Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2
Bereich, tut mir leid. Ich weiß nur, wie man etwas wachsen läßt.«
»Du kannst deinen gegenwärtigen Job jedenfalls behalten, solange du willst«, sagte Kendall.
»Die Bezahlung ist nicht so aufregend«, sagte Pendleton. »Aber das Essen ist gut, das Bier ist kalt, und die Gesellschaft…«
Los jetzt, Neal. Los jetzt!
»Die Gesellschaft ist großartig«, sagte Neal.
Ja, das ist sie, dachte er, als er seine Tasse Wein austrank. Du kultivierst Einsamkeit wie eine Blume in deinem Garten, du behandelst Menschen wie Unkraut, das ausgerissen werden muß, und hier ist eine Welt, wo die Menschen es lieben, gemeinsam zu essen, zu reden… gern beisammen sind. Eine Welt, die du dir vorgestellt, aber niemals erfahren hast. Bis jetzt. Bis heute abend. Und da redet er vom Mißbrauch der Gastfreundschaft dieser guten Leute…
»Huhn mit Erdnüssen und getrockneten Chili-Schoten«, hörte er Li Lan sagen und sah auf. »Die Schoten sind nicht zum Essen«, fuhr sie fort. »Nur für den Geschmack.«
Das Hühnergericht nährte die Flammen in Neals Hals und ließ Tränen aus seinen Augen treten. Jeder Bissen war schärfer und leckerer als der letzte und ließ den Wein süßer und kühler schmecken.
Er sah Li Lan geschickt die halben Erdnüsse mit ihren Stäbchen nehmen und Pendleton damit füttern, und er war zugleich gerührt und eifersüchtig. Laß ihn gehen, dachte er. Laß ihn gehen, und laß dich gehen. Du kannst von vorn anfangen. Hol den Rest deines Geldes von der Bank und bleib hier. Bewirb dich in Berkeley oder Stanford. Oder werde der offizielle Kendall-Haushalt-Ratgeber im Bereich englischer Literatur des 18. Jahrhunderts. Du wirst betrunken. Wirst betrunken? Du bist betrunken. Mit Wein, mit Bier, mit gutem Essen, mit sanftem Licht, mit… du bist betrunken.
»Oh, Gott, mehr?« hörte er Olivia verzweifelt stöhnen, als Li Lan eine Platte mit Brokkoli, Bambusscheiben, Wasserkastanien und Pilzen in Bohnensauce brachte.
»Ihre Ausstellung endet morgen?« fragte er Lan.
»Ja«, sagte sie traurig.
»Sie war sehr erfolgreich«, sagte Olivia.
»Was machen Sie dann?« fragte Neal.
Sie antwortete nicht. Man kann die Stille mit einem Stäbchen zerhacken, dachte Neal.
»Nach Haus«, sagte sie ruhig.
»Hongkong?« fragte Neal.
Sie sah ihn an. »Ja. Nach Haus. Hongkong.«
»Reden wir nicht davon«, sagte Olivia. »Es macht mich traurig.«
Was ist mit Ihnen, Dr. Bob? dachte Neal. Heißt das, Sie gehen auch nach Hause?
»Ich möchte einen Toast ausbringen!« sagte Tom.
Olivia schenkte Wein aus.
Tom hob seine Tasse, sah jedem von ihnen in die Augen und sagte: »Auf die Schönheit – die Schönheit von Lans Kunst, die Schönheit der Knospen, die dank Roberts Wissen wachsen, die Schönheit der Freundschaft.«
Neal trank seinen Wein und stellte sich eine dumme Frage: Hatte Judas der Wein beim Abendmahl geschmeckt?
Neal hatte es nie gemocht, nackt zu sein. In New York zog sich niemand aus, nicht draußen jedenfalls, und in England warfen sie ihre Klamotten erst recht nicht im Freien ab. Aber es war Jacuzzi-Zeit, und seine Gastgeber bestanden darauf, daß er ihnen Gesellschaft leistete. In Marin County tragen sie dabei keine Badeanzüge, und er war – sozusagen – undercover, also tauschte er seine Klamotten gegen das versprochene Handtuch und den Bademantel und ließ sich in den tiefsten Teil des heißen Wassers gleiten. Er war dankbar für das gedämpfte blaue Licht auf der Plattform, und noch dankbarer, daß ihm zuerst nur Pendleton Gesellschaft leistete.
»Ich bin nicht unbedingt ein Jacuzzi-Freund«, sagte Neal.
»Ich auch nicht.«
»Was tun wir dann hier?«
»Ich wollte mit Ihnen reden und sichergehen, daß es nicht auf Tonband aufgenommen wird.«
Na toll, dachte Neal. Den hast du richtig reingelegt.
»Also hat die Firma Sie geschickt?« fragte Pendleton.
Neal dachte daran, etwas zu sagen wie: »Welche Firma?« oder »Häh?«, aber dann entschied er, daß er es genausogut jetzt zu Ende bringen konnte.
»Yeah.«
»Das habe ich mir gedacht. Lan sagt, Sie haben keine Ahnung von chinesischer Malerei.«
»Ich weiß, was mir gefällt.«
Wenn Pendleton das witzig fand, tarnte er dieses Gefühl gut.
»Was will die Firma?« fragte er.
»Sie will Sie zurück.«
Verdammt, ist das blöd, dachte Neal. Ich sitze bis zum Hals in kochendheißem Wasser und versuche, einen anderen nackten Mann zu überreden, wieder arbeiten zu gehen. Ich muß mir einen richtigen Job suchen.
»Ich komme nicht zurück«,
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