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Das Licht der Flüsse

Das Licht der Flüsse

Titel: Das Licht der Flüsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Mädchen und von vier weiteren: kein schlechter Schnitt für einen
     Franzosen.
    »Sie sind ein glücklicher Mann«, antwortete der Kapitän der
Cigarette
höflich.
    Und der alte Herr, nachdem er offenbar das Gewünschte erhalten hatte, schlich wieder von dannen.
    Wir wurden alle sehr gut Freund. Die Mädchen schlugen vor, am nächsten Morgen mit uns aufzubrechen, wenn es uns recht sei!
     Und, Scherz beiseite, alle wollten unbedingt unsere Abfahrtszeit wissen. Nun, wenn man sein Kanu anungünstiger Stelle zu Wasser lässt, dann ist eine Menschenmenge nicht wünschenswert, so freundlich sie auch sein mag; und
     so sagten wir ihnen, nicht vor zwölf, beschlossen aber insgeheim, spätestens um zehn abzufahren.
    Gegen Abend gingen wir wieder nach draußen, um ein paar Briefe abzuschicken. Es war kühl und angenehm; das große Dorf war
     fast verlassen bis auf ein, zwei Bengel, die uns nachgingen, als wären wir eine Zirkustruppe. Die Hügel und Baumwipfel ragten
     auf allen Seiten in die klare Luft, und die Glocken läuteten zu einer weiteren Messe.
    Plötzlich sichteten wir die drei Mädchen mit einer vierten Schwester vor einem Laden auf dem breiten Band der Durchfahrtsstraße.
     Wir hatten uns vor kurzem wirklich sehr fröhlich unterhalten. Aber welches Benehmen verlangte die Etikette von Origny? Wären
     wir auf einer Landstraße unterwegs gewesen, hätten wir sie natürlich angesprochen, doch hier, unter den Augen sämtlicher Klatschbasen,
     durften wir uns vielleicht nicht einmal eine Verbeugung erlauben. Ich suchte Rat beim Kapitän der
Cigarette
.
    »Sieh mal«, sagte er.
    Ich sah hin. Die vier Mädchen standen noch an Ort und Stelle, man kehrte uns, sehr aufrecht und selbstbewusst, vier Rücken
     zu. Hauptmann Sittsamkeit hatte Befehl erteilt, und der disziplinierte Vorposten hatte im Gleichschritt kehrtgemacht. Sie
     verharrten in dieser Formation, solange wir in Sichtweite waren, doch hörten wir sie miteinander tuscheln, und das Mädchen,
     das wir noch nicht getroffen hatten, lachte mit offenem Mund und warf sogar einen Blick über die Schulter auf den Feind. Ich
     frage mich, ob das wirklich Sittsamkeit gewesen ist. Oder zum Teil eine Art ländliche Provokation?
    Als wir zum Gasthof zurückkehrten, sahen wir etwas auf dem Feld des goldenen Abendhimmels schweben, über den Kalkklippen und
     den Bäumen, die auf deren Gipfeln wuchsen. Es war zu hoch, zu groß und zu unbeweglich, um ein Papierdrachen zu sein, und zu
     dunkel, als dass es sich um einen Stern hätte handeln können. Denn auch wenn ein Stern so schwarz wie Tinte und so uneben
     wie eine Walnuss ist, erfüllt die Sonne den Himmel mit so viel Leuchtkraft, dass er für uns wie ein Lichtpunkt ausgesehen
     hätte. Das Dorf wimmelte von Leuten mit nach oben gereckten Köpfen, und Kinder tummelten sich die Straße und den Weg hoch,
     der auf den Hügel führte, wo wir sie immer noch in vereinzelten Grüppchen rennen sahen. Es war ein Ballon, erfuhren wir, der
     Saint-Quentin um halb sechs am Abend verlassen hatte. Die Mehrheit der Erwachsenen nahm das Ereignis überaus gelassen hin.
     Doch wir waren Engländer und rannten bald mit den Schnellsten den Hügel nach oben. Da wir selbst in bescheidenem Maße Reisende
     waren, wären wir überglücklich gewesen, diese Reisenden landen zu sehen.
    Das Spektakel war vorbei, als wir den Gipfel des Hügels erreichten. Alles Gold war vom Himmel gewichen und der Ballon verschwunden.
     Wohin ist er geflogen?, fragte ich mich. Ist er in den siebten Himmel aufgestiegen? Oder irgendwo in jener blauen hügligen
     Ferne gelandet, in die die Straße eintaucht und mit der sie vor unseren Augen verschmilzt? Wahrscheinlich wärmten sich die
     Luftschiffer bereits am Kamin eines Bauernhofs, denn man sagt, es sei kalt in jenen unwirtlichen Himmelsregionen. Die Nacht
     brach rasch herein. Die Bäume am Straßenrand und die enttäuschten Schaulustigen, die über die Wiesen heimkehrten, hobensich schwarz vor einem niedrigen roten Sonnenuntergang ab. In die andere Richtung zu schauen war erfreulicher, und so gingen
     wir den Hügel hinunter, während der Vollmond, der die Farbe einer Melone hatte, hoch über dem bewaldeten Tal hing und die
     weißen Klippen hinter uns von den Feuern der Kalköfen schwach gerötet wurden.
    Lampen wurden angezündet und Salate zubereitet in Origny-Sainte-Benoîte am Fluss.

Origny-Sainte-Benoîte: Die Tischgesellschaft
    Obwohl wir zu spät zum Abendessen kamen, lud uns die Tischgesellschaft zu einem

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