Das Licht der Phantasie
seltsamen Schlaftrunk warb, eine Rüstung und ein ausgestopftes Krokodil, dessen Augen erstaunlich lebendig blickten und sowohl Schmerz als auch Überraschung zum Ausdruck brachten.
Dann kehrte der Ladeninhaber zurück.
»Ist es so besser?« fragte er.
»Ein wenig«, erwiderte Zweiblum skeptisch. »Zumindest die Kräuter scheinen harmlos zu sein.«
Er wandte den Kopf, als Rincewind stöhnte. Der Zauberer kam langsam wieder zu sich.
E s wurden drei unterschiedliche Theorien entwickelt, um das Phänomen der wandernden Läden zu erklären, jener Art von Geschäften, die man in akademischen Kreisen tabernae vagantes nennt.
Die erste postuliert, daß vor vielen Jahrtausenden irgendwo im Multiversum ein Volk lebte, dessen Tätigkeit sich darauf beschränkte, Waren billig einzukaufen und mit erheblichem Profit zu veräußern. Schon bald herrschte es über ein großes galaktisches Reich, das man ›Emporium‹ nannte. Die fortschrittlichsten Vertreter dieser Spezies fanden eine Möglichkeit, ihre Geschäfte mit einzigartigen Antriebssystemen auszustatten, was sie in die Lage versetzte, die dunklen Mauern des Raumes zu durchstoßen und riesige neue Märkte zu erschließen. Irgendwann verbrannten die Welten des Emporiums im Hitzetod ihres separaten Universums (nach einer letzten trotzigen Auktion, bei der es in erster Linie um Feuer, Flammen und Glut ging – mit anderen Worten: um außerordentlich leistungsfähige Heizanlagen), zogen sich die Handelsherrn mitsamt ihren Reichtümern ins Jenseits zurück, wo sie die enttäuschende Erfahrung machen mußten, daß Tote kein regelmäßiges Einkommen beziehen und Investitionen in Supermärkten und Großhandelszentren so wenig profitabel waren wie Spekulationen mit Wertpapieren kurz vor einem Börsenkrach. Die Sternenläden hingegen setzten ihre immerwährende Reise fort, fraßen sich so durch die Seiten der Raumzeit wie ein nach Papier gierender Wurm durch einen dicken Wälzer.
Nun, die zweite Theorie behauptet, die entsprechenden Geschäfte seien das Werk eines Mitfühlenden Schicksals, das es sich zur Aufgabe gemacht habe, genau die richtigen Waren zur richtigen Zeit zur Verfügung zu stellen.
Die Anhänger der dritten meinten, es handele sich um die Erfindung eines Schlaukopfes, der auf diese Weise das Ladenschlußgesetz umgehen und auch am Sonntag die Kasse klingeln lassen wolle.
Diese drei Theorien mögen noch so verschieden sein, aber sie haben eins gemeinsam: Sie erklären die beobachteten Tatsachen – und sind völlig falsch.
R incewind schlug die Augen auf und sah über sich ein ausgestopftes Krokodil. Nach den wirren Träumen, aus denen er gerade erwachte, bot es keinen besonders lieblichen Anblick…
Magie! So fühlte sie sich also an! Kein Wunder, daß Zauberer nicht viel von Sex hielten!
Rincewind wußte natürlich, was ein Orgasmus war. Er hatte in dieser Hinsicht schon einige Erfahrungen gesammelt, manchmal sogar in weiblicher Gesellschaft, doch solche Gefühle ließen sich in keinster Weise mit der intensiven, geballten Euphorie vergleichen, die man bei der Entladung thaumaturgischer Energie verspürte. Voller Genugtuung erinnerte er sich an das blauweiße Feuer in seinem Innern, an die magischen Flammen, die ihm heiß an den Nervenbahnen entlangzüngelten, bevor sie aus ihm herausleckten, an die oktarinen Funken, die ihm von den Fingerkuppen stoben. Es war ein erhabenes Empfinden, wenn man den Eindruck gewann, mit den elementaren Kräften der Natur eins zu sein und sie dem eigenen Willen zu unterwerfen. Es überraschte ihn jetzt nicht mehr, daß Zauberer in erster Linie nach Macht strebten…
Rincewind unterbrach sein mentales Triumphieren. Natürlich ging alles auf den Zauberspruch in seinem Kopf zurück und nicht etwa auf ihn selbst. Eine Zeitlang konzentrierte er sich auf den Haß, der jener Formel galt. Wenn es ihm gelang, sie so sehr zu erschrecken, daß sie ihn verließ, konnte er sich vielleicht andere, nicht ganz so mächtige magische Beschwörungsrituale ins Gedächtnis einprägen und doch noch zu einem (wenn auch mittelmäßigen) Zauberer werden.
Irgendwo in Rincewinds gemarterter Seele rührte sich fremder Widerstandswille, gefolgt von einem Hauch Zweifel und Unbehagen. Jetzt weißt du, was dir bevorsteht, dachte er entschlossen. Bei der ersten Gelegenheit, die sich mir bietet, sorge ich dafür, daß du ins Oktav zurückkehrst. Er setzte sich auf.
»Wo, zum Teufel bin ich hier?« fragte er und hielt sich den Schädel mit
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