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Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janika Nowak
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unten.
    Draußen rannten ein paar Kinder kreischend über den Gehweg, und ich beneidete sie darum, wie unbeschwert sie herumtollen konnten. Das hatte ich nicht mal in dem Alter gekonnt. Alpträume waren meine ständigen Begleiter gewesen, schon damals. Der Unterschied war nur, dass ich sie damals nicht verstanden hatte und mein Teddy mich darüber hinwegtrösten konnte.
    An der U-Bahn-Station war Sonntagfrüh nicht viel los, die meisten Leute lagen noch in den Federn.
    Als ich den Waggon betrat, blickte ich mich nach allen Seiten um. Eine alte Dame schlummerte unweit von mir, die Hände fest um den Griff ihres Handtäschchens gekrallt. Ein Pärchen saß wild knutschend auf der anderen Seite.
    Mehr Passagiere waren es nicht.
    Erleichtert ließ ich mich auf einen der Plätze fallen, gerade rechtzeitig, bevor die Bahn anruckte.

    Ich hatte noch nie etwas für leerstehende Hallen übriggehabt.
    Als ich klein war, hätte man mich problemlos in einem alten Schloss zurücklassen können, ohne dass ich Angst gehabt hätte, doch sobald wir bei einem Ausflug an verlassenen Industriegemäuern vorbeikamen, überlief mich ein Schauder. Keine Ahnung, warum.
    Dieses Gelände, das von einem rostigen Zaun eingefasst wurde, war in meinen Augen der ideale Schauplatz für einen Horrorfilm. Der »Held« war ein seltsamer Kerl, der junge Frauen herlockte, um sie zu zerstückeln und für immer verschwinden zu lassen …
    Fröstelnd zog ich meine Jacke enger.
    Noch konnte ich umkehren. Wollte ich das?
    Ich betrachtete die Visitenkarte erneut, doch der Schriftzug darauf hatte sich nicht verändert. Dann musterte ich die drei länglichen Werkshallen, deren hohe Fenster wie tote Augen auf mich herabblickten.
    In welche Halle sollte ich? Das stand nicht auf der Karte, vermutlich würde ich merken, welche es war.
    Quietschend gab das Tor nach, als ich mich dagegenstemmte, und die rostige Kette, die es früher mal verschlossen gehalten hatte und die jetzt nur noch lose an einer Seite hing, schlug gegen die Gitterstäbe.
    Meine Schritte hallten laut über das Gelände und mischten sich mit dem Raunen des Windes, der um die Werkshallen strich. Von irgendwoher knarrte es blechern. Anscheinend war niemand da.
    »Hallo?«, rief ich, erst leise und dann lauter. Eine Antwort bekam ich beide Male nicht.
    Hatte mich der Anzugträger auf den Arm genommen?
    Ich versuchte mein Glück bei der mittleren und gleichzeitig größten Halle.
    Die Lampe über dem Eingang war zertrümmert worden. Ein langer Riss zog sich durch eine der blind gewordenen Scheiben, und die Farbe blätterte in Fetzen von der großen Eisentür. Einer der Rostflecken hatte die Form eines Vogels.
    Erschaudernd griff ich nach der Klinke, da tönte ein markerschütterndes Quietschen durch das Zwielicht der Halle.
    »Hallo? Ist hier jemand?«
    Wieder keine Antwort. Ich vernahm nur ein leises Rasseln, das vermutlich von einer herabbaumelnden und im Windzug schwingenden Kette stammte.
    »Was hast du hier zu suchen?«
    Mit einem Aufschrei wirbelte ich herum und hob die Fäuste wie ein Boxer. Das sah sicher furchtbar albern aus, aber was Besseres fiel mir im Moment nicht ein.
    Hinter mir stand nicht der Anzugträger, auch keine Harpyie oder ein Schläger, sondern eine Frau mit langen schwarzen Haaren, die in ihrer Jeanslatzhose und dem engen pinkfarbenen Shirt wie eine Automechanikerin aussah. In einer Hand hielt sie einen recht großen Schraubenschlüssel. Wollte sie mir damit eins überziehen?
    »Ich … ich bin herbestellt worden. Von … Macius.«
    »Das ist die junge Frau, von der ich gesprochen habe«, erklang eine vertraute Stimme hinter mir.
    Offenbar war die Halle doch nicht verlassen gewesen.
    Aber warum zum Teufel hatte er sich dann nicht auf meinen Ruf gemeldet?
    Macius lehnte etwas von uns entfernt gegen einen Pfeiler und trug denselben Anzug wie die Male zuvor.
    »Du kannst deine Fäuste runternehmen, Aileen. Das ist Aglaopheme Kazopoulis, aber meist wird sie nur Pheme genannt. Sie wird dir nichts tun.«
    Ach wirklich? Vielleicht hatte der Schraubenschlüssel ja eine eigene Meinung.
    »Und das hier ist Aiko Tanaka.«
    Wie aus dem Boden gewachsen stand eine weitere Person vor mir. Das Mädchen war vielleicht vierzehn oder fünfzehn Jahre alt, anscheinend Japanerin, und hatte die schwarzen Haare zu Zöpfen gebunden. Mit ihrem Puppengesicht und der Schuluniform hätte man sie für eine Figur aus einem Manga halten können.
    Ich nickte Aiko und Pheme zu, doch deren Mienen wurden

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