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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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erzählt?“
    „Ein paar Pfadfinder sind da wohl gestern am Cottage vorbeigekommen.“
    „Na ja, warum nicht?“
    „Ist aber komisch, die Frau lässt sonst niemand an ihr Vieh.“
    „Vielleicht hatte sie eine Patientin in der Hütte, und die Ziegen konnten nicht warten.“
    „Ne, glaube ich nicht. Ich wüsste im Moment niemand, der bei der Heilerin Hilfe sucht. Die kommen doch jetzt meist zu dir.“
    „Na, dazu kann ich dann auch nichts sagen.“
    „Dein Auto soll aber auch in der Nähe des Juniperwalks gesehen worden sein.“
    Amüsiert und besorgt verfolgte Lena die wachsende Neugier und die fortschreitende Aufklärung der Ereignisse. „Ich war bei den Teichen und bin dann weiter zum Schäfer, da kommt man dran vorbei.“
    „War was mit dem Schäfer?“
    „Nein, nein, ich hatte ihm ein Picknick versprochen, weil er mir morgens Käse und Quark geschenkt hat.“
    „Ja, ja, der Marc, ein netter Mann. Hilft, wo er kann.“
    Lena trank ihren Kaffee aus. Es wurde Zeit, dass sie die Fragerei beendete. „Ich muss weiter, Ellen, danke, der Kaffee hat mich wieder munter gemacht.“ Sie stand auf. „Bis zum nächsten Mal.“
    „Ja, bis bald. Und lass dich vom Amt nicht unterkriegen, die Bürokraten haben ihre Nasen überall drin. Und wenn die was rausfinden wollen, dann schaffen sie das.“
    Wie recht sie hat, dachte Lena und stieg in ihren Wagen.

Kapitel 30
    Das Telefon klingelte kurz vor Mitternacht. Lena seufzte. Und jetzt noch ein Hausbesuch, dachte sie müde und ging wieder in ihr Sprechzimmer, denn sie hatte noch nicht auf den Nachtdienst umgeschaltet.
    „Dr. Mackingtosh“, meldete sie sich so munter wie möglich. Zunächst hörte sie nur ein Rauschen. „Hallo? Wer ist denn da?“
    Dann hörte sie eine leise Männerstimme, konnte aber nichts verstehen. „Hallo, bitte sprechen Sie etwas lauter, ich verstehe Sie nicht.“
    Die Stimme kam wieder, immer noch sehr leise: „Ich bin es, Patrick“, glaubte sie zu hören.
    „Patrick McDoneral?“
    „Ja. Ich brauche deine Hilfe.“
    „Wo bist du?“
    „Im Schloss Archestown. Ich muss hier raus, aber allein kann ich es nicht.“
    „Was ist mit deinen Augen?“
    „Ich kann nichts sehen. Gar nichts.“
    „Patrick, wie kann ich dir helfen?“
    „Hol mich hier raus. Bitte.“
    Lena war ratlos. Einen ganzen Monat hatte sie nichts von ihm gehört und nun dieser Hilfeschrei. Der Ranger war doch ein erwachsener Mann, der tun und lassen konnte, was er wollte, er lebte bei seinen Eltern, warum brauchte er ihre Hilfe? Aber dass er sie brauchte, war offensichtlich.
    „Patrick, ich komme morgen gegen Abend. Wo treffe ich dich?“
    „Neben dem Damm zur Zugbrücke ist eine Hütte mit einem Schuppen. Stell dein Auto da hinein und komm in die Hütte. Bitte, Lena.“
    „Ja, bis morgen, Patrick.“
    Auf der anderen Seite wurde das Telefon abgeschaltet. Lena stellte den Hörer in die Station und schaltete den Nachtdienst ein, mit dem sie vom Bett aus telefonieren konnte.
    Ratlos sah sie sich in der Praxis um. Was hat das denn zu bedeuten, dachte sie und erinnerte sich an die dominante Mutter des Rangers und an den Vater, der nicht ein freundliches Wort für seinen Sohn fand, als sie ihm zum Geburtstag gratulierten.
    Patrick wollte schon nach dem schrecklichen Feuer nicht vom Krankenhaus in Glasgow nach Northumberland verlegt werden, wie mir Daniel erzählt hatte. Aber seine Mutter hat es durchgesetzt und den verletzten, blinden Mann gegen seinen Willen und gegen den Rat der Ärzte einfach mitgenommen. Eine seltsame Familie ist das. Eine Familie, in der das Prestige anscheinend höher bewertet wird als der gesunde Menschenverstand und familiäre Liebe.
    Und nun ist er blind und diesen Eltern ausgeliefert. Schrecklich, dass die Spezialisten seine Augen nicht retten konnten. Was wird denn aus einem Ranger, der nichts mehr sieht? Gott, der arme Kerl. Und nun bittet er mich um Hilfe. Aber was kann ich tun? Er ist ein blinder Mann, das darf ich nicht vergessen.
    Müde ging Lena zu Bett. Der Tag war lang und anstrengend gewesen, und nun noch dieser Hilferuf. Sie stellte den Wecker auf vier Uhr. Dann kann ich bei Sonnenaufgang starten, überlegte sie und fuhr in Gedanken an die Küste unten im Südosten.
    Fünf Stunden später war sie unterwegs. Sie hatte ein Schild an die Praxistür gehängt und darauf mitgeteilt, dass sie für zwei Tage dienstlich unterwegs sei, hatte auf einem Zettel Amy gebeten, sich um Sandy und das Haus zu kümmern, kurz gefrühstückt und war

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