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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Wagens die Flinte hervor. Emma und Paul sahen sich
    an. „Emma, du weißt, dass ich nur unser Bestes will!“, rief er ihr zu. Doch sie
    konnte nicht antworten. „Warum sagst du nichts?“ Sie war zu müde, um sich auf
    einen Streit mit ihm einzulassen, und wandte sich ab. Als sie wieder zu ihm
    sah, stand er bewegungslos da und starrte die leeren Kanister an. Tat er ihr
    Leid? Bevor sie darüber nachdenken konnte, knallte ein Schuss und noch einer,
    kurz darauf zwei weitere. Hoffentlich hat er wenigstens ein Tier erlegt, dachte Emma.
    Paul war zu den Bäumen
    gegangen und hatte Feuer gemacht. Schweigend hatte sie sich zu ihm gesetzt und
    starrte wie er ins Feuer, in dem das glühende Holz langsam zerfiel. Hassan saß
    gegenüber und reparierte mit seinen geschickten, sehnigen Händen Tragegurte.
    Die ersten Sterne glitzerten am tiefblauen Himmel. John kam und warf ein
    mageres Kaninchen vors Feuer. Es war das erste Kaninchen, das Emma hier in
    dieser trockenen Gegend gesehen hatte. Wortlos setzte sich John auf den Boden,
    legte die Flinte neben sich, nahm ein Messer aus dem Kasten mit Bechern und
    Tassen, der am Feuer stand, und begann, das Fell an den Hinterläufen
    einzuschneiden. Emma musste sich abwenden. Sie hatte schon oft Hühner
    geschlachtet oder Hasen das Fell abgezogen, aber jetzt konnte sie den Anblick
    des glänzenden rohen Fleischs nicht ertragen. John hielt inne. Rasch schüttelte
    sie den Kopf und stand auf. „Nein, nein, es ist nichts. Mir ist nur nicht so
    gut ...“ Damit eilte sie in die Dunkelheit und übergab sich hinter einem Busch.
    Während John mit
    geübten, präzisen Bewegungen dem Kaninchen das Fell abzog, den Körper zerteilte
    und in einen schweren Schmortopf schichtete, legte Emma ihre Decken auf den
    harten Boden und streckte sich in der Nähe des Feuers aus. Nein, sie würde ganz
    sicher nichts essen. Hassan hob mit einem Spaten ein Loch neben dem Feuer aus
    und schaufelte die rote Glut hinein. John stellte den Schmortopf darauf, und
    Hassen bedeckte ihn mit weiteren glühenden Kohlen. Hin und wieder öffnete sie
    die Augen, sah in die Glut und in die roten Gesichter der Männer, die
    schweigend um das Feuer saßen und warteten, bis das Fleisch gar war. Jeder
    schien mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt zu sein. Vielleicht lag darin
    der Sinn der Wüste, dachte sie: zu lernen, seinen Ängsten ins Auge zu sehen.
    Fröstelnd kauerte sie
    sich in ihre Decken und fiel in einen unruhigen Schlaf voller wilder Träume.
    Immer wieder tauchte der Kamm vor ihren Augen auf. Der Kamm, wie Sam sich damit
    kämmte und dann starb, der Kamm, mit dem der gefangene Eingeborene in dem
    Waggon in Marree auf sie zeigte, der Kamm, der überzogen war von lauter sich
    windenden weißen, fetten Maden ... Ich bin besungen!, hörte sie sich selbst
    plötzlich murmeln und wachte auf. Ja, warum war ihr das nicht schon viel früher
    eingefallen? Ihr Kamm war verwendet worden wie Sams Spitzhacke, um sie zu
    verhexen! Aber warum? In panischer Angst warf sie die Decken von sich, torkelte
    zu ihrem Gepäck, wühlte den Kamm heraus und schleuderte ihn weit weg in die
    Dunkelheit. Mit einem leisen, trockenen Geräusch traf er auf der Erde auf.
    Verwirrt stolperte sie zu den hellen Felsbrocken zurück, wo die anderen schliefen. Sie fiel auf ihre Decke.
    Ihr war schwindlig, und
    ihr Herz schlug so hart und unregelmäßig, dass sie fürchtete, es würde
    explodieren. Sie starrte in den Himmel. Der Mond leuchtete hell, es war still.
    Und nicht mehr ganz so weit entfernt konnte sie die dunkle Silhouette der
    Bergkette ausmachen, die sie morgen unbedingt überqueren mussten. Denn erst auf
    der anderen Seite, am Fuße der Berge, sei eine Wasserstelle, hatte Hassan
    gesagt. Herr Jesus Christus, betete sie leise, hilf mir, diese Reise zu
    überstehen. Ich möchte so vieles in Neumünster tun! Bitte lass mich noch nicht
    sterben.

7
    Am Morgen war es
    vollkommen windstill. Die Wolkenschlieren der ersten Tage hatten sich zu einer
    weiß gleißenden Fläche verdichtet. Der Stand der Sonne war nur zu erahnen. Die
    Hitze lastete auf der Ebene. Seit drei Stunden zog der Treck direkt auf die
    Hügelkette zu. Sie bestand aus sechs verwitterten Bergspitzen. Zwischen der
    dritten und vierten führte ein steiler Weg hindurch. Hassan hatte angeordnet,
    die metallenen Nagelreifen um die Wagenräder zu montieren, was ihnen auf dem
    sandigen und steilen Weg eine unerlässliche Hilfe sein würde.
    Als sie die Anhöhe in
    Angriff

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