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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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in den Kleinstädten kam das deutlich besser an als Kuras Opernrepertoire; einmal sogar luden ein paar Maori-Viehhüter sie ein, vor ihrem Stamm zu singen und zu spielen. Kura genoss dieses Konzert gemeinsam mit den 
tohungas
des Stammes, ließ sich von ihren Musikern auf 
putorinos
 begleiten und sang zur Aufführung verschiedener 
haka
. Schließlich schenkte ihr der Stamm eine der 
putorino
-Flöten, und Kura fügte von da an auch dieses ungewöhnliche Instrument in ihre Aufführungen ein. Sie hatte von ihrer Mutter gelernt, diese Flöte zu spielen, und beschwor sogar die
wairua
-Stimme. Die notwendige Technik war ihr immer leicht gefallen, aber sie hatte natürlich auch schon als kleines Mädchen damit begonnen. Leider wussten ihre Zuhörer diese Kunst kaum zu schätzen. Denn selbst wenn Maori-Musik lieber gehört wurde als Opern – wenn Kura im Pub auftrat, wollten die Menschen die alten Lieder aus ihrer Heimat hören. Kura spielte also Balladen und Trinklieder aus Irland und Wales und ärgerte sich über ihr Publikum, das mitunter sogar mitsang oder tanzte. Und der Verdienst bei alledem reichte ihr gerade, den Lebensunterhalt für sich und das Pferd zu bestreiten.
    Kura schlug sich mit aufdringlichen Männern herum, die glaubten, eine Sängerin sei selbstverständlich auch ein käufliches Mädchen. Sie sprach mit Engelszungen auf ehrbare Matronen ein, die zwar Zimmer vermieteten, aber nicht an »dahergelaufene Schausteller«. Sie versuchte Pastoren davon zu überzeugen, dass sie ihren Schäfchen wertvolles Kulturgut nahebrachte und das Gemeindezentrum dafür kostenlos nutzen wollte, falls möglich. Manchmal gab sie sogar Konzerte in Dorfkirchen. Hatte sie es wirklich mal als unter ihrer Würde empfunden, in Haldon das Bach-Oratorium vorzutragen?
    Nach fast einem Jahr auf der Straße war Kura müde. Sie mochte nicht mehr reisen, sie mochte am Abend keine regenklammen Kleider aus einem oft schlammbedeckten Koffer ziehen. Sie mochte keine Verhandlungen mehr mit schmierigen Kneipenwirten.
    Mitunter dachte sie sogar daran, irgendwo sesshaft zu werden. Zumindest ein paar Monate lang, wenn sie nur ein Engagement hätte. Das bot man ihr allerdings nur dann an, wenn sie bereit war, die Männer auch anderweitig zu unterhalten.
    »Warum machst du’s nicht einfach?«, fragte ein Mädchen in Westport, das vielleicht zwanzig war, aber wie vierzig aussah. »So eine wie du würde sich dumm und dämlich verdienen! Und du könntest dir die Kerle aussuchen, mit denen du ins Bett gehst!«
    Was das betraf, verspürte Kura manchmal fast so etwas wie Versuchung. Die Liebe fehlte ihr. Oft sehnte sie sich nach einem festen Männerkörper. Fast jede Nacht träumte sie von William, und auch auf den langen Fahrten über Land gab sie sich Tagträumen hin. Wo mochte er jetzt sein? Kiward Station hatte er ja wohl verlassen. Mit seiner Miss Witherspoon? Kura konnte sich eigentlich nicht vorstellen, dass Heather auf Dauer fähig wäre, ihn zu halten. William war auch so ein Fehler gewesen ... und dabei glaubte sie immer noch, dass sie mit ihm hätte glücklich werden können. Wenn da nur nicht diese Farm gewesen wäre, dieses vermaledeite Kiward Station! Die Farm hatte ihr William weggenommen. Wenn es nur sie beide gegeben hätte, wären sie längst in London, und Kura würde rauschende Erfolge feiern. Sie träumte von Auftritten vor vollen Häusern und Nächten in Williams Armen. Roderick hatte da nie mithalten können. Und Tiare ... Bei ihrem Besuch im Maori-Lager bei Nelson, aufgeputscht von einem Abend mit Musik und Gesang und vor allem dem sinnlichen Tanz der Maoris, hatte sie dem Verlangen schließlich nachgegeben und mit einem jungen Mann das Lager geteilt. Es war nett gewesen, aber mehr auch nicht. An die Ekstase mit William kam es nicht heran. Und die Männer in ihren Konzerten, die oft heimwehkranken Matrosen und Bergleute, die sich um sie bemühten? Einige hatten schöne, durchtrainierte Körper. Aber sie waren schmutzig nach der Arbeit im Bergwerk oder stanken nach Tran und Fisch. Bislang hatte Kura sich nie überwinden können, obwohl ihr ein paar Dollar mehr manchmal äußerst willkommen gewesen wären.
    Das Mädchen in Westport deutete ihr Schweigen als ernsthafte Überlegung. »Der Laden hier ist natürlich das Letzte«, bemerkte sie. »Nicht deine Klasse. Ich hau hier auch bald ab. Aber in Greymouth soll ’n ordentlicher Puff sein. Gehört angeblich einer Frau, natürlich auch ’ner Nutte, aber jetzt macht sie auf

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