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Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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hatte. Und sie war eine von ihnen …
    »Aber darüber reden wir anderes Mal«, riss Onawah Marie aus ihren Gedanken. »Dort sind noch mehr Frauen, die dich kennenlernen wollen.«
    Wenig später wurde Marie wieder von einer Schar Frauen umringt, die ganz ähnlich wie die Ersten auf sie reagierten. Sie zupften, tätschelten, lächelten und kicherten. Die jeweils Ältesten sprachen mit Onawah, die ihnen dasselbe erzählte wie schon den anderen zuvor, jedenfalls hatte Marie angesichts der sich ähnelnden Worte den Eindruck.
    »Wo du herkommen?«, fragte plötzlich eine der jüngeren Frauen, die auf ihrer Hüfte ein etwa ein Jahr altes Kind trug.
    Marie sah sie überrascht an. Offenbar gab es hier noch mehr Cree, die Englisch sprachen.
    »Aus Deutschland«, antwortete Marie, glaubte aber nicht, dass die Frau etwas damit anfangen konnte.
    Die Cree-Frau murmelte den Namen kurz vor sich hin, als würde ihr das helfen, verborgenes Wissen über das Land zu finden. Dann fragte sie: »Dort auch Wälder, Seen und Büffel?«
    »Büffel haben wir nicht, aber Seen und Wälder. Eigentlich ist mein Land dem euren ziemlich ähnlich.«
    Als die Indianerin sie ein wenig verständnislos ansah, übersetzte Onawah sogleich, worauf die junge Frau eine verwunderte Miene aufsetzte.
    »Wie ihr leben ohne Büffel?«
    »Wir haben Rinder und andere Tiere.«
    »Und wie ihr jagen?«
    »Wir jagen diese Tiere nicht, wir halten sie in großen Bauernhöfen.«
    Auch dieses Wort war der Indianerin offenbar nicht geläufig.
    Wieder erklärte Onawah, dann zog sie Marie weiter.
    »Du verzeihen musst unsere Fragen. Frauen sehr neugierig auf dich.«
    Das bin ich auch auf sie, dachte Marie. »Der Büffel ist sehr wichtig für euch, nicht wahr?«
    »Büffel ist Leben.« Die Heilerin breitete die Arme aus. »Der Büffel gibt uns alles, was brauchen. Kleider, Nahrung und Haus. Wenn Stamm getrennt von Büffel, er sterben. Wir folgen Büffel, so weit wir können.«
    Das Leben so vieler Menschen abhängig von einem einzigen Tier, ging es Marie durch den Kopf. Konnte das funktionieren? Warum hatten die Indianer nicht mit dem Ackerbau begonnen? Die Erde sah hier ziemlich fruchtbar aus.
    »Jetzt triffst du die Krieger«, erklärte Onawah, als sie sich weiteren Zelten näherten.
    »Muss ich dabei etwas Besonders beachten?«
    »Du musst ihnen in die Augen sehen. Sonst glauben sie, du verbirgst etwas.«
    »Darf ich sie auch etwas fragen?«
    »Du kannst Matahi fragen, er versteht deine Sprache, weil er im Krieg Scout war.«
    »Und die anderen?«
    »Die sprechen sehr schlecht. Müssen sie aber auch nicht. Dafür kämpfen sie gut.«
    Während sie sich den Zelten näherten, betrachteten die Männer sie interessiert. Vor Onawah senkten sie jedoch ehrfurchtsvoll die Blicke.
    »Das da ist Matahi.« Die Heilerin deutete auf einen jungen Mann, der sein langes schwarzes Haar zum Zopf gebunden hatte. Eine Narbe auf seiner rechten Gesichtshälfte kündete von vergangenen Kämpfen. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Matahi verzog keine Miene. Auch die anderen Männer wirkten ein wenig finster, was es Marie erschwerte, ihren Blicken zu begegnen.
    »Matahi hat dich gefunden nach dem Überfall und brachte dich her zu uns.«
    Als die Heilerin dem Krieger aufmunternd zunickte, hellte sich seine Miene etwas auf.
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar für die Rettung«, bemerkte Marie unsicher. Insgeheim wünschte sie, Onawah hätte diesen Teil der Exkursion ausgespart. Nicht nur sie fühlte sich unwohl, auch den Männern schien es unangenehm zu sein, ihr gegenüberzustehen.
    »Sagen Sie, Matahi, haben Sie noch mehr Weiße gefunden? Wissen Sie, wer den Überfall verübt haben könnte?«
    Erschrocken registrierte Marie, dass der rechte Brustmuskel des Mannes zuckte, als wollte er seinen Arm zum Angriff heben. Doch dann senkte er den Kopf leicht und blickte an ihr vorbei, als würde sich hinter ihr die Antwort auf ihre Frage befinden.
    »Wir keine Lebenden gefunden. Nur Tote. Weiße Männer.«
    Johnston, zuckte es durch ihren Verstand.
    »War ein Mann mit rotem Haar unter den Toten?«, platzte es aus ihr heraus, bevor sie sich selbst diese Frage verbieten konnte.
    Matahi blickte zu seinen Kameraden, dann zu Onawah.
    »Ja, ein Mann hatte Haar rot wie Fireweed. Kugel getroffen ihn im Herzen, muss sofort tot sein.«
    Marie schlug die Hand vor den Mund. Im Stillen hatte sie es schon vermutet, gleichzeitig aber gehofft, dass der Schotte verschont geblieben wäre. Was würde der Treck ohne ihn

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