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Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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um die Aussicht zu genießen. Spät am Nachmittag kamen sie dann in Kingston an, auf der bewaldeten Seite der Slaughter Bay. Nan hatte ihnen eine Thermoskanne mit Kaffee, Kuchen und Kekse eingepackt, die sie nach der aufregenden Fahrt im Gras über dem Anleger sitzend genüsslich vernichteten.
    »Nun, wie hat es dir gefallen?«
    Jessica sah Marcus an. Sein zuvor vom Helm plattgedrücktes Haar fiel wieder frei und lockig. »Die Aussicht war grandios, ich habe ein paar tolle Aufnahmen gemacht. Ich sehe jetzt, was du damit gemeint hast, als du gesagt hast, hier gäbe es genug Motive zum Malen für Jahre.«
    Er hob die Augenbrauen. »Ich habe das Motorrad gemeint. Wie hat es dir gefallen, auf Bonnie zu fahren?«
    »Es war eine Erfahrung!« Sie lächelte ihn verschmitzt an. »Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, kein Schlagloch in den Straßen und Wegen auszulassen, über die wir gebrettert sind, aber ich denke, mein Hintern wird sich die nächsten paar Tage dran erinnern.« Dennoch hatte es ihr gefallen, nachdem sie sich erst einmal daran gewöhnt hatte, sich in die Kurven zu lehnen und sich so an ihm festzuhalten, dass sie sich wunderte, dass er überhaupt noch Luft bekam. Doch wenn sie darüber nachdachte, hatte er sich nicht darüber beschwert. Nicht ein einziges Mal.
    »Ich kann es gar nicht fassen, dass du noch nie auf einem Motorrad gesessen hast«, gab er zurück. »Du musst ja sehr behütet aufgewachsen sein in Perth.«
    »Meine Eltern wären entsetzt gewesen, wenn ich ihnen einen Freund mit einem Motorrad vorgestellt hätte«, gab sie zu. »Wenn meine Mutter noch gelebt hätte, hätte sie sicher gedacht, dass meine Tugend in Gefahr sei, und Vater hätte ihn glatt rausgeschmissen.« Sie dachte einen Augenblick nach. »Dad war nach Mums Tod ziemlich leicht rumzukriegen. Alison und ich konnten ihn beliebig um den Finger wickeln.«
    »Hmmm, ich schätze, du warst ziemlich verwöhnt.«
»Natürlich.«
    »Was ist mit deinem Vater passiert, Jessica?«
    Ihr Lächeln war eine Spur traurig, als sie antwortete: »Er hat sich buchstäblich zu Tode gearbeitet. Am Ende hatte er einen Herzinfarkt. Er wollte der reichste Bauunternehmer von Perth werden und war geradezu paranoid davon besessen, der Beste zu sein. Vielleicht liegt Paranoia ja bei uns in der Familie«, grinste sie schief. »Eigentlich kommt Alison mehr nach Dad als ich. Sie muss immer die beste Ehefrau sein, die beste Mutter, die beste Gastgeberin in ihrer Gesellschaft. Ihre Kinder müssen die Besten sein und so weiter …« Sie begann die Reste ihres Picknicks einzupacken, auch wenn nicht mehr viel übrig geblieben war, das sie wieder in den Satteltaschen des Motorrads verstauen konnten.
    Morgen, kam ihr der Gedanke, würde sie wieder im Cottage sein, wenn Simon von seiner Konferenz zurück war. Mit ziemlichen Schuldgefühlen wünschte sie sich, nicht dort sein zu müssen. Hunter's Glen war viel angenehmer und ruhiger. Doch sie musste zurückgehen und sich stellen … aber wem? Simon, Sarah oder den unvollendeten Gesichtern auf dem Bild? Ja, allen drei Dingen. Sie war dankbar dafür, sich ein paar Tage lang vor ihren Problemen verstecken zu können, aber das hieß nicht, dass sie weg waren. So viel Glück hatte sie nicht.
    Marcus verstaute die Reste und die Thermoskanne in den Satteltaschen des Motorrads und stülpte sich dann den Helm auf. Er setzte sich auf das Motorrad und trat mit dem rechten Fuß auf den Kickstarter. Nichts. Er versuchte es wieder und wieder, ohne Erfolg. Nicht ein Spucken, kein Funke, kein Rauchwölkchen.
    »Mist«, murmelte er böse. »Verdammtes zickiges Motorrad.« Er bockte die Harley auf und hockte sich hin. Dann warf er ihr einen entschuldigenden Blick zu. »Bonnie ist schwierig. Das hier könnte eine Weile dauern. Wahrscheinlich ist sie abgesoffen.«
    »Na, dann gehe ich ein bisschen auf dem Hügel spazieren und genieße die Aussicht«, sagte sie, zog ihren Pulli über und machte sich auf.
    Vom Meer her kam ein leichter Wind auf, der mit leisem Flüstern in den hohen Pinien rauschte. Die Bäume warfen ein sich ständig veränderndes Muster aus Licht und Schatten auf den Boden, der mit weichem Gras bewachsen war und auf dem zwischen Steinen verschiedener Größe und Form braune Piniennadeln lagen.
    Der Hang war überraschend steil, und Jessica kletterte ihn hinauf, bis das Gelände wieder zur felsigen Küste und dem Meer dahinter abzufallen begann. Dicht am Rand stehend fuhr sie sich durch die Haare. Sie mochte den Wind, der sie

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