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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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wieder in die Nacht hinaus«, schluchzte er und streckte ihr eine verkrüppelte Hand entgegen. »Ich sollte schon vor langer Zeit sterben, und jeder, der versucht, mich zu retten, muss dafür mit seinem eigenen Leben bezahlen.«
    Leesha griff nach der verstümmelten Hand und sah dem Jungen ins Gesicht. »Das Risiko gehe ich ein«, erklärte sie und drückte seine Hand. »Wir Opfer müssen uns umeinander kümmern.
« Sie setzte ihm die Flasche mit dem Schlaftrunk an die Lippen, dann hielt sie seine Hand, um ihm Kraft zu geben, bis er eindöste.

    Die Musik einer Fiedel klang durch das Hospital. Die Patienten klatschten den Takt dazu, und die Schülerinnen tanzten, während sie ihre Arbeit verrichteten. Selbst Leesha und Jizell schienen beim Gehen mitzuwippen.
    »Und Rojer hat sich Sorgen gemacht, weil er die Behandlung nicht bezahlen kann«, sinnierte Jizell, als sie das Mittagessen zubereiteten. »Ich überlege mir schon, ob ich ihm nicht Geld geben soll, damit er nach seiner Genesung wiederkommt und die Patienten unterhält.«
    »Die Patienten lieben ihn, und die Mädchen auch«, stimmte Leesha zu.
    »Ich habe gesehen, wie du tanzt, wenn du glaubst, dass dich keiner sieht«, bemerkte Jizell.
    Leesha lächelte. Wenn Rojer nicht auf seiner Fiedel spielte, erzählte er Geschichten, die so spannend waren, dass die Schülerinnen am Fußende seines Bettes zusammenrückten, oder er zeigte ihnen Schminktricks, die ihm, wie er behauptete, die Kurtisanen des Herzogs beigebracht hatten. Jizell bemutterte ihn unentwegt, und alle Mädchen himmelten ihn an.
    »Er bekommt eine besonders dicke Scheibe Rindfleisch«, meinte Leesha, schnitt das Fleisch ab und legte es auf eine Servierplatte, die bereits mit Kartoffeln und Obst überladen war.
    Jizell schüttelte den Kopf. »Ich weiß wirklich nicht, wo der Junge das alles lässt«, wunderte sie sich. »Du und die anderen stopft ihn seit über einem Mond voll, und er ist immer noch dünn wie eine Bohnenstange.«

    »Mittagessen!«, brüllte sie, und die Mädchen pilgerten herein, um die Tabletts abzuholen. Roni steuerte sogleich auf die überladene Servierplatte zu, doch Leesha schob sie außer Reichweite. »Das hier serviere ich selbst«, erklärte sie und schmunzelte, als sie überall in der Küche enttäuschte Gesichter sah.
    »Rojer braucht mal eine Pause, um in Ruhe essen zu können«, erklärte Jizell. »Er soll keine Geschichten erzählen, während ihr Mädchen ihm das Fleisch klein schneidet. Ihr könnt ja später wieder über ihn herfallen.«
    »Die Vorstellung wird unterbrochen!«, rief Leesha, als sie in den Krankensaal rauschte, doch ihre Ankündigung war überflüssig. Sobald sie auftauchte, rutschte der Bogen kreischend von den Saiten der Fiedel ab. Rojer winkte lächelnd und kippte einen hölzernen Becher um, als er das Instrument zur Seite legen wollte. Seine gebrochenen Finger und der gebrochene Arm waren gut verheilt, aber seine Beinschienen hingen noch an Schnüren, und es kostete ihn Mühe, den kleinen Tisch neben seinem Bett zu erreichen.
    »Du musst heute aber sehr hungrig sein«, lachte sie, stellte das Tablett auf seinen Schoß und nahm ihm die Fiedel ab. Rojer warf einen zweifelnden Blick auf das üppige Essen, dann lächelte er sie an.
    »Ob du mir vielleicht helfen könntest, das Fleisch klein zu schneiden?«, fragte er und wedelte mit seiner verkrüppelten Hand.
    Leesha lupfte die Augenbrauen. »Wenn du auf deiner Fiedel spielst, scheinen deine Finger aber ganz geschickt zu sein. Wieso kannst du sie jetzt nicht bewegen?«
    »Weil ich beim Essen gern Gesellschaft habe«, erwiderte Rojer und lachte.
    Leesha schmunzelte, setzte sich auf die Bettkante und nahm Messer und Gabel in die Hand. Sie säbelte ein großes Stück
Fleisch ab, tunkte es in die Sauce und den Kartoffelbrei und führte den Happen an Rojers Mund. Beim Kauen lächelte er sie selig an, und aus dem Mundwinkel tropfte etwas Sauce. Unwillkürlich musste Leesha kichern. Rojers blasse Wangen liefen so rot an wie sein Haar.
    »Essen kann ich allein«, meinte er.
    »Soll ich dann nur das Fleisch schneiden und wieder gehen?«, fragte Leesha. Rojer schüttelte vehement den Kopf. »Dann sei still«, forderte sie ihn auf und fütterte ihn mit dem nächsten Bissen.
    »Das ist gar nicht meine Fiedel, weißt du«, murmelte Rojer, nachdem er eine Weile geschwiegen hatte, und warf einen Blick auf das Instrument. »Sie gehörte Jaycob. Meine eigene zerbrach, als …«
    Leesha runzelte die Stirn, als er

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