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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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und wieder herunterzukommen.
     
    Elaine fand Tims Reiterei zwar verfrüht, doch der Gedanke, der dahinterstand, war vernünftig. Sie mussten eine Möglichkeit finden, sich außerhalb des Hauses der Lamberts zu sehen; Nellies Fluidum wirkte erdrückend.
    Für ihre sonntägliche Unternehmung lieh sie sich schließlich ein Gig, einen leichten, zweirädrigen Wagen. Ideal war das Gefährt nicht; es war kaum gefedert, dafür aber niedrig. Tim sollte imstande sein, ohne größere Hilfe ein- und auszusteigen. Außerdem konnten sie bequem nebeneinandersitzen; es gab keine Trennung zwischen Bock und Passagierraum wie bei gewöhnlichen Kutschen.
    Tim lächelte ihr anerkennend zu, als sie ihr Wägelchen vor seinem Haus anhielt.
    »Ein Gig! Wenn das meine Mutter wüsste!« Er lachte und versuchte, sich Callies zu erwehren, die vergnügt an ihm hochsprang. Bis vor kurzer Zeit wäre er dabei noch ins Taumeln geraten, inzwischen aber beherrschte er seine Gehhilfen wirklich gut. »Und wie praktisch, dass Mutter nach wie vor auf meine Begleitung beim Kirchgang verzichtet!« Bisher hatte ihn das eher geschmerzt. Zwar überstand er die Woche auch ohne den Segen des Reverends, aber er hasste es, von selbstverständlichen Dingen ausgeschlossen zu werden, nur weil Nellie der Ansicht war, er sei zu schwach.
    »Tja, wegen des Kirchgangs konnte ich leider auch Florence Weber nicht zum Mitfahren bewegen!«, kicherte Elaine. »Dabei wäre es doch Christenpflicht, auf den Anstand seines Nächsten Acht zu geben. Aber Gott wird ihr diese Sünde vergeben, da bin ich sicher, ebenso wie er bei den diversen Vergehen einer gewissen Kura-maro-tini Martyn zweifellos ein Auge zudrückt ...«
    Tim hätte gern gefragt, was Kura denn nach Lainies Ansicht auf dem Kerbholz hatte, doch er hielt sich zurück. Lainie hatte sich hier zweifellos verplappert. Wenn er nachfragte, verzog sie sich womöglich wieder in ein Schneckenhaus.
    »Wir sollten ebenfalls beichten, denn ich habe gestohlen«, bemerkte er stattdessen. »Hier, nimm mir mal die Tasche ab, aber vorsichtig. Da drin ist der beste Wein meines Vaters.«
    Lainie dachte flüchtig daran, wie sie früher die Vorräte ihres Vaters für ihre Abenteuer mit William geplündert hatte. Doch das wollte sie jetzt vergessen.
    »Ich habe auch welchen, und meiner ist sogar gekauft. Er war allerdings nicht sehr teuer«, gestand sie. »Wahrscheinlich ist er schrecklich.«
    Tim lachte. »Dann beten wir in diesem Fall für die Seele des Winzers.«
    Banshee stand vorbildlich still, während Tim sich auf den Sitz des Wägelchens zog. Es klappte tatsächlich ganz gut, und Lainie war stolz auf ihren Einfall, als er glücklich neben ihr saß.
    »Wohin entführst du mich?«, erkundigte Tim sich, als sie anfuhr. Er versuchte, sich zu entspannen, aber das schwach gefederte Gefährt war nur wenig bequemer als der Sitz auf Fellow.
    »An den Fluss, oberhalb eurer Mine. Es ist nicht weit, und die Wege sind einigermaßen. Ich hab da zufällig einen wunderschönen Platz gefunden ...«
    Tatsächlich hatte sie die ganze Woche danach gesucht, aber das verschwiegene Eckchen abseits einer Biegung des geschotterten Hauptweges zwischen Mine und Eisenbahnlinie war wirklich ideal. Elaine erreichte es in wenigen Minuten und half Tim noch auf der Straße beim Absteigen.
    »Ich kann auch ganz hinfahren, aber das wird holperig. Also dachte ich, wir holen Banshee und den Wagen lieber nach. Bis zum Fluss laufen wir. Über den direkten Weg zwischen den Bäumen sind’s genau elf Schritte.«
    Tim lachte über ihre Fürsorglichkeit, aber tatsächlich schaffte er nun schon zwischen fünfzehn und zwanzig ohne allzugroße Mühe. Hier war es allerdings schwierig, und er stolperte mit den Krücken durchs Unterholz. Der Picknickplatz selbst war dann aber zauberhaft. Ein winziger Strand am Fluss, davor eine Art grasbewachsene Lichtung in den Ausläufern des Farnwaldes. Baumhohe Farne ließen ihr Grün wie Weiden über den Lagerplatz und den Fluss hängen. Ihre seltsam geformten Schatten tanzten im Sonnenlicht über das Gras und das Flussufer, wenn der leichte Wind die riesigen Pflanzen wiegte.
    »Das ist wunderschön!«, meinte Tim andächtig.
    Lainie nickte und breitete geschäftig eine Decke aus.
    »Hier ... setz dich und warte, ich hole Banshee und den Wagen. Die muss ja nicht jeder gleich sehen, der auf der Straße vorbeikommt.«
    Am Sonntag dürften das zwar nicht viele Leute sein, doch Elaine wollte auf Nummer sicher gehen. Kura kam zwar kaum auf solche

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