Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2
Opium.«
Genau, dachte Graham. Opium rein, Tee raus. Viel Geld für die Bank.
»Nehmen Sie welchen mit, Mr. Simms. Ich lasse Ihnen von meiner Sekretärin ein Päckchen abfüllen«, fügte Kitteredge hinzu.
Simms war über den abrupten Rauswurf überrascht. Was glaubten diese Leute eigentlich, wer sie waren? Niemand wollte diesen verdammten Neal Carey mehr finden als er. Er gab Kitteredge die Hand, nickte Levine zu, ignorierte Joe Graham und verließ das Zimmer.
Der Chef fragte: »Ed?«
»Wir müssen wohl annehmen, daß Carey das Objekt einer feindlichen Entführung geworden ist«, sagte Levine. »Carey ist ein arroganter, undisziplinierter, unzuverlässiger Vollidiot, aber er ist kein Verräter.«
»Für die richtige Frau?« fragte Kitteredge.
»In Careys Fall gibt es keine richtige Frau. Er ist psychologisch unfähig, solche tiefen Gefühle zu entwickeln.«
Kitteredge wandte sich an Graham. »Sehen Sie das auch so?«
»Wenn Ed meint, daß Neal Frauen ziemlich beschissen findet und ihnen nicht traut, ja«, entgegnete Graham. »Ist es das, was man in der Abendschule lernt, Ed?«
Levine legte los: »Es ist mehr als Vertrauen. Neal erwartet Verrat. Seine Mutter war eine süchtige Prostituierte, und schlimmer noch, sie hat ihn verlassen…«
»Wir haben sie aus der Stadt gejagt.«
»Wie auch immer, tief drinnen weiß Neal, daß jede Frau, die er liebt, ihn irgendwann verlassen wird, ihn verraten wird. Wenn sie es tut, bestätigt sich seine Vermutung. Wenn nicht, wird er etwas tun, damit sie ihn verläßt. Wenn das nichts hilft, wird er sie verlassen und verletzt sein, wenn sie ihm nicht folgt. Also…«
Graham knallte die Faust auf den Tisch. »Wenn Dr. Freud hier fertig ist, würde ich gern anfangen, nach Neal zu suchen.«
»Das versuche ich, Graham. Was ich sagen will, damit selbst Graham es versteht, ist, daß ich es für unmöglich halte, daß Neal mit dieser Braut glücklich in China lebt.«
»Also glauben Sie, er ist in Gefangenschaft, Ed?« fragte Kitteredge.
Ed schwieg eine Minute, was Graham nervös werden ließ. Wenn Ed schwieg, war das nicht gut.
»Ja«, sagte Ed. »Oder er ist tot.«
»Er ist nicht tot«, widersprach Graham.
»Woher weißt du das?«
»Ich weißes.«
»Na, toll.«
»Wie auch immer, Gentlemen«, sagte Kitteredge. »Wir müssen ihn finden.«
»Wie sind deine Kontakte in Chinatown?« fragte Levine Graham.
»Nicht mehr so gut. Die Alten sterben aus. Lauter Kids, und die sind verrückt. Schießwütig. Aber ich werd’ mich umhören, mal sehen, ob jemand jemanden in Hongkong kennt.«
»Mit Ihrer Erlaubnis«, sagte Ed zu Kitteredge, »werde ich rüberfliegen und unseren Freund Simms im Auge behalten.«
»Gut«, sagte Kitteredge. »Ich werde die nötigen Anrufe in Washington machen, um mitzuteilen, welches… Interesse wir verfolgen.«
Na toll, dachte Graham. Wenn wir nicht mit genau diesen Leuten in Washington rummachen würden, hätten wir vielleicht gar kein Interesse an dieser Sache.
»Lassen wir es dabei, Gentlemen? Die Zeit scheint eine gewichtige Rolle zu spielen.«
Joe Graham ging zurück zum Bahnhof und mußte nur eine Stunde warten, bevor er in den Colonial zurück nach New York steigen konnte. Er würde ein paar alte Freunde in der Mott Street besuchen, aber er wußte schon, was passieren würde. Sie würden ihn komisch ansehen, ihm einen Haufen Versprechungen machen und nichts tun. Er nahm ihnen das nicht übel; es war nicht ihr Problem, und Chinesen beschäftigen sich normalerweise nicht damit, von anderen Leuten Ärger zu leihen. Davon hatten sie selbst genug. Nein, Graham würde das nur tun, um den Boß glücklich zu machen. Aber dann würde er in einen Flieger nach Hongkong steigen und den Jungen finden. Geschlossene Stadt, zum Teufel. Joe Graham kam aus der Delancey Street.
9
Zuerst dachte Neal daran, zu fliehen. Das sollte nicht schwierig sein – seine Wächter waren ein durchgedrehter Junge und ein Greis. Neal dachte sich tolle Spitznamen für sie aus. Er nannte den Jungen »Marvel« und den alten Mann »alter Mann«. Neal war kurz davor, es zu versuchen, als sie ihn auszogen. Marvel stand mit seinem Chopper dabei, als der alte Mann Neals Hemd, seine Hose, Socken und Schuhe nahm. Neal dachte, vielleicht könnte er den Chopper packen, Marvel zu Boden schlagen und abhauen. Aber er hatte nicht erwartet, daß der alte Mann so schnell wäre, und er hatte auch die Handschellen nicht erwartet – rostige Dinger, die wirklich verdammt groß waren.
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