Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Fluchtweg Ausschau. Zweiblum stand neben dem Altarstein und hob in einer Geste höflicher Entschlossenheit die Hand.
    Der Zauberer erinnerte sich an einen ähnlichen Zwischenfall: Einmal waren sie einem Viehtreiber begegnet, und Zweiblum wies den Mann darauf hin, er behandle die Tiere zu grob. Als Folge dieses freundlichen Hinweises machte Rincewind die Bekanntschaft von harten Hufen und einer zornig geschwungenen Peitsche.
    Die Druiden starrten Zweiblum groß an und trugen dabei Mienen zur Schau, die sie sonst für tollwütige Schafe oder einen plötzlichen Krötenregen reserviert hatten. Rincewind konnte nicht hören, was der Tourist sagte, aber der Wind trug einige Bemerkungen wie ›ethnische Kulturgebote‹ und ›Nüsse und Blumen‹ über das verblüfft schweigende Publikum. Dann preßte sich dem Magier eine klauenartige Hand auf den Mund, und die Spitze eines außerordentlich scharfen Messers berührte seinen Adamsapfel. Eine dumpfe Stimme dicht neben ihm sagt: »Fei ganz ftill, wenn dir waf an deinem Leben liegt.«
    Rincewinds Augen rollten hin und her, als wollten sie sich aus ihren Höhlen lösen.
»Wenn ich ganz still sein soll, woher willst du dann wissen, ob ich dich verstanden habe?« hauchte er.
»Halt die Klappe und fag mir, waf der Idiot da drüben macht!«
    »Nun, äh, ich kann doch nicht einerseits die Klappe halten, wie du dich auszudrücken beliebst, und dir andererseits erklären, was…« Die Messerspitze an der Kehle ritzte seine Haut, und daraufhin beschloß Rincewind vorsichtshalber, logische Gedanken auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
    »Er heißt Zweiblum und kennt sich mit den hiesigen Gepflogenheiten nicht sehr gut aus.«
    »Dachte ich mir fon. Ein Freund von dir?«
    »Tja, ich glaube, wir können uns gegenseitig nicht ausstehen, wenn du das meinst…«
    Rincewind unternahm den erfolglosen Versuch, einen Blick auf den Mann hinter ihm zu werfen. Sein Körper schien aus Kleiderbügeln zu bestehen, und außerdem roch er stark nach Pfefferminz.
    »Er hat Mumm, daf muf ich ihm laffen. Fo, wenn du genau daf tuft, waf ich dir fage, machen ihn die Druiden vielleicht nicht zu Hackfleif.«
    »Hrargh.«
    »Weifft du, die Leute hier find nicht befonderf ökumenif.« Genau in diesem Augenblick erinnerte sich der Mond an das Gesetz der Überzeugungskraft, doch er schien nicht bereit zu sein, sich an die Gebote der Computerwissenschaft zu halten: Er ging keineswegs dort auf, wo er erwartet wurde.
    Über dem heiligsten Felsen des Steinkreises glühte statt dessen ein unheilvoll leuchtender roter Stern, flackerte wie ein Funke im Auge des Todes. Er bot einen schrecklichen Anblick, und Rincewind konnte sich nicht des Eindrucks erwehren, daß er ein wenig größer war als am vergangenen Abend.
    Die versammelten Priester stöhnten entsetzt, und das Publikum wagte sich näher, hielt die jüngsten Ereignisse offenbar für vielversprechend.
    Rincewind spürte, wie ihm der unbekannte Bedroher den Griff eines Messers in die Hand drückte, und erneut erklang die glucksende Stimme: »Haft du in folchen Dingen Erfahrung?«
    »In was für Dingen?«
    »Ich meine: in einen Tempel ftürmen, die Priefter erledigen, Gold ftehlen, ein Mädchen retten und abhauen.«
    »Ich schlage vor, wir beschränken uns auf den letzten Punkt.«
    »Kommt nicht in Frage. Lof geht’f.«
    Zwei Zentimeter neben Rincewinds linkem Ohr ertönte plötzlich ein Kreischen, das nur von einem wilden Pavian stammen konnte, dem man gerade die Banane weggenommen hatte. Nur einen Sekundenbruchteil später raste eine kleine, drahtige Gestalt an ihm vorbei.
    Im Licht der Fackeln erkannte er einen ziemlich alten Mann, ein greises Exemplar jener dürren Subspezies, die man üblicherweise ›rüstig‹ nannte. Der Kopf war völlig kahl, und der Bart reichte ihm fast bis zu den Knien. Die Beine schienen zwei abgeschnittene Stelzen darzustellen, auf denen hervortretende Adern die Straßenkarte einer recht großen Stadt bildeten. Trotz des Schnees trug er nur eine mit eisernen Beschlägen versehene Lederkombination und Stiefel, die einem zweiten Paar Füße ausreichend Platz geboten hätten.
    Die beiden ersten Druiden, denen sich der Greis näherte, wechselten einen verwunderten Blick und hoben ihre Sicheln. Ein kurzes Durcheinander folgte, und dann sanken die Priester zu Boden, wobei sie seltsame, gurgelnde Geräusche von sich gaben.
    Rincewind nutzte die sich daran anschließende Aufregung, um sich dem Altarstein zu nähern. Er verbarg das Messer

Weitere Kostenlose Bücher