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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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versprach Charlene hilflos. »Wenn sie sich beeilt, schafft sie es noch vor diesem Konzert in Blenheim. Da wolltest du es doch anziehen ...«
    »Wenn ich dann nicht im Gefängnis bin ...«, schluchzte Lainie.
    Charlene versuchte, sie wenigstens zu einem kleinen Frühstück zu überreden. Doch sie war nicht zu beruhigen und fasste sich erst wieder, als es Zeit für den Aufbruch wurde. Dann folgte sie dem hinkenden Tim durch den Salon und vorbei an der eisern schweigenden Nellie Lambert. Marvin Lambert ließ sich nicht blicken. Entweder war er zur Arbeit in der Mine oder betrunken – schon wieder oder immer noch.
    William hatte die bloße Tatsache, am Leben zu sein, die ganze Nacht hindurch mit Kura gefeiert. Nach dem Gewaltritt und den nachfolgenden Anstrengungen, Kura seine Vitalität in jeder beliebigen Stellung zu beweisen, bewegte er sich fast so schleppend wie Tim.
    Auch der Constabler war nicht gerade ausgeschlafen. Gemeinsam mit seinen Helfern hatte er die halbe Nacht mit der Bergung und Rückführung der Leiche und der Überprüfung der ersten Aussagen verbracht. Und Dr. Leroy wirkte nach der Untersuchung von Sideblossoms sterblichen Überresten ziemlich mitgenommen. Immerhin hatte er nichts gefunden, das Williams Darstellung der Ereignisse widersprach.
    »Wir können also festhalten«, beendete der Friedensrichter – ein besonnener und freundlicher Mann, dem im Zivilberuf die Leitung der Telegrafenstation des Ortes unterlag – die Untersuchung des Todesfalls, »dass John Sideblossom im vollen Galopp, auf dem Bock seines Wagens stehend, versucht hat, dem neben ihm reitenden William Martyn wie in einer Art Tauziehen die Peitsche zu entreißen. Ein unerwarteter Ruck seitwärts brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Beim Sturz blieb sein Mantel an der Peitschenhalterung hängen, und der Mann wurde zu Tode geschleift. Irgendwelche Einwände?«
    Die Zuhörer schüttelten die Köpfe.
    »Kein schöner Tod«, bemerkte der Constabler, »aber wohl auch kein sehr angenehmer Zeitgenosse ... Kommen wir zu Ihnen, Miss Lainie Keefer. Oder eher Elaine Sideblossom, wenn ich Sie heute Nacht richtig verstanden habe. Was war das mit dieser Schießerei? Warum haben Sie hier unter falschem Namen gelebt? Wieso war lediglich Greymouth ›sicher‹, und warum konnte dieser Sideblossom Sie nicht einfach zur Rede stellen, sondern musste Sie gleich entführen?«
    Elaine holte tief Luft. Dann erzählte sie mit leiser, ausdrucksloser Stimme, den Blick zu Boden gesenkt.
    »Werden Sie mich jetzt verhaften?«, fragte sie, als sie geendet hatte. Das Gefängnis schloss sich direkt an das Büro des Constablers an. Es war zurzeit leer, aber relativ weitläufig. Am Wochenende wurde hier jedes Eckchen als Ausnüchterungszelle gebraucht.
    Der Constabler lächelte. »Ich denke nicht. Wenn Sie flüchten wollten, wären Sie schon weg. Außerdem muss ich das alles erst einmal nachprüfen. Es erscheint mir nach wie vor ziemlich wirr. Vor allem finde ich es seltsam, dass ich nie von der Sache gehört habe. Gut, dieses Lionel Station liegt am Ende der Welt, aber eine junge Frau auf einer Fahndungsliste, noch dazu wegen eines so spektakulären Verbrechens ... ich denke, das wäre mir aufgefallen. Auswandern sollten Sie allerdings vorerst nicht, Miss ...«
    »Lainie«, flüsterte Elaine.
    »Sie möchte auf keinen Fall weiterhin Sideblossom heißen«, interpretierte der Friedensrichter. »Durchaus verständlich, wenn all diese Geschichten der Wahrheit entsprechen. Und in Anbetracht dessen, dass sie sich gerade mit jemand anderem verlobt hat. Ich hoffe, Sie hatten nicht ernstlich daran gedacht, auch einfach zum zweiten Mal zu heiraten, Miss Lainie! Die Sache mit der Scheidung sollten Sie unbedingt heute noch angehen.«
    Tim nickte. »Es gibt einen Anwalt in Westport, soviel ich weiß. Vielleicht können wir ihm telegrafieren ...« Er machte Anstalten, aufzustehen, während der Constabler Elaine das Protokoll zum Unterschreiben über den Tisch reichte.
    »Aber wir müssen noch über Blenheim reden!«, warf William ein. »Ich verstehe ja, dass du im Moment auch noch andere Sorgen hast, Lainie ...«
    »Sie glauben doch nicht wirklich, sie ginge nach alledem mit Ihnen nach Blenheim!«, fuhr Tim auf. Seine linke Seite schmerzte höllisch, und er wollte diese Unterredung nur noch hinter sich bringen. Elaine legte beruhigend die Hand auf seine.
    »Natürlich gehe ich nach Blenheim«, sagte sie müde. »Wenn ich darf.« Sie schaute den Constabler ängstlich an. Tim

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