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Das Lied der Luege

Das Lied der Luege

Titel: Das Lied der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Martin
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erledigen.«
    Er hielt sie jedoch am Arm fest.
    »Ich kam nicht umhin, deinen kleinen … Disput mit dem Herrn dort drüben zu verfolgen«, sagte er. »Dabei sah ich dich allerdings nur von hinten und habe dich nicht gleich erkannt. Wohl auch, weil ich dich nicht mehr unter den Lebenden wähnte. Sie wollen dir also kein Geld auszahlen, weil du dich nicht ausweisen kannst?«
    Susan nickte. Sie sah keinen Grund, zu leugnen, und Stephen hatte die Sache ohnehin mitbekommen.
    »Bei dem Untergang habe ich alle meine Papiere verloren«, wiederholte sie. »Ich werde mir natürlich so schnell wie möglich neue ausstellen lassen, bis dahin benötige ich jedoch etwas Geld.«
    »Vielleicht kann ich dir …«
    »Auf keinen Fall!« Heftig wies Susan Stephens Angebot ab. »Auf meinem Konto bei dieser Bank ist genügend Geld, man will es mir nur nicht geben, solange ich keinen gültigen Pass vorlegen kann.«
    Stephen lachte und berührte kurz Susans Schultern.
    »Immer noch die gleiche ungestüme Susan, die einen nicht aussprechen lässt. Ich wollte lediglich sagen, dass ich dir vielleicht helfen kann. Komm, sehen wir zu, dass du an dein Geld kommst.«
    In Susan glomm Hoffnung auf. Sosehr es ihr auch widerstrebte, Stephens Hilfe anzunehmen, vielleicht konnte er mehr erreichen als sie.
    Der Bankangestellte schaute auf, als Stephen an den Schalter trat. Er erkannte den Kunden sofort.
    »Sir Polkinghorn, es ist mir eine Ehre«, sagte er unterwürfig, dann fiel sein Blick auf Susan, die hinter Stephen stand. »Ich hoffe, die Frau hat Sie nicht belästigt, Sir?«
    Stephen runzelte die Stirn.
    »Ich hörte, es gibt Schwierigkeiten, der Dame ihr Geld auszubezahlen?«
    »Äh …« Die Wangen des Mannes färbten sich rot. »Sir Polkinghorn, Mylord … Das ist nicht so einfach, sie hat keine Papiere, wissen Sie …«
    »Papperlapapp!« Stephen wischte den Einwand zur Seite. »Wenn es Sie überfordern sollte, eine entsprechende Auszahlung zu machen, dann möchte ich sofort mit Mr. Manson oder mit Mr. Hailsham sprechen. Ich bin sicher, einer der Herren wird den Wünschen der Dame nachkommen.«
    Der Kopf des Angestellten wurde puterrot, verlegen knetete er seine Finger.
    »Ich weiß nicht, ob das möglich ist …«
    Erneut wurde er von Stephen unterbrochen, der nun seine Stimme hob und die ganze Arroganz eines Aristokraten ausspielte.
    »Es wäre sehr bedauerlich, wenn keiner der Herren Inhaber für einen ihrer besten Kunden etwas Zeit erübrigen könnte. Ihnen ist sicher bekannt, dass meine Frau, die ehemalige Lady Veronica Allerby, sowie deren Familie bei Ihrem Haus ebenfalls mehrere Konten unterhält. Es würde uns äußerst betrüben, wenn sich unsere Familie nach einem Institut umsehen müsste, in dem die Kunden besser betreut werden. Meinen Sie nicht auch, mein Herr?«
    Flink wie ein Wiesel sprang der Mann hinter dem Tresen vor.
    »Folgen Sie mir bitte, Mylord.«
    Susan unterdrückte ein Grinsen, als sie dem Mann durch ein breites Treppenhaus in das oberste Stockwerk folgte. Es war ein Glücksfall, Stephen Polkinghorn getroffen zu haben. Sobald sie ihr Geld hatte, würde sie sich bei ihm bedanken, ihm jedoch unmissverständlich klarmachen, dass sie auf eine weitere Bekanntschaft keinen Wert legte.
    Mr. Manson, einer der beiden Inhaber des Bankhauses, erhob sich hinter seinem Schreibtisch und kam mit ausgestreckten Händen auf Stephen zu, als er und Susan das pompöse und mit schweren, dunklen viktorianischen Möbeln eingerichtete Büro betraten. In knappen Worten schilderte Stephen Susans Problem, und Mr. Manson forderte den Angestellten auf, ihm unverzüglich die Bücher zu bringen. Während sie warteten, sagte Stephen: »Mr. Manson, ich bestätige hiermit mit meinem Ehrenwort, dass es sich bei der Dame um Mrs. Susan Hexton handelt. Sie war Passagierin auf der Titanic und hat nur durch einen glücklichen Umstand überlebt. Sie werden jedoch verstehen, dass sich meine Bekannte im Moment nicht ausweisen kann. Ich denke, es dürfte kein Problem sein, ihr trotzdem eine gewisse Summe von ihrem Konto auszubezahlen?«
    »Sicher doch, Sir, Sie brauchen mir nicht Ihr Ehrenwort zu geben.« Auch Mr. Manson schien großen Respekt vor Stephen zu haben, wie Susan feststellte. »Sobald mir die Bücher vorliegen, werde ich die Auszahlung persönlich in die Wege leiten.«
    Sie mussten nur wenige Minuten warten, dann lagen die erforderlichen Unterlagen vor Mr. Manson auf dem Schreibtisch. Susan wähnte sich schon am Ziel, doch dann

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