Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
Elaines Schopf, umtanzten ihre Züge aber nicht, sondern schienen ihr Gesicht eher zu erdrücken. Dazu war das Mädchen kurzsichtig – vielleicht einer der Gründe, weshalb Kuras Anblick sie nicht gleich vollständig demoralisierte.
    »Also, Sie sind Calebs ... Freundin«, bemerkte Florence kurz, als sie Kura begrüßte. »Ich hörte, dass Sie singen.« Dabei betonte Florence die Worte »Freundin« und »singen«, als bezeichneten sie ein Höchstmaß an Unsittlichkeit. Dennoch schien sie der Umstand, dass Caleb mit Barsängerinnen herumzog, nicht zu schockieren. Kura kam zu dem Ergebnis, dass Florence Weber nicht so leicht zu schocken war.
    »Florence hat natürlich auch ein paar Gesangsstunden gehabt!«, flötete Mrs. Biller. Während sie beim letzten Dinner noch Kuras Vorzüge herausgestrichen hatte, war sie jetzt offensichtlich wild entschlossen, die Weber-Erbin anzupreisen. »In England, nicht wahr, Florence?«
    Florence nickte mit züchtig niedergeschlagenen Augen. »Aber nur zum Zeitvertreib«, sagte sie lächelnd. »Man kann eine Oper oder ein Kammerkonzert sehr viel mehr genießen, wenn man zumindest eine Ahnung davon hat, welch harte Arbeit und welch lange Studien in einer solchen Produktion stecken. Finden Sie nicht, Caleb?«
    Caleb konnte da nur zustimmen.
    »Sie haben Gesang aber auch nicht wirklich studiert, Miss Martyn?«
    Kura blieb oberflächlich gelassen, ärgerte sich aber. Dieses Mädchen hatte keinen Funken Respekt oder gar Angst vor ihr. Und man konnte sie nicht einmal mit dem üblichen Ja oder Nein abspeisen. Florence schien den Trick zu kennen und stellte nur Fragen, die ganze Sätze oder möglichst längere Rechtfertigungen verlangten.
    »Ich wurde privat unterrichtet«, erklärte Kura kurz.
    Woraufhin Mrs. Biller, Mrs. Weber und Florence auf die nicht zu leugnenden Vorteile einer Internatserziehung hinwiesen.
    Caleb lauschte mit Leidensmiene. Ihm hatte seine Internatserziehung in England immerhin zu einer frühzeitigen Erkenntnis seiner Veranlagung verholfen. Kura hatte er das an jenem Donnerstag im Pub noch gestanden, aber hier konnte er damit natürlich nicht argumentieren. Stattdessen bemühte er sich an diesem Abend derart um eine glaubwürdige schauspielerische Darstellung von Verliebtheit in Kura, dass es fast schon peinlich war. Ein Gentleman hätte seine Gefühle niemals so zur Schau gestellt, aber hier fehlte es dem sonst so feinsinnigen Caleb an jedem Sinn für das Passende. Kura überlegte, dass wohl jedes andere Mädchen schreiend davongelaufen wäre, hätte man ihr einen solchen Heiratskandidaten präsentiert. Florence Weber jedoch betrachtete die Darstellung mit stoischem Lächeln und offensichtlicher Gemütsruhe. Sie plauderte geziert über Musik und Kunst und schaffte es dabei mühelos, Caleb wie einen verliebten Kindskopf aussehen zu lassen und Kura wie Jezabel persönlich: »Ich verstehe, dass Sie die ›Carmen‹ besonders lieben, Miss Martyn. Sie geben ihr sicher ein sehr glaubwürdiges ... Gesicht. Nein, ich denke nicht, dass Don José wirklich zu verdammen ist. Wenn die Sünde in einem so verführerischen Gewand daherkommt wie bei dieser Zigeunerin! Und immerhin kommt er am Ende über sie hinweg! Wenn auch mit ... nun ja, ein wenig drastischen Mitteln ...« Dabei lächelte sie, als wäre sie jederzeit bereit, Caleb den Dolch zu schärfen, damit er ihn Kura endlich zwischen die Rippen stieß.
    Kura war schließlich froh, als sie entfliehen konnte, während Caleb der reizenden Florence weiter ausgeliefert blieb. Die Webers waren Hausgäste bei den Billers, während sie sich nach einem eigenen Domizil in Greymouth umsahen. Mr. Weber hatte Anteile an der neuen Eisenbahnlinie erworben und wollte geschäftliche Dinge regeln. Es war gut möglich, dass die Webers ein paar Wochen bei den Billers residieren würden, bevor sie nach Westport zurückkehrten, und in dieser Zeit hofften sie sicher auch, in Sachen Florence und Caleb ihr Schäfchen ins Trockene zu bringen.
    Der junge Mann erschien dann am folgenden Montagabend niedergeschlagen im Pub, um Kura sein Leid zu klagen. Seine Mutter hatte ihm schon am Abend nach dem Dinner härteste Vorwürfe gemacht, während sein Vater die Sache subtiler anging. Er hatte ihn am Morgen in sein Kontor bestellt, um von Mann zu Mann ein paar ernste Worte mit ihm zu reden. »Junge, natürlich zieht diese Kura dich an. Sie ist zweifellos das schnuckeligste Ding, das man sich vorstellen kann. Aber wir müssen doch auch an unsere Zukunft denken.

Weitere Kostenlose Bücher