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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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doch, Junge, du hast sie herbegleitet. Da lief wohl auch schon was zwischen euch, ja?«
    Thomas war vom Pferd gesprungen und näherte sich Patrick jetzt in bedrohlicher Haltung. Elaine erschrak, als er ihn am Kragen packte.
    Patrick machte das zwar offensichtlich keine Angst; er schien eher bereit, es mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Doch Elaine übertrug ihre eigene, panische Furcht auf den jungen Mann. Thomas konnte Patrick schlagen, er konnte ihn umbringen, und dann ...
    Elaines Angst nahm ihr jede Fähigkeit zum logischen Denken. Starr vor Schreck beobachtete sie die sich anbahnende Rangelei zwischen den Männern. Sideblossom und O’Mally wechselten zornige Worte, doch Elaine nahm nichts davon auf. Sie war wie in Trance. Wenn Thomas Patrick etwas antat ... wenn er ihn verschwinden ließ ... dann würden Fleurette und Ruben nie von ihr erfahren, es gab keine Hoffnung und ...
    Elaine zitterte, überlegte fieberhaft. Dann fiel ihr etwas ein. Ruben O’Keefe schickte seine Männer nicht völlig hilflos auf die Straße. Zwar war die Südinsel nicht gerade eine Räuberhöhle, aber ein mit wertvollen Waren, mitunter auch Spirituosen beladener Frachtwagen konnte Begehrlichkeiten wecken. Deshalb lag ein Revolver unter jedem Sitz der Lieferwagen des O’Kay Warehouse. Da war er leicht zu erreichen; der Fahrer konnte ihn mit einem Griff zutage fördern.
    Elaine erwachte aus ihrer Starre und schob sich näher an den Bock des Lieferwagens. Thomas und Patrick nahmen keine Notiz von ihr. Nach wie vor pöbelten sie einander an und schubsten sich – eigentlich nichts Gefährliches, doch in Elaines überreiztem Geist wirkte es schrecklich bedrohlich. Sie betete, dass die Waffe wirklich da war ... und tatsächlich: Gleich beim ersten Mal ertastete ihre Hand kalten Stahl. Wenn ich nur wüsste, wie man das Ding benutzt!, fuhr ihr durch den Kopf.
    Doch plötzlich – Elaine wog die schwere Waffe noch in der Hand – beruhigten sich die Gemüter der Männer. Patrick O’Mally hatte offenbar eingesehen, dass es wenig Sinn hatte, sich mit einem Schafbaron auf dessen eigener Farm zu prügeln wie in einem Pub. Er empfand Thomas’ Reaktion als völlig überzogen, ja verrückt. Von solchen Leuten hielt man sich am besten fern. Allerdings würde er Ruben O’Keefe davon erzählen. Es wurde Zeit, dass hier mal jemand nach dem Rechten sah, der mehr Einfluss hatte als ein kleiner Gespannführer.
    Patrick hörte also auf, sich zu wehren, und sagte beschwichtigend: »Ist ja gut, Mann, nun kriegen Sie sich mal wieder ein! Ich hab Ihrer Lady doch nichts getan, nur das Pferd hab ich ihr gebracht. Wir waren ja nicht mal allein. Ihre Stallburschen ...«
    »Meine Stallburschen sind ein nicht minder lüsterner Haufen!«, wetterte Thomas, ließ jetzt aber immerhin zu, dass Patrick sich seinem Wagen wieder näherte. »Und du verschwindest hier, verstanden? Wenn ich dich auf dieser Farm noch einmal sehe, jag ich dir eine Ladung Schrot in den Balg!«
    Elaine stand immer noch neben dem Bock, aber jetzt zog sie sich hastig zurück – und verbarg vor allem die Waffe in den Falten ihres Kleides. Nicht auszudenken, wenn Thomas sie bei ihr fand. Eigentlich hätte sie das Ding an Pat zurückgeben müssen. Doch der Revolver fühlte sich gut an; er gab Elaine Sicherheit – auch wenn sie noch nicht wusste, wie man damit umging. Jetzt jedenfalls hatte sie ihn; sie konnte ihn in ihren Truhen verstecken und später herausfinden, wie er funktionierte. Schweigend beobachtete sie, wie Patrick auf den Bock stieg und die Pferde nach einem kurzen Gruß in Gang setzte. Dabei traf sie ein bedeutsamer Blick. Pat hatte verstanden – er würde ihr Hilfe schicken.
     
    Vorerst aber verschlechterte sich Elaines Situation. Patricks Besuch schien Thomas’ Wahn verstärkt zu haben. Er ließ Elaine praktisch nicht mehr unbewacht. Panik stieg in ihr auf, wenn sie den Westflügel morgens verschlossen fand. Einmal war sie sogar nahe daran, aus dem Fenster zu klettern.
    Thomas rächte sich gnadenlos für ihr kleines Gespräch mit dem jungen Fahrer. Am Tag nach dem Besuch war ihr Körper so geschunden und mit blauen Flecken übersät, dass sie nicht aufstehen konnte. Pai und Rahera brachten ihr das Frühstück ans Bett und waren ratlos.
    »Das nicht gut!«, meinte Rahera. »Nicht gibt bei mein Stamm.«
    »Im Waisenhaus gab es das schon«, erklärte Pai. »Wir wurden immer verprügelt, wenn wir was falsch gemacht hatten. Aber so ... und Sie haben doch auch gar nichts getan, Miss

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