Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Liebesspiel

Das Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn C Tripp
Vom Netzwerk:
er sie vor ihrem Haus absetzte, sah sie die Hand ihrer Mutter im Fenster der Stube, der schwere Vorhang fiel, Erleichterung in seinen Falten, als sie zur Ruhe kamen.
    »Du gehst besser schnell rein«, sagte ihr Vater mit rauer Stimme, so wie sie beim Abschied manchmal wurde, und Jane schob sich über den Sitz und küsste ihn auf die Wange, der Geruch von Zigarettenrauch noch an ihm, wie immer. Sie atmete ihn ein, von seiner Haut, schnell und tief, so als könnte sie den Geruch, der ihn ausmachte, mit nach Hause nehmen. Sie griff nach dem Buch aus der Bibliothek und schlüpfte aus dem Auto in die reine, klare Nacht. Dann war er fort und am folgenden Samstag kam er nicht. Kam überhaupt nicht mehr. Sie wartete und ihre Mutter zerbrach an jenem Abend einen Teller. Aus Versehen, sagte sie, doch in Wirklichkeit weil sie wütend war, dass er zu allem anderen auch noch das getan hatte. »Jetzt ist Schluss«, murmelte ihre Mutter, an niemand Bestimmten gerichtet, immer noch wütend, tiefe Falten in ihre Stirn getrieben, zwei Falten, festgeschrieben in ihrem schönen, verhärmten Gesicht. Um ihren Mund war eine neue Verkniffenheit, bemerkte Jane, eine stille Entschlossenheit, so als würde sie ihm ordentlich die Meinung geigen, wenn er noch mal auftauchen sollte. Nur kam er nicht. Und einige Tage später fand man sein Ruderboot verlassen, den Fluss hoch am Ufer festgemacht, im seichten Wasser bei der Kiesgrube auf der Drift-Road-Seite, sein Jagdmantel mit dem karierten Flanellfutter über die Ruderbank gebreitet. Sie brachten den Mantel seiner Frau. Schließlich war sie trotz allem noch immer seine Frau. Niemand schien etwas zu wissen. Nicht mal seine Mutter Cora hatte gehört, wohin er sich wohl abgesetzt haben mochte.
    Es tut mir leid.
    Sie wartete weiter, die Tochter, am folgenden Samstag, am Fenster in der Stube, und während sie wartete, begann sie das Buch zu lesen, das er ihr geschenkt hatte. Sie las, geduldig wartend, diese Geschichte vom Licht, das wie ein Versprechen war, und dennoch kam er nicht, weder am nächsten Samstag noch an einem anderen. Es tut mir leid, mein Schatz. Und erst als ein, zwei Monate vergangen waren, wurde klar, dass er nie, niemals wiederkommen würde. Sie nahm den Nagelknipser ihrer Mutter aus dem Fach im Badezimmerschrank. Nahm ihn mit in ihr Zimmer, drehte den Schlüssel um und setzte sich auf den Boden. Außer Reichweite des hereinfallenden schmutziggoldenen Lichts krempelte sie ihre Ärmel auf und schnitt sich ganz sorgfältig in die blasse, weichere Haut an der Innenseite ihres Arms, ritzte die Form eines Auges hinein, und ganz tief darin konnte sie einen kleinen Fisch kämpfen, mit dem Schwanz schlagen sehen, ein winziges, schwaches Zappeln in der Wunde. Das Blut trat aus, nicht schnell, es sammelte sich lediglich, träge, während sich die Dunkelheit ins Zimmer vorarbeitete, und der länger werdende Schatten über die Fensterbank rutschte über den Boden zum Blut auf ihrem blassen Arm, das nun langsam trocknete und beim Trocknen dunkler wurde.

Dritter Teil
    STÄMME

Nykvist
    MARNE
    10 . Juni 2004 , 1.30 Uhr
    Licht,
    sagt Sven Nykvist,
    kann mild sein, gefährlich, traumhaft, nackt, lebendig, tot, neblig, klar, heiß, dunkel, violett, frühlingshaft, schräg, gerade, sinnlich, gedämpft, giftig, beruhigend und fahl.
    Das hatte ich vergessen.
    Er muss es einmal gesagt haben, wurde zitiert oder notierte es irgendwo, und ich muss es in demselben Irgendwo gelesen haben. Es fiel mir erst heute Abend wieder ein, spät, als ich von der Arbeit heimkam, noch aufgedreht von dem Trubel, den die vier Gäste an Tisch 25 eben nicht veranstaltet hatten, von der Bemerkung des Mannes mit dem kurz gestutzten Bart und dem grünen Sakko (der immer den Ecktisch verlangt, weil er einer von denen ist, die beim Essen gerne die Aussicht genießen), der, als ich seinen Teller vor ihn hinstellte, mich fragte, ob ich einen gewissen Carleton Dyer kenne, und ich lächelte und sagte: »Klar kenne ich den«, und glaubte, nicht darauf hinweisen zu müssen, dass er mein Vater ist, aber dann fing der Typ an zu erzählen, dass er Carl mit einer Tischlerarbeit beauftragt hätte, und der Mann sei wirklich »schlicht und ehrlich, ein echt urwüchsiger Kerl, und was er für ein Köpfchen hat, ein richtiges Genie, wenn auch natürlich nicht so gebildet. Wirklich: das Salz der Erde.« Er sagte es genau so und ich spürte, wie meine Ohren rot wurden, als hätte man hineingekniffen, eine gewisse Scham über diese gedankenlose

Weitere Kostenlose Bücher