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Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Titel: Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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würden sie bald auseinander fallen und ich bin hier, weil man mich dort, wo ich geboren wurde, nicht haben wollte.«
    Abhaya sagte gar nichts, das hatte auch noch niemand mit ihm getan. Er erwartete eine zurechtweisende Antwort. Dieses Schweigen aber hing wie ein kaltes Gitter zwischen ihnen. Von irgendwoher wurden Nathaniels Worte zu einer scharfen Drahtschere.
    »Warst du damals dabei?«
    Lange blickte der Hüne aus den verborgenen Narbenwäldern um seine dunklen Augen in die Sterne, etwas, das Nathaniel schon oft aufgefallen war. Die Siedler sahen hinunter auf den Boden, die Territories in den Himmel.
    »Nein«, sagte der Riese. »So alt bin ich nicht!« Nathaniel wollte es nicht glauben. War der Mann ein ehemaliger und auch jetziger Feind? Jemand, der ihm nur Stunden zuvor das Seil am Rücken überprüft, neu gesichert hatte? »Und aus welchem Ort bist Du? Woher stammt der Name deines Herzens?» Abhayas Blick war müde, aber stechend.
    Nathaniel versuchte es seit langem zu verstehen, das musste man ihm wohl zu Gute halten. Politik hatte ihm immer wie ein verdorbenes Frühstück quer im Magen gehangen. Besser gar nicht erst essen! Besser immer die Lippen aufeinander pressen und beidseitig die Mundwinkel heben. Jetzt holte es ihn ein. So wie alles, was er immer wieder in den Augen seiner Mutter las. Doch da war auch noch etwas Anderes.
    »Ich bin von hier und will auch nur hier sein!« Die Antwort war so untapfer, so blöd. Wie die eines trotzigen Jungen. Der Skywalker nickte nur in den Fluss, richtete sich auf.
    »Dort draußen wird dir jemand deinen endgültigen Namen bringen, ob du es willst oder nicht.» Nathaniel wollte fragen, was das zu bedeuten hatte. Er hatte doch einen Namen. Ja, er hatte nie verstanden, warum sie ihn alle Birdy nannten. Er mochte diese Bezeichnung - anders wollte er es nicht benennen - auch nicht besonders. Er hatte immer gedacht, dass es einfach nur ein Spitzname sei, verliehen aus Gründen, die in einem Kästchen ruhten, in das er nicht hineinsehen durfte.
    Er drehte sich um, sah Abhaya zwischen den anderen schon weiter die Brücke hinunter stapfen, denn der Territorie war nicht zu übersehen, sein geschorener Kopf ragte aus den vielen Schultern heraus wie ein Leuchtturm. Nathaniel lief ihm nach, entschuldigte sich für das respektlose Geschiebe. So plötzlich hatte er das Bedürfnis nach einem Verbündeten, nach jemandem, der ihn verstand, der ihm mehr zeigen konnte, ihm etwas von der Welt erzählte und ihn dabei nicht wie ein unnützes Kind erscheinen ließ. Endlich hatte er aufgeholt. Neben dem Riesen verlangsamte er seinen Schritt.
    »Weißt du, meine Mutter macht heute Lachs, ganz frisch, über Torf langsam geschmort. Dazu gibt es die leckersten Kartoffeln, die du je gegessen hast.« Was faselte er da bloß? Seine Mutter würde stinksauer sein, wenn er jemanden mitbrachte, der imstande war, ein ganzes Fischerboot mit seinem Magen zu entern. Dennoch war es ihm egal. Er würde es ihr erklären, später, irgendwann. Abhaya sah von der Seite zu ihm herunter. Seine Nase war sicherlich einmal gebrochen gewesen.
    »War das eine Einladung, Nathaniel Ballad?« Stolz wallte in ihm auf, als er seinen Namen so hörte, und er warf sich extra in die Brust.
    »Aber so was von!« Er lachte übermütig.
    »Dann nehme ich gerne an.«
    Sie verließen endlich die Brücke und schwenkten in die Flamestreet ein. Sie hatte ihren Namen deshalb bekommen, weil sie schon vier Mal in fünfzehn Jahren abgebrannt war. Hier baute man nicht gerade für die Ewigkeit. Sie stellte zugleich einen Knotenpunkt für die vielen kleineren Viertel im großen Geflecht von Brooklyn dar. Hier begannen die Arbeiterviertel der verschiedensten Nationen. Und ein jeder hatte seine Eigenarten brav von zu Hause mitgebracht. Das italienische war ein wenig heruntergekommen, aber sie werkelten fleißig an ihrer dritten Kirche. Das Christentum hatte es zwar nur mit Ach und Krach bis vor die Alpen geschafft, aber sie hatten die Hoffnung längst noch nicht aufgegeben. Der Papst, so sagte man, habe zwar eine mächtige Armee, saß aber in Rom wie ein unruhiges Tier an einer langen Kette, das sich gerade noch in die Nachbarreiche traute. In Ägypten hingegen war die frohe Botschaft des heiligen Vaters an den Palastmauern des Pharao buchstäblich im Sande verlaufen. So jedenfalls stand es in den Zeitungen. Auf der anderen Seite der Alpen stand der mächtige nordische Feuerbund wie ein unheimlicher Nebel.
    Nathaniel wohnte im alten

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