Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Liebesspiel

Das Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn C Tripp
Vom Netzwerk:
wollen.
    Was kann ich sagen, das wahr ist?
    Manchmal, wenn ich spät von der Arbeit komme und nicht schlafen kann, gehe ich joggen. Die nächtliche Welt ist Wasser. Gerüche. Geräusche. Die weniger vordergründigen Sinne, bei Tageslicht beiseitegeschoben, sind wach. Geschärft.
    In der Nacht sieht man sich anders. Man ist Schatten und Atem, und natürlich scheint der Mond, und er ist schön. Sein Licht fällt auf die Haut und man leuchtet, man strahlt in einem geborgten Glanz, der einem nicht gehört und nie gehört hat. O ja. Das ist mal ein Gedanke, den ich ihm über den Tisch zuwerfen könnte …
    Er hat über die Hälfte seines Steaks vertilgt. Jetzt erzählt er mir von seinem Motorrad. Eine Triumph Bonneville von ’ 69 . Er hat sie zerlegt gekauft – verwahrte sie in Milchkisten in seiner Garage, bis er alle Teile beieinanderhatte, dann baute er sie zusammen.
    Die Parallele entgeht mir natürlich nicht. Ähnliche Vorgehensweise des Zusammensetzens. Die Milchkisten mit Triumph-Teilen bei dem einen Bruder, bei dem anderen der Metallschrott, das Fahrgestell, das Bierfass.
    Die beiden sind so unterschiedlich, sage ich mir. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein.
    Ray hatte immer schon ein Motorrad. Als ich einmal mit meinem Vater im Wagen saß und in Hixbridge vor der Ampel wartete, sah ich Ray den Handy Hill hinaufbrettern. Es war damals ein anderes Motorrad, eine Kawasaki, glaube ich, irgendeine Reisschüssel. Ich erkannte ihn sofort. Niemand trug damals Helm. Seine damalige Freundin hockte hinter ihm auf dem Sozius. Sie hatte schwarzes Haar, dicke Möpse und spielte Ultimate Frisbee. An dem Tag, als die beiden auf der Maschine vorbeirasten, trug sie eine kurze Hose und ein schulterfreies gelbes Top. So viel Haut, dachte ich damals, das weiß ich noch. Wenn die sich auf die Nase legten, würde das nicht schön aussehen. Aber Ray Varick gehörte nicht zu den Männern, die ein Mädchen fallen ließen.
    Er ist fertig mit dem Essen, schiebt den Teller von sich. »Kann ich dich überreden, dir einen Nachtisch mit mir zu teilen?«, fragt er.
    »Kommt auf das Angebot an.«
    Er schüttelt den Kopf, wieder dieses angedeutete Lächeln, und rupft die Nachtischkarte aus dem Metallständer hinter den Gewürzen. Er beginnt vorzulesen: »Chocolate Thunder von Down Under.«
    »Du verscheißerst mich.«
    »Nein, im Ernst.«
    »Was noch?«
    »Sydneys sündiges Sahneeis.«
    Ich greife nach der Karte. »Lass mal sehen …«
    Er entzieht sie mir. »Willst du nichts davon haben?«
    »Etwas Einfacheres. Eis?«
    »Vanille?«
    »Kein Problem.«
    »Komm, wo bleibt dein Sinn für Abenteuer?«
    »Zwischendurch ausgefallen.«
    »Komplett?«
    »Fast.«
    Er wartet, verzieht keine Miene, enthält mir die Dessertkarte weiter vor. Wartet.
    »Na gut«, sage ich.
    »Na gut?«
    »Ich möchte auf deinem Motorrad mitfahren.«
    »Ich möchte dich nackt sehen.«
    Ich lache laut. »Na, Gott sei Dank, Ray, dass du deine Karten nicht sofort offen auf den Tisch legst.«
    »Keine Sorge«, gibt er zurück und schiebt mir die Dessertkarte zu. »Tu ich nicht.«

Vierter Teil
    DIE STRASSE

Glühlampe
    JANE
    23 . Juli 2004
    »Weißt du, was ich an diesem Spiel so gut finde, Janie?«, sagt Ada zu mir. »Man kann ein Wort im Sinn haben, man kann ganz nah dran sein, es fast zusammenhaben, aber trotzdem fehlt einem noch ein Buchstabe, den man dafür braucht. Eine Kleinigkeit nur. Ein einziger Buchstabe. Und man hofft, dass man alles zusammenbekommt. Man macht die Rechnung ohne den Wirt und geht das Risiko ein, man hofft, genau das zu ziehen, was man braucht. Manchmal klappt das auch. Manchmal greift man mit der Hand in die Schachtel und zieht genau den Buchstaben, auf den man wartet. Und manchmal greift man hinein und ist angeschmiert.«
    Sie ist jetzt völlig entspannt. Gesprächig. Warum auch nicht? Vierundsiebzig Punkte Vorsprung.
    Ada packt ihren Imbiss aus: ein Schinkenbrot, Orangenkekse, eine Plastiktüte mit Macadamianüssen in Schokolade.
    Das Sandwich wird sie nicht essen. Sie wird ein wenig an den Orangenplätzchen knabbern und mir eins anbieten, obgleich wir beide wissen, dass ich es nicht annehme, dann wird sie im Verlauf des Spiels langsam von den Macadamianüssen naschen, wählerisch werden ihre Finger, die Nägel feuerwehrrot lackiert, in die Plastiktüte wandern und eine nach der anderen herausziehen, ohne ein Geräusch zu verursachen.
    »Die Sonne ist hell«, bemerkt sie.
    »Ja.«
    Sie rutscht auf der Bank in den Schatten.
    Dann fängt sie

Weitere Kostenlose Bücher