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Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janika Nowak
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seufzte ich.
    »Nein, das werden sie nicht«, entgegnete Macius. »Die Menschen heutzutage haben den Blick für das Besondere verloren. Oder, besser gesagt, den Instinkt. Außerdem haben Banshees eine hilfreiche Eigenschaft: Sie können sich unbemerkt machen, wenn sie es wollen. Obwohl sie nicht etwa unsichtbar werden oder sich in Rauch auflösen, schaffen sie es, dass die Menschen über sie hinwegsehen, nicht auf sie aufmerksam werden. Das wird dein Schutz sein, Aileen – und Teil deiner Magie.«
    »Wie lange soll ich das durchziehen? Bis ich achtzig oder neunzig bin?«
    »Wenn eine Banshee nicht getötet wird oder bei der Geburt einer Tochter stirbt, kann sie sehr lange leben. Die ältesten wurden tausend Jahre alt. Allerdings hat das einen Haken: Wenn eine Banshee zu alt wird, verfällt sie meist dem Wahnsinn. Davon zeugen zahlreiche alte Legenden, in denen Banshees durch Siedlungen rasen und mit ihrem Kreischen die Leute erschrecken. Deshalb haben deinesgleichen oft den Freitod gewählt, weshalb es euch heute nicht mal mehr in Irland gibt.«
    Da war ganz offensichtlich noch etwas, das er nicht aussprach. Ich spürte es allerdings deutlich. Es gab einen weiteren Haken. Genau genommen war das hier sowieso alles nicht echt, oder? Mein Magen fühlte sich furchtbar flau an, und für einen Moment meinte ich, dass die Krake wieder in meiner Brust sei.
    »Du solltest dein Wohnheim verlassen«, sagte Macius nun. »Du brauchst einen Ort, an dem du vor den Harpyien sicher bist.«
    »Welcher Ort soll das sein?« Ich blickte ihn fragend an. »Ich weiß ja nicht mal, wie sie mich dort gefunden haben. Mein Name steht gar nicht an der Türklingel.«
    Vielleicht hatte ja mein Vater … Nein, das war absurd. Mein Vater mochte im Vollrausch vielleicht komische Dinge sehen, aber bei ihm waren die Harpyien sicher nicht gewesen. Ich bezweifelte, dass er im Heim angerufen hatte, weil ein paar merkwürdige Vögel ihn nach meiner Adresse gefragt hatten.
    Macius blickte zu seinen beiden Begleiterinnen.
    »O nein!«, rief Pheme plötzlich aus, als hätte der Wassermann ihr eine telepathische Nachricht übermittelt. »Aiko wohnt schon bei mir!«
    »Du hast genügend Platz für ein zweites Mädchen.«
    »Hey!«, platzte ich dazwischen. »Ihr vergesst, dass ich zur Arbeit muss. Ich kann unmöglich das Wohnheim verlassen und mich irgendwo verkriechen. Mein Meister wird stinksauer sein, wenn ich Montag nicht erscheine, und Bettina wird die Polizei rufen, weil sie glaubt, ich sei entführt worden.«
    Macius blickte mich an, als sei dies das Dümmste, was er je gehört hatte.
    »Du verstehst mich anscheinend nicht. Die Harpyien haben dich aufgespürt und werden es wieder tun. Die vier, die gestern bei dir waren, waren lediglich Späher. Wenn ihr Anführer den Verlust bemerkt, wird er eine ganze Horde losschicken.«
    »Klar, und die fliegen einfach so über Berlin, ohne dass jemand davon Notiz nimmt.«
    Ein schweres Seufzen drang aus Macius’ Brust. »Du vergisst, dass Harpyien magische Wesen sind, genauso wie wir alle in diesem Raum. Glaubst du, die haben keine Sicherheitsmaßnahmen getroffen, um von gewöhnlichen Menschen nicht gesehen zu werden? Wie können Wassermänner, Sirenen, Feen und Dämonen sonst unerkannt durch die Städte stapfen?«
    »Weil sie sich tarnen.« Ich seufzte ebenfalls. Welche Tarnung benutzten sie? Umhänge, die unsichtbar machten? Tarnkappen?
    »Richtig, weil sie eine menschliche Maske tragen. Nicht alle Götterkinder sind wie du mit einem menschlichen Erscheinungsbild gesegnet. Ich habe normalerweise Kiemen und einen Fischschwanz, Pheme ist halb Vogel, halb Mensch, wenngleich hübscher als die Harpyien. Wie Aiko in ihrer Dämonengestalt aussieht, hast du eben mitbekommen. Wir alle wurden in einen menschlichen Körper hineingeboren, innerlich sind wir jedoch etwas ganz anderes.«
    »So was wie die Menschenanzüge in Men in Black? «
    Macius kannte den Film anscheinend nicht, denn er starrte mich verwundert an. Dann räusperte er sich und nickte. »Wenn du es so nennen willst. Auf jeden Fall solltest du das Heim verlassen, zumindest so lange, bis wir die Ursache der Feindseligkeiten herausgefunden und beseitigt haben.«
    Wieder wanderte sein Blick zu Pheme, die nun die Arme vor der Brust verschränkte und den Kopf schieflegte.
    »Wir haben keine andere Wahl. Solange sie ihre Stimme nicht vollkommen ausgebildet hat, ist sie den Harpyien schutzlos ausgeliefert.
    Pheme seufzte. »Na gut, soll sie eben mit zu mir kommen!

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