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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Wut zunächst an allen anwesenden Maori-Mädchen und -Frauen aus, schickte dann aber hektisch Boten in Richtung Wanaka, um irgendwo eine Hebamme aufzutreiben. Er selbst postierte sich vor Zoés Zimmern, anscheinend ernstlich besorgt um seine Frau – oder doch wenigstens das Kind, von dem er sicher annahm, dass es ein Junge würde. Gemeinschaftlich hielten die Eheleute sämtliche Haus- und Küchenmädchen auf Trab. Zoé bat abwechselnd mit schwacher Stimme um Tee oder Wasser und schrie hysterisch auf, wenn sie eine Wehe erfasste. Sie fürchtete sich offensichtlich zu Tode und rief jammernd nach Emere, die sich aber nach wie vor nicht blicken ließ.
    Elaine schien man bei alledem völlig vergessen zu haben. Niemand beobachtete sie, und Thomas hatte ihre Räume an diesem Tag auch nicht verschlossen. Er war auf der Farm unabkömmlich. Da sein Vater abwechselnd schimpfend und lamentierend vor Zoés Schlafzimmer Wache hielt und schon eine halbe Flasche Whisky geleert hatte, blieb die Beaufsichtigung der Schafscherer allein ihm und seinen Vorarbeitern überlassen. Letzteren trauten die Sideblossoms nicht – Thomas würde sich also kaum von den Scherschuppen wegbewegen.
    Elaine täuschte vor, an einer Stickerei zu arbeiten, doch ihre Gedanken rasten. Sollte sie es wagen? Wenn sie Banshee unbemerkt aus dem Stall bekam, konnte sie in drei Tagen in Queenstown sein. Sie brauchte sich nicht mal Sorgen um die Route zu machen, denn garantiert fand das Pferd den Weg in die alte Heimat wieder. Im Stall der Sideblossoms fühlte die Stute sich noch nicht heimisch; wenn man ihr die Zügel freigab, lief sie wahrscheinlich nach Hause, so schnell sie konnte. Natürlich würde es nicht einfach sein, späteren Verfolgern zu entkommen, aber mit sechs bis acht Stunden Vorsprung konnte sie es schaffen. Banshee war stark, sie brauchte nicht lange zu rasten. Elaine würde der Gewaltritt mehr zusetzen als dem Pferd. Aber das spielte keine Rolle. Elaine wäre Tag und Nacht geritten, wenn sie nur wieder nach Hause kam. Und was immer auch geschah, sie würde sich nicht überreden lassen, zu Thomas zurückzukehren! Bestimmt würden ihre Eltern sie unterstützen; Fleurette wusste schließlich aus eigener Erfahrung, was von den Sideblossoms zu halten war.
    Aus Zoés Räumen drangen erneut Schreie. Alle im Haus waren abgelenkt.
    Wenn sie es jetzt nicht tat, tat sie es nie!
    Elaine rannte in ihr Schlafzimmer und raffte ein Bündel zusammen. Viel brauchte sie nicht, doch einen Umhang und ein Reitkleid musste sie mitnehmen. Natürlich konnte sie sich jetzt nicht mehr umziehen, aber ein drei- oder viertägiger Ritt in ihrem Hauskleid, noch dazu durchs Gebirge, in dem es jetzt noch empfindlich kalt war – das wollte sie sich doch nicht zumuten. Auf alles andere verzichtete sie, obwohl es natürlich schön gewesen wäre, etwas Proviant oder wenigstens Zündhölzer bei sich zu haben. Aber in die Küche zu schleichen war zu riskant, und so schnell würde sie es ohnehin nicht wagen, in der Wildnis ein Feuer zu entzünden.
    Elaine ließ also nur den Revolver in die Tasche ihres Hauskleides gleiten, bevor sie hinauslief. Sie warf keinen Blick zurück. Das brachte Unglück, hatte ihr Großvater James McKenzie einmal erzählt. Wer ein Gefängnis verlässt, muss immer nur nach vorn schauen.
    Elaine gelangte schnell und ungesehen in die Ställe, wo Banshee und der kleine Khan sie sofort mit Wiehern begrüßten. Banshee musste sich in der vergangenen Woche zu Tode gelangweilt haben. Sie scharrte ungeduldig, als Elaine an ihrer Box vorbei in Richtung Sattelkammer eilte. Dort wartete auch Callie; Pita schloss sie ein, wenn er arbeitete und sie nicht beaufsichtigen konnte. Die kleine Hündin machte sich sonst sofort auf die Suche nach Elaine, durfte neuerdings aber nicht mehr ins Haus. Zoé hatte während der Schwangerschaft angeblich eine Tierhaarallergie entwickelt.
    Nun, das war jetzt auch vorbei. Elaine spürte langsam Freude und Abenteuerlust in sich aufsteigen. Hoffentlich hatte Pat daran gedacht, ihren Sattel mitzubringen! Die Pferde der Sideblossoms waren durchweg schmaler als Banshee. Aber da hing der Sattel ... Gott sei Dank nicht der Damensattel, der stundenlange Galoppaden zur Tortur gemacht hätte. Elaine griff nach dem Sattel und nahm auch gleich das Zaumzeug mit. Zum Putzen blieb keine Zeit, doch im Stall hatte Banshee sich ja ohnehin nicht schmutzig gemacht. Elaine zäumte sie rasch auf und sattelte sie noch in der Box. Der Sattel wies Lederriemen auf,

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