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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Kräutersammlerinnen keinen Schlaf brauchen, was?« Sie kippte den Inhalt der Tasche aus, und Pergamentrollen kullerten über den ganzen Tisch.
    Eilig sortierten sie die Korrespondenz aus, die für die Patienten bestimmt war, dann griff Jizell aufs Geratewohl nach einem Bündel Rollen und überflog die Anschrift. »Die hier sind für dich«, sagte sie und reichte Leesha den Packen. Sie nahm einen anderen Brief in die Hand, öffnete ihn und fing an zu lesen.
    »Der hier ist von Kimber«, erzählte sie nach einer Weile. Kimber war auch eine von Jizells Schülerinnen, die sie in einen anderen Ort geschickt hatte, in diesem Fall nach Bauerngarten, einem Dorf, das einen Tagesritt entfernt im Süden lag. »Der Küferausschlag ist schlimmer geworden und hat sich noch weiter ausgebreitet.«
    »Sie brüht den Tee nicht richtig auf, das weiß ich einfach«, stöhnte Leesha. »Sie lässt ihn nie lange genug ziehen, und dann wundert sie sich, dass ihre Behandlung nicht anschlägt. Wenn ich nach Bauerngarten reisen muss, um ihr zu zeigen, wie man einen ordentlichen Heiltee kocht, dann schlage ich sie grün und blau!«
    »Das weiß sie«, lachte Jizell. »Deshalb schreibt sie dieses Mal auch an mich!«
    Das Lachen wirkte ansteckend, und bald stimmte Leesha mit ein. Leesha liebte Jizell. Wenn es die Situation erforderte,
konnte sie genauso hart sein wie Bruna, aber sie lachte viel und gern.
    Leesha vermisste Bruna sehr, und als sie an ihre alte Lehrerin dachte, wandte sie sich wieder dem Bündel Briefe zu. Heute war Vierttag, der Tag, an dem der wöchentlich erscheinende Kurier von Bauerngarten, dem Tal der Holzfäller und anderen im Süden gelegenen Ortschaften eintraf. Und tatsächlich, gleich auf dem ersten an sie gerichteten Brief erkannte sie die gestochen klare Handschrift ihres Vaters.
    Es war auch ein Brief von Vika dabei, und den las Leesha zuerst; wie immer verkrampften sich vor lauter Anspannung ihre Finger, bis sie sich davon überzeugt hatte, dass es Bruna immer noch gut ging.
    »Vika hat entbunden«, bemerkte sie. »Einen Jungen, Jame. Sechs Pfund und elf Unzen schwer.«
    »Ist das nicht schon ihr drittes Kind?«, fragte Jizell.
    »Das vierte«, korrigierte Leesha. Kurz nach ihrer Ankunft im Tal der Holzfäller hatte Vika Jona geheiratet, den man früher nur Jona das Kind genannt hatte, und der nun Fürsorger Jona hieß, und sofort angefangen, ihm Kinder zu gebären.
    »Dann wird sie wohl kaum nach Angiers zurückkommen«, lamentierte Jizell.
    Leesha lachte. »Ich denke, schon bei ihrem ersten Kind hat sie nicht mehr daran gedacht, ihre neue Heimat jemals wieder aufzugeben.«
    Es war kaum zu glauben, dass sieben Jahre vergangen waren, seit sie und Vika die Plätze getauscht hatten. Der zeitlich befristete Wechsel entpuppte sich als eine Dauerlösung, was Leesha nicht unbedingt missfiel.
    Unabhängig von Leeshas Plänen würde Vika im Tal der Holzfäller bleiben, und dort schien sie beliebter zu sein als Bruna, Leesha und Darsy zusammengenommen. Diese Vorstellung vermittelte
Leesha ein Gefühl der Freiheit, wie sie es sich nie hätte träumen lassen. Sie hatte versprochen, eines Tages in ihr Heimatdorf zurückzukehren, damit eine Kräutersammlerin sich um die Leute kümmern konnte, aber der Schöpfer hatte dieses Problem für sie gelöst. Nun stand es ihr völlig frei, über ihre Zukunft zu entscheiden.
    Ihr Vater schrieb ihr, er hätte sich eine Erkältung eingefangen, aber Vika würde ihn behandeln und er rechne mit einer raschen Genesung. Das nächste Schreiben stammte von Mairy; da ihre älteste Tochter bereits zur Frau erblüht und einem Mann versprochen war, würde sie wohl bald Großmutter werden. Leesha seufzte.
    In dem Bündel befanden sich noch zwei weitere Briefe. Fast jede Woche korrespondierte Leesha mit Mairy, Vika und ihrem Vater, aber ihre Mutter schrieb ihr weniger häufig und oftmals in einem anklagenden Ton.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Jizell, die von ihrer eigenen Lektüre hochblickte und Leeshas gerunzelte Stirn bemerkte.
    »Nur wieder mal meine Mutter«, erklärte Leesha beim Lesen. »Der Tonfall ändert sich je nach ihrer Laune, aber die Botschaft bleibt immer dieselbe: ›Komm nach Hause zurück und setze Kinder in die Welt, ehe du dafür zu alt wirst und der Schöpfer dir dieses Glück nicht mehr gewährt.‹« Jizell brummte etwas vor sich hin und schüttelte den Kopf.
    Elonas Schreiben war noch ein separates Blatt beigefügt, vermutlich ein Brief von Gared, obwohl er in Elonas Schrift

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