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Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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und denkt sogleich an den Jungen und an Antonina. Er traut weder Lilja noch Soso, aber er hat keine andere Wahl.
    Am Nachmittag, als Walentin wieder einmal zu Besuch bei Antonina ist, reitet Grischa zum Gut der Bakanews, um mit dem Verwalter über das Land zu reden, das er vor über einem Jahr kaufte – die zwölf Werst, die an Angelkow grenzen.
    Während des Ritts lässt er sich die Sache durch den Kopf gehen: Falls der Prinz auf seinen Vorschlag eingeht – was sind schon ein paar Werst für einen, der Tausende davon besitzt – und ihm unverzüglich das Geld dafür gibt, könnte Michail noch vor dem ersten Schnee wieder bei seiner Mutter sein. Doch er weiß, dass, selbst wenn der Prinz gewillt ist, das Land zurückzukaufen, er nicht damit rechnen kann, den Preis zu bekommen, den er ihm bezahlt hat. Aber jeder Betrag ist besser als nichts.

DREIUNDDREISSIG
    T ags darauf – es ist der zweihundertste seit Michails Verschleppung – lässt Lilja Grischa wissen, dass sie ihn wieder sprechen will.
    Grischa kommt durch den Hintereingang und stampft den Matsch von seinen Stiefeln. » Was willst du jetzt schon wieder? « , fragt er. Sein Blick fällt auf die volle Flasche Wodka auf dem Tisch. Diese Frau wird allmählich immer dreister, denkt er, jetzt bedient sie sich schon von dem Vorrat der Gräfin.
    » Setz dich « , sagt Lilja und schenkt für beide ein Glas ein. Dann schiebt sie ein Einweckglas mit eingelegten Perlzwiebeln und Roter Bete zu ihm hinüber. » Und? Hast du das Geld bekommen? «
    » Bald ist es so weit, spätestens in einer Woche. Es fehlen nur noch ein paar Unterlagen, außerdem ist der Prinz für ein paar Tage außer Haus. Ich bekomme das Geld erst, wenn er wieder zurück ist. «
    » Hm. Und was ist mit diesem Kropotkin? « , sagt sie und trinkt einen Schluck.
    Grischa hält sein Glas in der Hand und mustert sie.
    » Er verführt die Gräfin mit Musik und schönen Reden. Oh, ich sehe, wie sie ihn anschaut, wenn er sie mit süßen Worten umgarnt. «
    Grischas Griff um das Glas verstärkt sich.
    Lilja sieht, dass seine Fingerknöchel weiß hervortreten. » Wenn er ihr weiter so den Hof macht, glaubt er am Ende noch, er kann sie heiraten. «
    Grischa erhebt sich abrupt, und der Stuhl schrammt mit einem kratzenden Geräusch auf dem Holzboden zurück. » Was redest du da für ein Zeug? Er war ja nur ein paar Mal hier. «
    » Sechs Mal schon « , erwidert Lilja. » Während der vergangenen Wochen war er an sechs Nachmittagen hier, und morgen bleibt er sogar zum Abendessen, hat sie mir vorhin gesagt. «
    Grischa sieht sie mit wildem Blick an und leert sein Glas in einem Zug. » Sie hat erst vor Kurzem ihren Mann begraben. Du bist ja verrückt, wenn du behauptest, sie hätten etwas miteinander. «
    » Sie wäre nicht die erste Witwe, die Trost sucht. Wir müssen sie vor ihm beschützen, Grischa. Vielleicht sogar vor sich selbst. « Lilja bedeutet Grischa, sich wieder zu setzen. » Die Gräfin hat mit Raisa gesprochen: Sie soll aus dem letzten Stück gesalzenen Rindfleisch eine Suppe kochen und ein Huhn schlachten. Bestimmt wird sie auch eine der letzten Flaschen Wein für ihren Gast entkorken. Und glaubst du, dass er, wenn er zum Abendessen bleibt, danach sein Pferd sattelt und in der Kälte und Dunkelheit zurückreitet? Glaubst du das wirklich? Bestimmt bleibt er über Nacht. « Sie hält inne, um ihre Worte wirken zu lassen. » Das führt zu nichts Gutem, Grischa, er ist nicht gut für sie. «
    » Was findet sie nur an ihm? « , fragt Grischa und schenkt sich nochmals ein. » Er ist ein Leibeigener. «
    Lilja sagt in beiläufigem Ton: » Er war ein Leibeigener. Es wird ihm nicht schwerfallen, ihr Herz zu erobern. Sie ist einsam, Grischa. «
    Grischa, noch immer in seinem wattierten Mantel, wird es plötzlich zu warm in der Küche, die von einem prasselnden Herdfeuer erwärmt wird. Mit einer wütenden Bewegung streift er den Mantel ab und schenkt sich nach. Unvermittelt muss er daran denken, wie Antonina in der Datscha den Kopf in den Nacken legte und ihr Glas in einem Zug leerte. Wie verletzlich ihr langer, blasser Hals dabei aussah. Und genau das waren ihre Worte, bevor sie ihn ins Schlafzimmer führte: Ich bin einsam, Grischa.
    Sagt sie die gleichen Worte zu dem Geiger? » Du hast recht. Wir müssen die Gräfin vor ihm beschützen. «
    Lilja schiebt ihm die Flasche hin. » Als Witwe kann sie mit Angelkow machen, was sie will. « Sie schüttelt den Kopf, nimmt sich eine Scheibe Rote Bete und knabbert

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