Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
Fenster starrte. »Irgendwelche missratenen Göttersprösslinge oder so.«
»Göttersprösslinge?« Thomas fühlte sich hörbar wie im falschen Film. Doch was sollte ich sagen? Willkommen im Club!
»Ja, Götterkinder oder so. Du hast keine Ahnung, was hier los ist.«
»Und du?«
»Nicht wirklich. Meine … neuen Freunde wissen mehr.«
Thomas schnaufte. »In was sind wir hier bloß reingeraten?«
Das konnte ich ihm auch nicht sagen, aber wahrscheinlich würde er jemanden zum Anlehnen brauchen, nachdem er alles erfahren hatte. Wenn Macius ihm nicht irgendwie jegliche Erinnerungen löschte oder so.
»Ich habe dich bisher immer für normal gehalten«, gab Thomas, bemüht um ein ermutigendes Grinsen, zurück.
»Ich mich auch, aber dann sind wir zu den fliegenden Pilzen gegangen, und auf einmal war alles anders.« Ich seufzte, zog die Knie an und legte die Stirn darauf. Hätte es wirklich was geändert, wenn wir nicht zu dem Konzert gegangen wären? Ganz bestimmt nicht.
Den Rest des Weges schwiegen wir – bis wir schließlich an der Kreuzberger Autowerkstatt ankamen, Phemes Zuhause.
»Bist du dir sicher, dass deine Freundin hier wohnt?« Thomas reckte den Hals, damit er durch die Scheibe hindurch das Schild über dem Eingang sehen konnte.
»Ganz sicher«, platzte es aus mir heraus. Pheme war nicht umsonst so herumgelaufen.
Kaum waren wir ausgestiegen, rollte die Garagentür neben dem Eingang hoch, und die Graffiti, mit denen sie verziert war, entzogen sich langsam unseren Blicken. Dafür konnten wir einen Blick auf den Wagen werfen, der in der Garage stand.
Ich hatte nicht viel Ahnung von Autos, aber den Mustang auf dem Kühlergrill erkannte ich sofort. Der Wagen hatte einen geradezu monströsen Spoiler und einen Aufbau auf der Kofferhaube, der wohl Platz für den Motor bieten sollte. Der Lack glitzerte wie der Schminkkoffer eines Transvestiten, Perlmuttlack nannte man das oder so ähnlich. Natürlich war dieses Geschoss tiefergelegt und verfügte über Breitreifen. Wahrscheinlich wurde jede Tuner-Gang blass, wenn dieser Wagen ihren Weg kreuzte.
»Oh, Mann!«, entfuhr es Thomas, und er strahlte auf einmal, als seien wir nicht gerade nur knapp mordlustigen Harpyien entgangen. Welche Wirkung Autos auf Männer doch haben konnten! »So was habe ich das letzte Mal in diesem Film gesehen … Wie hieß er noch gleich?«
»Du meinst den Film, den ich eigentlich nicht sehen wollte, weil Körperteile darin herumfliegen?«, half ich ihm auf die Sprünge. »Das war nicht derselbe Wagen!«
»Aber so ähnlich.«
»He, sieh zu, dass du deinen Schrotthaufen aus meiner Einfahrt bewegst!«, donnerte eine Stimme hinter uns.
Pheme, die um die Ecke des Garagentors bog, funkelte Thomas wütend an.
»Äh, entschuldigen Sie, ich wusste nicht …«
»Los, fahr das Ding beiseite, sonst zerleg ich es mit dem Schneidbrenner.«
Den hatte sie zwar nicht zur Hand, aber die Ansage ließ Thomas förmlich zu seinem Wagen zurückhasten.
»Wer ist die Gestalt?«, wandte sie sich nun an mich.
»Mein Freu … Mein Kollege. Er hat mich hergefahren. Die Harpyien sind über das Wohnheim hergefallen. Sie haben meine Freundin getötet und …« Meine Stimme brach.
»Das war es also«, sagte Pheme rätselhaft und wandte sich um. »Aiko, schwing in die Hufe! Wir müssen los!«
Wenig später erschien die Japanerin mit einem Rucksack auf der Schulter. Es sah ganz so aus, als hätten die beiden gerade verreisen wollen.
»Wohin wollt ihr?«, fragte ich, während ich hörte, wie Thomas seinen Wagen wegfuhr.
»Du solltest besser fragen, wohin wir wollen«, entgegnete Aiko, während sie ihren Rucksack durch das offene Fenster des Wagens warf. »Du kommst natürlich mit.«
»Ich …«
»Und der Hampelmann da drüben auch! Wenn er die Harpyien gesehen hat, ist es besser, wir bringen ihn zu Macius. Der wird entscheiden, was wir mit ihm machen.«
Auf einmal hatte ich einen dicken Kloß in der Kehle.
»Ihr werdet ihm doch nichts tun, oder?«
Pheme musterte mich, als sei es selbstverständlich, dass Thomas einer Hirnwäsche oder schlimmerem unterzogen werden würde.
»He, du da!«, rief sie ihm zu. »Schwing dich in meinen Wagen. Wir machen eine Reise!«
Ein Mafioso hätte es nicht nachdrücklicher sagen können.
Thomas zuckte zusammen und blickte sorgenvoll zu seinem Auto.
»Was ist damit?«, fragte er.
»Lass deine Karre hier stehen, die klaut eh keiner!«, rief ihm Pheme zu, während sie sich hinter das Lenkrad des Mustang
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