Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
Dach mit Paddy Holloway schlief, auch wenn er ihr eben ein Zimmer anbot. Überhaupt war der Kerl seltsam. Wieso suchte er ein Mädchen, das Klavier spielte? Die meisten Barpianisten waren Männer; wenn Holloway jemanden brauchte, hätte er nur in Christchurch oder Blenheim inserieren müssen.
    Das Lucky Horse schien die Konkurrenz zu sein, womöglich der Puff, von dem das Mädchen in Westport gesprochen hatte. Kura überlegte, ob sie dort auch noch nachfragen sollte, bevor sie Holloway zusagte. Aber dafür war sie zu erschöpft. Sie wäre schon froh, wenn es ihr gelänge, ein annehmbares Zimmer aufzutreiben und die Gäste des Wild Rover gut genug zu unterhalten, um das Zimmer auch bezahlen zu können.
    »Vielleicht spielen Sie mir mal was vor?«
    Kuras anhaltendes Schweigen schien den Wirt jetzt doch zu irritieren. Kaufte er womöglich die Katze im Sack?
    Kura ließ sich seufzend auf dem wackeligen Klavierhocker nieder und spielte das 
Albumblatt für Elise
. Holloways Geschmack traf sie damit nicht. Also doch kein echter, hochgebildeter Musikliebhaber, den das launische Schicksal in dieses Kaff verschlagen hatte. Kura überraschte das nicht wirklich; sie hatte sich längst abgewöhnt, solche Märchen zu glauben. Inzwischen verließ sie sich meist auf den ersten Eindruck und wurde dabei selten enttäuscht. Egal, was Heather Witherspoon ihr in ihrer Kindheit erzählt hatte. Ein Frosch war ein Frosch, kein Prinz.
    Der Wirt verzog das Gesicht und unterbrach ihren Vortrag.
    »Klingt ziemlich tot«, bemerkte er. »Kannst du nicht was Fröhlicheres? Was Irisches? Den 
Wild Rover
 zum Beispiel?«
    Kura war es gewöhnt, dass die Kerle spätestens ab dem dritten Satz anfingen, sie zu duzen. Darüber regte sie sich längst nicht mehr auf. Immerhin nahm sie noch einmal allen Stolz zusammen und sang die 
Habanera
 aus Carmen statt das gewünschte schlichte Trinklied.
    Paddy Holloway war wider Erwarten sehr angetan.
    »Kannst ja wirklich singen!«, meinte er begeistert. »Und Klavierspielen kannste auch! Ich würde fast sagen, sogar noch besser als Madame Clarisse’ verhuschte kleine Lainie. Wie wär’s? Drei Dollar die Woche ?«
    Kura überlegte kurz. Das war mehr, als sie meistens verdiente. Wenn sie tatsächlich ein paar Wochen hierblieb, konnte sie sich ein wenig erholen und über ihre Zukunft nachdenken. Stellte sich nur die Frage nach einer angemessenen Unterkunft. Und an den Preisen war sicher noch etwas zu machen.
    »Nicht unter vier Dollar«, beschied sie den Wirt und schenkte ihm dabei routiniert einen verführerischen Augenaufschlag.
    Paddy Holloway nickte bereitwillig. Er hätte unzweifelhaft auch fünf Dollar bezahlt.
    »Und zwanzig Prozent von jedem Drink, den die Kerle mir spendieren«, fügte Kura hinzu.
    Der Wirt nickte wieder. »Aber Tee statt Whisky!«, schränkte er ein. »Wenn du echten Schnaps willst, verdien ich nichts dran.«
    Kura seufzte. Sie mochte keinen kalten, ungesüßten Tee, aber im Moment war das nicht so wichtig. »Dann sind wir im Geschäft. Aber ich brauche noch ein Zimmer. Ich habe nicht die Absicht, hier im Pub zu wohnen.«
    Paddy Holloway hatte keine Ahnung, wer in diesem Ort Zimmer vermietete. Wenn er Laufkundschaft hatte, ließ er sie im Stall schlafen – nach einem Abend im Wild Rover konnten sie ohnehin kein Bett mehr von einem Strohballen unterscheiden. Immerhin erklärte er Kura grinsend, das nächstliegende »Hotel« käme nicht in Frage, wobei sein Gesichtsausdruck alles erklärte. Damit hatte Kura gerechnet. Sie hoffte längst nicht mehr auf ehrbare, erschwingliche Etablissements wie das White Hart in Christchurch, wenn von Hotels die Rede war.
    Da Paddy ihr kaum weiterhelfen konnte, verabschiedete sie sich erst einmal und machte sich selbst auf die Suche nach einer Bleibe. Vielleicht hing ja irgendwo ein Schild an der Straße, das auf Zimmervermietungen hinwies.
    Kura ließ ihr Pferd langsam durch den Ort schreiten und entdeckte dabei zunächst das Lucky Horse. Eine bunte, frisch gestrichene Fassade, sauber gefegte Terrasse, geputzte Fenster und ein Schild ›HOTEL UND PUB‹ über dem Eingang. Das Mädchen in Westport hatte Recht gehabt. Dies war zwar zweifellos ein Pub mit angeschlossenem Freudenhaus, aber es gehörte ganz entschieden zu den besseren seiner Sorte.
    Kura verspürte Bedauern. Das Lucky Horse wirkte weitaus attraktiver als das Wild Rover. Konnte sie denn nie etwas richtig machen? Müde steuerte sie zunächst den Mietstall an und fand hier immerhin eine

Weitere Kostenlose Bücher