Das Lied der Maori
Feuer schließlich heruntergebrannt waren, hatten alle ihren Spaß – außer Kura. Sie hätte an andere Tänze gedacht, erklärte sie würdevoll, als ein angetrunkener junger Goldgräber den Mut aufbrachte, sie aufzufordern. Schließlich ließ sie sich aber doch von William zu einem Sprung durchs Feuer überreden. Elaine blickte missmutig. War das nicht ein Brauch für Ve rl i e b te ?
Schließlich riefen Ruben und Fleurette zum Aufbruch, bevor das Fest zu wüst wurde. Schon jetzt musste Daphne ihre Mädchen scharf im Auge behalten; doch sie sah darüber hinweg, dass Inger und Søren sich küssten. Vielleicht wird Inger ja in dieser Nacht von ihm träumen, dachte Elaine und hob ihre Blüten sorgfältig auf. Søren schien ein netter Kerl zu sein, und der weißblonden Schwedin war Besseres zu gönnen als ein Leben als Freudenmädchen.
Ruben und Fleurette machten sich gleich vom Goldgräberlager aus auf den Weg nach Nugget Manor. Sie wollten in dieser Nacht nicht in der Stadt übernachten, denn auch ihr Maori-Hauspersonal war auf einer Feier, und so war George allein – ein Umstand, über den er sich natürlich bitter beklagt hatte. Auch er wäre gern durchs Feuer getobt, doch am nächsten Tag war Schule. So lag Fleurette viel daran, möglichst bald herauszufinden, ob der Knabe auch brav im Bett lag.
Elaine bestand allerdings darauf, noch mit William und Kura in die Stadt zu fahren. Sie hatte ihr Pferd in Helens Stall gelassen und war mit den beiden in der Kutsche gekommen. So hatte sie jetzt eine Ausrede.
»Aber du kannst dir doch hier ein Pferd leihen«, meinte Ruben verständnislos. »Warum hast du Banshee überhaupt in der Stadt gelassen? Du hättest doch hinter der Kutsche herreiten können.«
Fleurette legte ihm begütigend die Hand auf den Arm. Wie konnten Männer so unsensibel sein! Sie selbst verstand sehr gut, dass Elaine ihren Verehrer keine Sekunde mit Kura allein lassen wollte.
»Ich erkläre dir das später«, wisperte sie ihrem Gatten zu, woraufhin Ruben verstummte. »Aber du bleibst mir nicht zu lange, Lainie. Reite schnell, und halte unter keinen Umständen an!«
William schaute ein wenig indigniert. Er fand es nicht ladylike, dass Elaine den langen Weg bei Nacht allein reiten sollte. Ob man von ihm erwartete, sie zu begleiten? Elaine lachte nur, als er dies halbherzig anbot. Sie war noch auf einen Tee mit in die Pension gekommen. Nach der Kutschfahrt musste sie sich aufwärmen, und Helen und Gwyn saßen sowieso noch am Feuer.
»William, ich reite dir auf und davon! Du jammerst doch schon bei Tag darüber, dass ich über diesen ›gefährlichen Weg‹ galoppiere. Jetzt in der Nacht würdest du mich nur aufhalten.«
Das ist zweifellos richtig, aber nicht sonderlich geschickt ausgedrückt, dachte Helen. Schließlich ließ kein Mann sich gern sagen, dass er ein eher hasenfüßiger Reiter war. William blickte denn auch entsprechend säuerlich, aber Elaine fiel das gar nicht auf. Sie berichtete fröhlich vom Maibaum und von den Blüten, die sie unter ihr Kopfkissen legen müsse.
Sie ist ein Kind, überlegte William, und in seinem Innern klang das wie eine Entschuldigung dafür, dass sie ihn eben brüskiert ... und dafür, dass er sich in Kura verliebt hatte.
Als Elaine kurz darauf aufbrach, begleitete er sie hinaus. Das war selbstverständlich; schließlich war er ein Gentleman. Der Abschiedskuss fiel allerdings knapp aus, aber das schien Elaine nicht aufzufallen. So nah an den wachen Augen ihrer gestrengen Großmutter wagte auch sie keine Zärtlichkeiten, denn Helen würde unweigerlich aufmerksam werden, wenn Callie weiterhin bellte. Nach wie vor mochte die kleine Hündin es nicht, wenn William ihre Herrin umarmte und küsste.
William schaute Elaine fast erleichtert nach, als Banshee antrat. Sie würde das Pferd zum Aufwärmen Schritt gehen lassen, bis sie die Main Street hinter sich hatte, und dann flott nach Hause reiten, gefolgt von dem verrückten kleinen Hund. Wahrscheinlich würde es ihr sogar Spaß machen. William schüttelte den Kopf. Vieles an Elaines Verhalten würde ihm immer fremd bleiben. Ganz im Gegensatz zu Kuras ...
Kura-maro-tini schlich sich aus dem Haus. Das Licht in Helens Salon war soeben erloschen. Man hatte sie auf ihr Zimmer geschickt, doch sie wohnte im Erdgeschoss. Von ihrem Fenster aus hatte sie verfolgt, wie William Elaine verabschiedete.
William war froh, Elaine nicht ernsthaft geküsst zu haben. Es wäre ihm nicht recht gewesen, hätte Kura, die jetzt rechts
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