Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
Thomas ein. »Ich finde, ihr solltet euch nicht so haben und sie unterstützen. Wir schnappen uns den Kelch und helfen den Nymphen, und sie helfen daraufhin uns. Jetzt mal ehrlich, ihr braucht sie.«
Pheme und Aiko schauten verdutzt drein. Mit solch einer Ansage hatten sie offenbar nicht gerechnet.
Ich nutzte ihre Sprachlosigkeit, um noch ein Argument loszuwerden. »Macius hätte uns nicht hergeschickt, wenn er nicht auch dieser Meinung gewesen wäre. Wir vier können unmöglich allein gegen die Nyxianer antreten. Mit einer Armee bewaffneter Nymphen sieht das allerdings schon ganz anders aus.«
Pheme und Aiko sahen sich an. Ich blickte zu Thomas, der entschlossener wirkte als Bruce Willis in seinen besten Filmen.
»Also gut, wir begleiten sie«, sagte Pheme knapp und stapfte wieder in die Wohnung.
18. Kapitel
W ir brauchten drei Tage, bis wir an der serbischen Grenze ankamen. Nie hätte ich gedacht, dass eine Fahrt so lange dauern könnte und so furchtbare Rückenschmerzen verursachen würde.
Manchmal wäre ich am liebsten hinter dem Wagen hergeschwebt, doch das war nicht möglich. Bei Phemes Höllengeschwindigkeit hätte selbst eine geübtere Banshee als ich passen müssen.
An viel Schlaf war nicht zu denken, und wenn es mir mal gelang einzunicken, dann waren die Träume beunruhigend. Mich suchten nicht die Echoträume heim, die ich schon kannte, diese neuen Träume erschienen mir vielmehr wie dunkle Omen. Ich sah bleiche Gestalten mit blutigen Reißzähnen und spürte Hände, die mich gnadenlos festhielten und in irgendwelche Sümpfe ziehen wollten. Wenn ich dann hochschreckte, war es jedes Mal Thomas, der mich tröstete. Mehr denn je war ich froh, dass er bei mir war.
Allerdings war er tagsüber nicht immer ein Grund zur Freude. Er saß hinten zwischen mir und Galatea, und die zarte Nymphe versuchte doch tatsächlich, ihn anzuflirten.
»Wie kommt ein so hübscher Bursche dazu, drei Götterkinder zu begleiten?«, war nur eine der Fragen, mit denen sie ihm auf die Pelle rückte.
Thomas bekam rote Ohren, schien jedoch nicht ganz uninteressiert an diesem Gesülze. Warum sagte er ihr nicht, sie könne bleiben, wo der Pfeffer wächst? Ich war jedenfalls jeden Tag ein bisschen mehr versucht, genau das zu tun. Warum war ich noch mal dafür gewesen, den Nymphen zu helfen?
Als Galatea irgendwann mit ihrem Finger die Konturen seines Kinns nachzog, war ich noch genau ein gesäuseltes Wort davon entfernt, ihr an die Gurgel zu gehen. Aber um des lieben Friedens und unserer Mission willen beschränkte ich mich darauf, nach seinem Arm zu greifen und ihn so daran zu erinnern, dass ich auch noch da war.
Thomas warf mir daraufhin ein verschmitztes Lächeln zu. Offenbar spürte und genoss er meine Eifersucht. Na warte, Freundchen, wenn wir erst mal allein waren!
Besonders ärgerlich war, dass ich noch nicht mal das Recht hatte, eifersüchtig zu sein. Denn alle Welt, und vermutlich auch Thomas, ging verständlicherweise davon aus, dass wir nicht mehr als Freunde waren. Wann und wo hätte ich ihm meine Gefühle auch gestehen sollen? Vor allen anderen? Die ganze Zeit über saßen wir auf engstem Raum zusammen. Was würde ich geben, um das Zimmer im Brunnenschacht wiederzubekommen!
Galatea schien immerhin nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Auch sie bemerkte – wenn auch reichlich spät –, dass ich kochte, denn irgendwann zog sie sich zurück. Um uns die Zeit zu vertreiben, begann sie Geschichten über die Nymphen zu erzählen.
Ich fand es interessant, denn so bekam ich ein gutes Bild von diesem Volk. Aiko und Pheme wirkten eher ein wenig gelangweilt, offenbar kannten sie die Geschichten schon. In keiner ihrer Erzählungen erklärte Galatea allerdings den Grund für die Feindschaft der Nymphen zu den Gargoyles.
»Warum sind eure Völker derart aneinandergeraten?«, hakte ich nach. Da gab sie plötzlich vor, müde zu sein und sich ausruhen zu wollen.
Ich wusste doch, die Frau verheimlichte uns irgendwas.
Der Verdacht brachte meine Echos zum Klingen, jedenfalls fühlte es sich so an. Es war nicht das übliche Krakengefühl und auch nicht das Kribbeln beim Schweben, sondern ein warnendes Gefühl.
Wahrscheinlich rückte Galatea mit den wichtigen Dingen erst dann heraus, wenn es kein Zurück mehr für uns gab. Das würde ich jedenfalls so machen, wenn ich mir nicht sicher wäre, ob die Leute auch dann bei mir bleiben würden, wenn es richtig brenzlig wurde.
Nachdem wir in einem weiteren, heruntergekommenen Motel
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