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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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den Mund zu schieben. Dabei verschluckte er sich und musste husten.
    »Iss langsam, Kleiner!«, brummte Matt. »Heute stürzt nichts mehr über dir zusammen. Und wenn meine Nase mich nicht täuscht, machen unsere Damen dir auch noch Suppe heiß.«
    Elaine wartete ungeduldig, bis der Junge geschluckt hatte.
    »Roly, was war mit Mr. Lambert?«, drängte sie dann. Sie hätte den Jungen am liebsten geschüttelt.
    »Er war zwischendurch immer wieder wach. Am Anfang länger, aber dann ging’s ihm ziemlich schlecht ... er hat gestöhnt und gesagt, wie dunkel es ist, und ich hab wohl auch geheult ... Aber dann hab ich gehört, dass irgendwo im Stollen gegraben wird, und da dachte ich, sie holen uns raus, und ich hab geschrien und getrommelt, aber Mr. Lambert hat das gar nicht mehr so mitgekriegt. Sie müssen ihm auch was zu trinken geben, unbedingt!« Das schien Roly jetzt erst einzufallen, und er schaute beinahe schuldbewusst auf seine Teetasse. »Er hat immer nur gesagt, wie durstig er ist.«
    Rolys Worte machten Elaines Herz auch nicht leichter. Zumal sie jetzt laute Stimmen und Weinen aus dem Kontor nebenan hörte. Matt vernahm es ebenfalls und blickte besorgt.
    »Vorhin hat sein Herz noch kräftig geschlagen«, meinte er dann, um Lainie zu trösten.
    Die aber hielt es jetzt nicht mehr aus. Entschlossen ging sie auf die Tür zu und schob sich hinein. Sollte Dr. Leroy sie rauswerfen – erst wollte sie sehen, ob Tim lebte.
    Doch der Arzt und seine Gattin hatten vorerst anderes zu tun, als Elaine auch nur zu bemerken. Berta kümmerte sich um Nellie Lambert, die jämmerlich weinte, während Dr. Leroy versuchte, den lamentierenden Marvin Lambert zu beruhigen.
    »Das war typisch Timothy! Nur Unsinn im Kopf! Ich hab’s ihm immer gesagt, die Kerle sind es nicht wert, dass man sich für sie einsetzt. Aber nein, er wollte sie partout ständig vor irgendetwas retten! Unter Einsatz der eigenen Gesundheit! Konnte er die Bergungsmaßnahmen nicht von hier aus leiten? Dieser Steiger, dieser Matt Gawain, der war schlauer! Der stürzt sich nicht gedankenlos in irgendwelche Abenteuer und kommt als Krüppel zurück!«
    »Matt Gawain ist seit Stunden in der Mine«, begütigte Dr. Leroy. »Und Ihr Sohn konnte nicht wissen, dass es zu weiteren Explosionen kommt. Andere Leute würden sagen, er wäre ein Held.«
    »Schöner Held!«, höhnte Marvin. »Wollte wahrscheinlich auf eigene Faust die Verschütteten ausgraben. Jetzt sehen wir ja, was er davon hat!« Er klang bitter, aber Elaine roch auch immer noch die Whiskyfahne. Wahrscheinlich machte sich hier nur Erleichterung auf bösartige Weise Luft.
    Elaine folgte dem Blick des alten Lambert zu Tims schmaler Gestalt auf dem Bett. Gott sei Dank war er immer noch ohne Bewusstsein, sodass ihm die Reaktionen seiner Eltern erspart blieben. Sein Gesicht wirkte grau, ebenso sein Haar. Jemand hatte ihm den Kohlestaub zwar flüchtig abgewaschen, doch in den Poren und den Lachfältchen, die so charakteristisch für ihn waren, saß immer noch fettiger Schmutz. Zu ihrer Erleichterung sah Elaine, dass seine Brust sich gleichmäßig hob und senkte. Er war also am Leben. Und jetzt, da man eine Decke über ihn gebreitet hatte, sah er auch nicht mehr gar so verrenkt und zerschlagen aus.
    Marvin Lambert hielt kurz den Mund, während seine Frau zu neuen Tiraden ansetzte.
    »Und nun wird er lahm bleiben. Mein Sohn ... ein Krüppel!« Nellie Lambert schluchzte, während Berta Leroy aussah, als würde sie sich gleich auf beide Lamberts stürzen.
    Theatralisch brach Nellie über Tims Bett zusammen. Der Verletzte stöhnte im Schlaf.
    »Sie tun ihm weh!«, sagte Elaine, die den Wunsch verspürte, die hysterische Frau von ihrem Sohn wegzureißen. Doch sie nahm sich zusammen und zog Mrs. Lambert sanft fort, bevor Berta energischer einschreiten konnte. Nellie flüchtete sich in die Arme ihres Mannes.
    Elaine warf einen flehenden Blick zu Dr. Leroy. »Was hat er denn nun wirklich?«, fragte sie leise.
    »Komplizierte Beinbrüche«, antwortete Berta rasch. Anscheinend wollte sie nicht, dass die genaueren Auskünfte ihres Mannes noch jemanden in Hysterie stürzten. »Und eine gebrochene Hüfte. Ein paar Rippen hat’s auch erwischt ...«
    »Ist er gelähmt?«, fragte Elaine. Das Wort »Krüppel« brannte in ihrem Kopf. Sie war inzwischen näher an Tims Bett getreten und verspürte das Bedürfnis, ihn zu berühren, über seine Stirn zu streicheln oder ihm den Schmutz von der Wange zu wischen. Aber dann wagte sie es doch

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