wagen und trat gegen einen Kanister. „Leer! Und der auch!
    Und der auch!“, schrie er. Paul starrte auf die vier am Boden liegenden
    Kanister. „Ich hab’ meine vier aufgefüllt!“, schrie John und sprang vom Wagen.
    Wütend versetzte er den leeren Behältern einen Tritt. „Und das alles, weil Sie
    unbedingt das Grab ausheben mussten! Oder haben Sie das absichtlich gemacht,
    damit wir den kürzeren Weg über die Berge nehmen müssen?“, schrie er Paul an,
    der betroffen dastand. So außer sich hatte Emma John noch nie erlebt. „Nein“,
    antwortete Paul ungewohnt kleinlaut, „nein, ich habe es nicht absichtlich ...“
    „Und wissen Sie was?“, schnitt ihm John das Wort ab. Er stand jetzt ganz dicht
    vor Paul. „Bei Ihnen kommt zuerst die Bibel, und dann erst kommen die Menschen!
    Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig
    aber reißende Wölfe sind!“, zitierte er aus der Bibel. Er drehte sich abrupt um
    und ging davon. „John!“, rief Paul ihm nach, „John Wittling! Das können Sie
    nicht ernst gemeint haben! John!“ Doch John reagierte nicht, sondern zerrte
    unter der Plane des anderen

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