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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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verweigern?«
    »Natürlich nicht«, räumte Cob ein. »Aber das hier ist etwas völlig anderes.«
    »Inwiefern? Bei uns in Tibbets Bach gab es keine Bannzeichner. Jeder fertigte selbst Siegel an, um sein Haus zu schützen. Diejenigen, die besonders geschickt darin waren, halfen denen, die es nicht so gut konnten. Und das taten sie, ohne etwas dafür zu verlangen. So ist es richtig. Wir Menschen dürfen nicht gegeneinander arbeiten, sondern wir müssen uns zusammenschließen, um die Dämonen zu vertreiben.«
    »Du kannst Fort Miln nicht mit Tibbets Bach vergleichen, Junge.« Cob setzte eine grimmige Miene auf. »Hier gibt es nichts umsonst. Wer kein Geld hat, endet als Bettler auf der Straße. Ich stelle eine Ware her, wie ein Bäcker oder ein Steinmetz. Warum sollte ich aus meinen Fähigkeiten keinen Profit schlagen?«
    Eine ganze Weile saß Arlen schweigend da. »Cob, warum bist du nicht reich?«, fragte er schließlich.
    »Was?« Cob verstand nicht, worauf der Junge hinauswollte.
    »Ich meine, warum bist du kein vermögender Mann wie Ragen? Du hast mir erzählt, früher hättest du als Kurier des Herzogs gearbeitet. Wie kommt es, dass du nicht in einer Villa wohnst und über eine Schar von Dienern verfügst, die dir jeden Handschlag abnehmen? Wieso musst du überhaupt als Bannzeichner arbeiten?«

    Cob blies langsam den Atem aus. »Reichtum ist eine höchst unsichere Angelegenheit, Arlen. Einmal besitzt man so viel Geld, dass man gar nicht weiß, was man damit anstellen soll, und dann kann es Knall auf Fall passieren, dass man sich auf der Straße wiederfindet und um einen Happen Essen bettelt.«
    Arlen erinnerte sich an die Bettler, die er bei seiner Ankunft in Miln gesehen hatte. Seitdem begegnete er ihnen immer wieder; er bekam mit, wie sie Dung stahlen und als Brennmaterial benutzten, damit sie nicht froren, und er wusste, dass sie in öffentlichen, siegelgeschützten Unterkünften schliefen. Auf Schritt und Tritt traf man sie in der Stadt, wo diese halb verhungerten Gestalten um Nahrung bettelten.
    »Was ist aus deinem Vermögen geworden, Cob?«, fragte er.
    »Ich lernte einen Mann kennen, der behauptete, er könne eine Straße bauen. Eine durch Siegel gesicherte Straße, die von hier bis Angiers reichen sollte.« Arlen setzte sich dicht neben Cob auf einen Schemel und lauschte fasziniert.
    »Man hat schon früher versucht, Straßen zu bauen«, fuhr Cob fort. »Ins Gebirge hinauf, zu den Minen des Herzogs, oder nach Hardens Hain im Süden. Kurze Strecken, keine volle Tagesreise lang, aber das hat gereicht, um dem Erbauer die Taschen zu füllen. Keine der Straßen war ein Erfolg. Wenn es eine Lücke im Netz gibt, und sei sie noch so klein, werden die Horclinge sie früher oder später finden. Und schlüpfen sie erst einmal hindurch …« Er schüttelte den Kopf. »Ich erklärte das dem Mann, aber der ließ sich nicht beirren. Er hatte einen Plan. Und der musste unweigerlich funktionieren. Das Einzige, was er noch brauchte, war Geld.«
    Cob sah Arlen an. »In jeder Stadt herrscht irgendein Mangel, dafür gibt es irgendetwas anderes im Überfluss. Miln besitzt Metalle und Stein, aber kein Holz. Angiers geht es genau umgekehrt. Beide Städte haben zu wenig Getreide und Vieh,
während Rizons Landwirtschaft mehr erzeugt, als es verwerten kann. Dafür fehlt es an hochwertigem Bauholz oder an Metallen zum Herstellen von Werkzeug. Lakton hat massenhaft Fisch, aber kaum etwas anderes.«
    Er unterbrach sich und schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich wirst du mich für einen Trottel halten, weil ich etwas für möglich hielt, von dem alle, angefangen vom Herzog bis zum gemeinen Mann, dachten, es sei nicht machbar. Aber die Idee ließ mich nicht mehr los. Ständig dachte ich: Angenommen, er schafft es doch! Lohnt es sich da nicht, jedes Risiko einzugehen? «
    »Ich glaube nicht, dass du ein Trottel bist«, entgegnete Arlen.
    »Deshalb gebe ich ja den größten Teil deines Lohns treuhänderisch in Verwahrung«, gluckste Cob. »Du würdest das Geld genauso verpulvern wie ich.«
    »Und was wurde aus der Straße?«, drängte Arlen.
    »Sie kam gar nicht zustande. Dafür sorgten die Horclinge. Sie töteten den Mann und alle Arbeiter, die ich für ihn angeheuert hatte, verbrannten die Siegelpfosten und Pläne … sie zerstörten einfach alles. Ich hatte mein gesamtes Vermögen in den Bau dieser Straße investiert, Arlen. Als dann alles zunichte gemacht wurde, besaß ich nichts mehr. Ich entließ sogar meine Dienerschaft, aber

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