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Das Licht der Flüsse

Das Licht der Flüsse

Titel: Das Licht der Flüsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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eine belebende
     Wirkung und schüttelten die Trägheit aus dem Gehirn. Doch nun, da der Fluss nicht mehr richtig floss, sondern nur gleichmäßig,
     gerade und mit einer nicht wahrnehmbaren Geschwindigkeit auf das Meer zuglitt und der Himmel jeden Tag unverändert auf uns
     herablächelte, begannen wir in einen goldenen Schlummerzustand abzugleiten, der auf ausreichende Bewegung an frischer Luft
     folgt. Ich habe mich auf diese Weise mehr als einmal selbst betäubt; tatsächlich liebe ich dieses Gefühl sehr, doch habe ich
     es nie in gleichem Ausmaß verspürt wie paddelnd auf der Oise. Es war die Apotheose der Benommenheit.
    Wir lasen rein gar nichts mehr. Manchmal, wenn ich eine neue Zeitung entdeckte, fand ich besonderes Vergnügen daran, eine
     einzige Folge des aktuellen Fortsetzungsromans zu lesen, und nie konnte ich mehr als drei Folgen ertragen, schon die zweite
     war eine Enttäuschung. Sobald die Geschichte auf irgendeine Art verständlich wurde, verlor sie in meinen Augen jeden Wert.
     Nur eine einzige Szene oder, wie es bei diesen
feuilletons
üblich ist, eine halbe Szene, ohne Vorgeschichte oder Konsequenzen, wie ein Bruchstück aus einem Traum, hatte die Macht, mein
     Interesse zu fesseln. Je weniger ich von dem Roman sah, desto besser gefiel er mir – ein fruchtbarer Gedanke. Aber wie ich
     schon sagte, die meiste Zeit lasen wir beide gar nichts mehr und brachten die wenigen Stunden, die wir zwischen Abendessen
     und Zubettgehen wach waren, mit Landkarten zu. Karten habe ich schon immer geliebt und kann mit dem größten Vergnügen in einem
     Atlas auf Reisen gehen. Die Namen von Orten sind unvergleichlich einladend, die Konturen der Küsten und Flüsse fesseln den
     Blick, und so auf einen Ort zu stoßen, von dem man bereits gehört hat, macht Geschichte zu einer neuen Erfahrung. Doch wir
     blätterten an jenen Abenden ohne jede Absicht in den Plänen. Wir scherten uns keinen Deut um diesen oder jenen Ort. Wir starrten
     auf das Papier, so wie Kinder ihrer Rassel lauschen, und lasen die Namen von Städten und Dörfern, um sie gleich wieder zu
     vergessen. Wir fanden darin nichts Romantisches; es gab niemanden, der ungebundener gewesen wäre. Wenn Sie uns die Karten
     weggenommen hätten, während wir sie überaus aufmerksam studierten, hätten wir höchstwahrscheinlich den bloßen Tisch mit demselben
     Vergnügen betrachtet.
    Von einer Sache waren wir besonders begeistert, und das war das Essen. Ich glaube, ich habe meinen Magen zur Gottheit erhoben.
     Ich erinnere mich, mir dieses oder jenes Gericht so lange vorgestellt zu haben, bis mir das Wasser im Mund zusammenlief; lange
     bevor wir an Land gingen, um zu übernachten, war mein Appetit ein lärmendes, drängendes Ärgernis. Manchmal paddelten wir nebeneinander
     und stachelten uns mit gastronomischen Phantasien an. Kuchen und Sherry, daheim nichts Besonderes, aber auf der Oise außer
     Reichweite, gingen mir meilenweit nicht aus dem Sinn; einmal, als wir uns Verberie näherten, schlug mir das Herz bis zum Halse,
     als der Kapitän der
Cigarette
Austernpastetchen und Sauterne erwähnte.
    Ich vermute, keiner von uns weiß um die große Rolle, die Essen und Trinken in unserem Leben spielen. Der Appetit ist so gebieterisch,
     dass wir die reizlosesten Lebensmittel verspeisen und eine Stunde Mittagspause überaus dankbar mit Wasser und Brot verbringen
     können, genauso wie es Leute gibt, die immerzu lesen müssen, und sei es der Eisenbahnfahrplan. Aber dieser Sache haftete trotzdem
     etwas Abenteuerliches an. Wahrscheinlich hat der Esstisch mehr feurige Anhänger als die Liebe, und ich bin überzeugt, dass
     essen weit unterhaltsamer ist als das Betrachten von Landschaften. Würden Sie sich Walt Whitmans Meinung anschließen, dass
     Genießer nicht weniger unsterblich sind? Der wahre Materialismus liegt darin, sich dessen zu schämen, was wir sind. Den Geschmack
     einer Olive wahrzunehmen ist nicht weniger Teil menschlicher Vollkommenheit, als die Schönheit in den Farben des Sonnenuntergangs
     zu erkennen.
    Kanufahren war leichte Arbeit. Das Paddel im richtigen Winkel einzutauchen, mal rechts, mal links; den Bug in Stromrichtung
     zu halten; die kleine Pfütze auszuschöpfen, die sich im Schoß der Schürze sammelte; in die glitzernden Funken aus Sonnenlicht
     auf dem Wasser zu blinzeln oder hin und wieder unter der pfeifenden Treidelleine der
Deo Gratias
aus Condé oder der
Vier Söhne von Aymon
hindurchzufahren war keine große Kunst. Gewisse

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