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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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Arbeit zu tun.

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    Den Rest der Woche tat ich nicht viel. Die Oaktree-Rennwoche hatte begonnen, und ich fuhr zwei- oder dreimal raus und gewann gerade meine Einsätze zurück. Ich schrieb eine dreckige Story für ein Sexmagazin, schrieb zehn oder zwölf Gedichte, onanierte, und jeden Abend rief ich Sara und Debra an. An einem Abend rief ich auch einmal bei Cassie an, und es meldete sich ein Mann. Goodbye, Cassie.
    Ich machte mir Gedanken über das Ende von Liebesaffären und wie schwer das immer war. Doch gewöhnlich war es eben auch so, daß man eine neue Frau erst kennenlernte, nachdem man sich von einer anderen getrennt hatte. Und wirklich kennenlernen und verstehen konnte ich sie nur, wenn ich mit ihnen intim wurde. Männer konnte ich jederzeit erfinden, weil ich selbst einer war, doch über Frauen zu schreiben, ohne sie wirklich zu kennen, war mir beinahe unmöglich. Also machte ich mich mit ihnen vertraut, so gut ich konnte, und die Studienobjekte erwiesen sich als menschliche Wesen, und jeder Gedanke an Schreiben war vergessen. Schreiben wurde unwichtig, wenn man mit einer Frau zusammen war. Schreiben war nur noch der Rest einer Gewohnheit. Ein Mann mußte nicht unbedingt eine Frau haben, um echte Gefühle zu erleben, aber es war trotzdem gut, wenn er ein paar kannte. Wenn die Affäre dann schiefging, wußte er, was für ein Gefühl es ist, wirklich allein und kirre zu sein, und er wußte dann auch, was ihm bevorstand, wenn es einmal mit ihm selbst zu Ende ging.
    Es gab immer wieder Dinge, bei denen ich sentimental wurde: ein Paar Stöckelschuhe unter dem Bett; eine Haarnadel, die auf der Kommode liegen blieb; die Art, wie sie sagten »Ich muß mal Pipi machen« ; gemeinsam den Boulevard entlanggehen, nachmittags um halb zwei, einfach zwei Menschen, nebeneinander; die langen Abende, die man mit Trinken und Rauchen und Reden verbrachte; die Streitereien; Gedanken an Selbstmord; ein gemeinsames Essen in guter Stimmung; die Witze und das befreiende Lachen; das Gefühl, als liege ein Wunder in der Luft; auf einem Parkplatz zusammen im Auto sitzen; sich morgens um 3 von früheren Liebschaften erzählen und Vergleiche anstellen; sie schnarchen hören und gesagt bekommen, daß man selbst schnarcht; ihre Mütter, Töchter, Söhne, Katzen, Hunde; Todesfälle und Scheidungen, und wie sie trotzdem weitergemacht und durchgehalten hatten; allein in einer Sandwich-Bude sitzen und die Zeitung lesen und den Ekel in sich aufsteigen spüren, weil sie jetzt einen Zahnarzt mit einem I. Q. von 95 geheiratet hat; Rennbahnen und Parks; Picknicks im Park; auch mal ein Aufenthalt im Gefängnis; ihre langweiligen Freunde; deine langweiligen Freunde; deine Trinkerei, ihre Tanzvergnügen; deine Flirts und ihre Flirts; ihr Tablettenkonsum, deine Seitensprünge, ihre Seitensprünge; und dann wieder miteinander schlafen …
    Man konnte sich kein Urteil anmaßen, aber man war einfach gezwungen, eine Auswahl zu treffen. Jenseits von Gut und Böse – in der Theorie gut und schön, aber im Leben mußte man sich für das eine oder das andere entscheiden, sonst ging es nicht weiter. Manche hatten mehr Herz als andere, manche interessierten sich einfach mehr für einen, und gelegentlich war es notwendig, daß man sich mit einer einließ, die äußerlich schön und innerlich kalt war, nur wegen der brutalen beschissenen Kicks, genau wie in einem brutalen beschissenen Film. Doch die mit Herz waren einfach besser im Bett, und wenn man eine Weile mit ihnen zusammen war, begann man ihre wirkliche Schönheit zu entdecken. Ich dachte dabei vor allem an Sara – sie hatte dieses gewisse Etwas. Wenn nur nicht dieser Drayer Baba gewesen wäre, der immer sein verdammtes Stop-Schild hochhielt …
    Dann kam Saras Geburtstag, 11. November, Veteranen-Gedenktag. Wir hatten uns inzwischen noch zweimal getroffen, einmal bei ihr, einmal bei mir. Es hatte Spaß gemacht und allerhand Erwartungen geweckt. Sie war ein bißchen eigen, aber sie hatte Persönlichkeit und Ideen; wir hatten glückliche Stunden miteinander – außer im Bett –, wir waren Feuer und Flamme, doch Drayer Baba ließ uns nicht zusammenkommen. Und gegen so einen Gott hatte ich nichts zu bestellen.
    »Ficken ist nicht so wichtig«, meinte Sara.
    Ich ging in einen exotischen Laden, »Aunt Bessie’s«, Ecke Hollywood Boulevard und Fountain Avenue, um Geburtstagsgeschenke für Sara einzukaufen. Die Verkäufer waren zum Kotzen – junge Schwarze und Weiße, deren Intelligenz sich in Hochnäsigkeit

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