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Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zu sein schien. Dennoch hatte er das Bewußtsein verloren, und ein leicht besorgt wirkendes Lächeln war auf seinen Lippen erstarrt. Zweiblum atmete flach und… irgendwie seltsam.
    Und der Körper fühlte sich überraschend leicht an, nicht nur untergewichtig, sondern gewichts los . Ebensogut hätte der Magier einen Schatten tragen können.
    Rincewind entsann sich des Gerüchts, das besagte, Druiden verwendeten sonderbare und grauenhafte Gifte. Natürlich stammten solche Behauptungen vorwiegend von Leuten, die auch meinten, Halunken könne man an stechenden Augen erkennen, und die sich mit Weisheiten rühmten, wie zum Beispiel: »Der Blitz schlägt nie zweimal ins gleiche Haus« und »Wenn es die Absicht der Götter gewesen wäre, den Menschen fliegen zu lassen, so hätten sie ihm ein Flugticket gegeben«. Doch das so verblüffend geringe Gewicht Zweiblums beunruhigte Rincewind. Es jagte ihm sogar einen gehörigen Schrecken ein.
    Er drehte den Kopf und beobachtete die junge Frau. Die warf sich den Greis über die eine Schulter und beantwortete den Blick des Zauberers mit einem entschuldigenden Lächeln. Irgendwo hinter ihr, im Bereich des verlängerten Rückens, brummte jemand: »Allef klar? Dann laft unf gehen, bevor die Kerle zurückkommen.«
    Es fiel Rincewind nichts besseres ein, als sich Zweiblum unter den Arm zu klemmen und dem Mädchen zu folgen.
     
     
    D er Greis hatte sein Pferd in einem schneegefüllten Graben zurückgelassen, ein ganzes Stück von den Steinkreisen entfernt. Rincewind bemerkte es erst, als er dicht davorstand: In der weißen Landschaft stellte das helle und glänzende Fell eine vorzügliche Tarnung dar. Es sah wie ein wahrhaft prächtiges Streitroß aus, doch dieser Eindruck wurde ein wenig von dem Hämorrhoidenring geschmälert, der am Sattel hing.
    »In Ordnung, laf mich jetzt runter. In der Fatteltasche befindet fich eine kleine Flasche mit Falbe. Wenn du fo freundlich wärft…«
    Rincewind lehnte den immer noch reglosen und bemerkenswert leichten Zweiblum so behutsam wie möglich an einen Baumstamm. Im hellen Licht des Mondes – und dem Glühen des roten Unheilssterns, wie er feststellen mußte – musterte er den alten Mann.
    Der Greis hatte nur ein Auge; das andere verbarg sich unter einer schwarzen Lederklappe. Ein komplexes Netzmuster aus Narben zierte den dürren Körper, und Rincewind beobachtete auch deutliche Anzeichen einer ausgeprägten Sehnenentzündung. Die Zähne waren ihm wahrscheinlich schon vor Jahren ausgefallen.
    »Wer bist du?« fragte der Magier.
»Bethan«, antwortete die junge Frau und rieb eine stinkende grüne Masse auf den Rücken des alten Mannes. Ihre Antwort auf die Frage, was sie von jemandem erwartete, der ihr auf einem weißen Roß zu Hilfe eilte und sie davor bewahrte, als Jungfrau der Mondgöttin geopfert zu werden, hätte bestimmt nicht das Wort ›Salbe‹, sondern eher Ausdrücke wie ›Himmelbett‹, ›kuschelige Kissen‹ und ›romantische Nacht‹ enthalten. Aber sie nahm die Enttäuschung hin und knetete den Rücken des Greises so, als warteten Haut und Knochen nur darauf, von ihr in eine andere Form gepreßt zu werden. Vielleicht hoffte sie, den Kriegeropa auf diese Weise in den ersehnten Märchenprinzen verwandeln zu können. Rincewind gestattete sich vagen Zweifel.
    »Ich meinte ihn«, sagte er.
Ein hell funkelndes Auge sah ihn an.
»Ich heife Cohen, mein Junge.« Bethans Hände erstarrten förmlich. »Cohen?« sagte sie. »Cohen, der Barbar?«
    »Genau der, Täubchen.«
    »He, einen Augenblick«, wandte Rincewind ein. »Cohen ist ein großer,
    bulliger, stiernackiger Bursche, der vor Kraft kaum laufen kann. Ich meine: Er ist der berühmteste Krieger der ganzen Scheibenwelt, eine lebende Legende. Ich erinnere mich deutlich daran, daß mir mein Großvater von ihm erzählte… mein… mein Großvater …«
    Er brach ab, als er den durchdringenden Blick des Greises bemerkte. »Oh.« Er schluckte. »Oh, ja, natürlich. Ich verstehe.«
    »Fo ift daf nun einmal«, sagte Cohen und seufzte. »Auch für Helden bleibt die Zeit nicht ftehen. Legenden find da weitauf widerftandffähiger.«
    »Meine Güte«, sagte Rincewind. »Wie alt bist du jetzt?«
    »Fiebenachtzig.«
    »Aber du warst der Beste und Größte!« entfuhr es Bethan. »Die Barden rühmen dich noch immer in ihren Liedern.«
Cohen zuckte mit den Schultern, verzog das Gesicht und stöhnte leise.
    »Leider bekomme ich keine Tantiemen dafür«, sagte er und starrte niedergeschlagen in den

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