Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
heute noch nach Hause bringen, Berta?«, fragte Dr. Leroy unwillig. »In dem Zustand?«
    Berta Leroy zuckte die Schultern. »Sein Zustand wird sich in den nächsten Wochen kaum ändern. Abgesehen davon, dass er morgen wach sein wird und jedes Schlagloch spüren kann. Diese Tortur können wir ihm doch wohl ersparen.«
    Elaine fragte sich allmählich, wer in der Praxis der Leroys eigentlich der Arzt war.
    »Aber diese Familie ...«
    Berta unterbrach ihren Mann und wandte sich energisch an Elaine.
    »Worauf warten Sie noch, Mädchen? Ab in den Stall!«
    Elaine lief hinaus. Im Grunde fand sie, dass Dr. Leroy Recht hatte. Wenn sie Tim ins Haus der Lamberts brachten, würde sein Vater ihn morgen mit Vorwürfen überhäufen, und seine Mutter würde sich vor Verzweiflung nicht einkriegen. Inzwischen verstand Elaine, weshalb Timothy jeden Abend in den Pub kam. Den Lamberts hilflos ausgeliefert zu werden musste die Hölle sein.
    Banshee und Fellow wieherten, als Elaine in den Stall kam; außerdem fand sie dort etliche Bergleute, die sich nach den Bergungsarbeiten erschöpft hatten ins Stroh fallen lassen. Zuvor hatte sie die Männer gar nicht bemerkt – nicht auszudenken, dass sie im selben Raum furchtlos mit ihnen geschlafen hatte! Aber jetzt musste sie ein paar von ihnen wachrütteln. Allein würde sie es nie schaffen, Madame Clarisse’ Kutsche für den Krankentransport herzurichten. Sie entschied sich für zwei ältere, ruhige Kumpel, die sie aus dem Pub flüchtig kannte. Die Männer zeigten sich zwar nicht begeistert, sahen aber die Notwendigkeit ein und holten Werkzeug.
    Leider gingen sie nicht sehr sorgsam mit Madame Clarisse’ roten Samtpolstern um, sondern hinterließen einen schmutzigen Fingerabdruck nach dem anderen. Das würde Lainie reinigen müssen. Sie seufzte. Würde dieser Tag je zu Ende gehen?
     
    Als sie schließlich mit der für den Krankentransport präparierten Kutsche vor dem Kontor hielt, war die Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten Leroy immer noch im Gange. Inzwischen ging es darum, dass Berta Tim am liebsten in der Arztpraxis pflegen wollte, in der die Leroys auch ein kleines Zwei Betten-Hospital unterhielten. Der Doktor war dagegen der Ansicht, dass eine von den Lamberts eingestellte Pflegerin zu Hause ebenso viel für Tim tun konnte. Und Tim würde monatelang Pflege brauchen.
    Berta schüttelte den Kopf vor so viel männlichem Unverstand. »Die Pflegerin kann ihn waschen und ihm die Verbände wechseln, aber sonst? Du hast die Lamberts doch gerade erlebt! Wenn du ihn da hinschickst, hast du in einer Woche auch noch die schönste Depression! Und glaubst du, da wagt sich einer der Kumpel hin, um ihn zu besuchen? Matt Gawain vielleicht, alle drei Wochen im Sonntagsanzug. Bei uns dagegen ist immer Betrieb. Seine Freunde können mal reinschauen, sämtliche ehrbaren Frauen im Ort werden ihre Töchter vorbeischicken, und die Mädels von Madame Clarisse kommen wohl auch ohne Anstandswauwau.« Berta lächelte, als sie Lainie in der Tür stehen sah. »Vor allem die eine«, fügte sie hinzu. »Die sich so gar nichts aus ihm macht ...«
    Elaine wurde rot.
    Dr. Leroy gab auf. »Also schön. Dann in die Praxis. Haben wir zwei Männer für die Trage? Und wir brauchen mindestens vier Helfer beim Umbetten.«
    Tims Körper steckte jetzt in unförmigen Verbänden; auch seine Brust war bandagiert. Seine Arme jedoch schienen unverletzt zu sein. Elaine machte das Hoffnung. Aber sie wurde erneut blass, als die Leroys und ihre Helfer den Verletzten vom Bett auf die Trage hoben, denn er stöhnte laut auf.
    »Ich hab die Kutsche mit Decken ausgelegt«, sagte sie.
    Berta nickte ihr zu und folgte den Trägern zur Kutsche. »Schön, Sie denken mit. Ich fahre mit Ihnen und versuche, ihn möglichst ruhig zu halten. Wem gehört das zweite Pferd?«
    Elaine hatte Banshee angespannt und Fellow hinten angebunden.
    Jetzt wies sie auf Tim. »Es ist seins. Die Lamberts haben es vergessen. Aber es konnte doch nicht allein hierbleiben ...«
    Berta grinste. »Sie sind wahrhaft eine Heilige. Kümmern sich um einen Mann, mit dem Sie gar nichts verbindet, und dann nehmen Sie sich sogar noch seines Gauls an. Vorbildlich! Vielleicht sollte der Reverend mal darüber predigen.«
     
    Elaine ließ Banshee den ganzen Weg Schritt gehen, doch im Dunkeln schaffte sie es nicht, jedem Schlagloch auszuweichen. Trotz seiner Ohnmacht schrie Tim jedes Mal leise auf, und Elaine begriff allmählich, warum Berta Leroy auf dem Transport noch in dieser

Weitere Kostenlose Bücher