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Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Titel: Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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worden und von jeher ein Verbündeter gegen die Horden der Wikinger gewesen, die Nord- und Ostsee wie grimmige Sturmfronten heimgesucht hatten. Allen voran waren es die Stämme der Angeln und der Sachsen gewesen, weshalb ihnen zu Ehren ganze Grafschaften in Britannien benannt waren.
    Doch diese Zeiten waren längst vorüber. Jetzt war Hammaburg der größte Kriegshafen im gesamten nordischen Feuerbund. Hier lagen die gewaltigen Werften, auf denen die Schiffe der Königlich-Kaiserlichen Marine gebaut, entwickelt oder wieder verschrottet wurden.
    Die Stadt selbst platzte aus allen Nähten, und es verging kein Jahr, an dem die mechanischen Stadtmauern nicht erweitert werden mussten und einen neuen Stadtteil gebaren. Erst kürzlich war Moorburg dazugekommen, eine Arbeitersiedlung, deren Einwohner in den Elektrizitätsfabriken schufteten, wo man aus den Pflanzen der Sümpfe um Berlin brennbares Gas schuf, das dann die haushohen Maschinen antrieb, welche wiederum den Strom für die Stadt erzeugten. Der ganze Bezirk stank wie ein brackiger, abgestandener Tümpel - deshalb Moorburg.
    Hammaburg selbst war eine Wucht aus Tradition und Fortschritt. Eine Stadt, die bebte, gefährlich, kriegerisch, sündiger und ausgelassener als eine gottlose Orgie. So jedenfalls nannte sie der Papst aus seinem fernen Barcelona, Rom, Lissabon oder wo immer er sich gerade aufhielt, weil er sich nicht entscheiden konnte, welcher Palast denn nun der schönste war.
    Robert war mit acht Jahren einmal hier gewesen und hatte die Stadt augenblicklich geliebt. Großvater Lawrence hatte sich damals von einer ganz anderen Seite gezeigt. Er hatte immer wieder ausgerufen: »Fühlst du das, Robert? Diese Stadt«, er umschloss ihn mit seinen kräftigen Armen, »verströmt Geschichte, wie eine üppige, sinnliche Göttin. Ha!«
    Später hatte Opa Lawrence ihm erklärt, dass ein Ort, wo sich Zerstörung und Leidenschaft, Blut und Liebe jeden Tag aufs Neue in die Arme fielen wie Geliebte, gar nicht anders könne, als zwei brennende Herzen zu haben.
    Schirmherr der Stadt war Kronprinz Ludwig von Harkon, ein solcher Lebemann, der glatt zwei Beichtstühle pro Tag benötigt hätte. Ludwig liebte Waffen und mehr noch liebte er die Frauen, wo sonst hätte seine Residenz sein sollen, wenn nicht in Hammaburg? Sein Vater, der Kaiser, lebte im fernen München, oft auch in Wien, ein alter Mann, der immer verwirrter wurde.
    Ein weiter Teil des Hafens war mit Tarnnetzen überspannt, die harmlos aussahen, aber in denen Bannkreise versteckt waren. Kurze, speerförmige Zeppeline der Schwalben-Klasse bewachten den Luftraum über der Stadt. Erhöhte Aussichtsposten, mit starken Linsen ausgestattet, die sogar die finsterste Nacht durchdringen konnten.
    Hammaburg war von Kanälen durchzogen, von Fleeten, Seen und schmalen Wasserwegen. Es gab Parks, die so groß waren, dass ein Londoner Stadtteil hineingepasst hätte und es wäre immer noch ein Park geblieben. Brücken gab es mehr als in Venedig und Amsterdam zusammen. Ausflugsdampfer, Ruder- und Tretboote, Schaluppen, Segelschiffe und Transporter aller Art waren gleichzeitig unterwegs. Es wimmelte, glühte, brodelte, kurz, es war eine herrliche Metropole.
    Der Zug hielt auf einem Sondergleis in der Nähe des Hauptbahnhofs. Eine ganze Schwadron Soldaten stand bereit. Offenbar hatte der Kronprinz bereits Nachricht von dem Angriff erhalten.
    Lord Humberstone, die Odinstochter sowie Coldlake wurden ohne viele Worte in einen gepanzerten Wagen verfrachtet und standen nach kurzer Fahrt durch völlig verwaiste Straßen - anscheinend hatte man sie sperren lassen - vor dem berühmten Hotel Atlantik .
    Das Wichtigste, worauf Robert von nun an achten musste, war, dass Famke nicht in die Nähe seines Gepäcks kam, jedenfalls nicht auf etwa dreißig Schritt. Er brauchte nicht noch mehr Geheimnisse, die plötzlich keine mehr waren.
    Dass sie nur dem fünften Orden angehörte, den Robert jetzt im Stillen den Fiebelorden nannte, behielt er für sich. Sollten Coldlake und alle anderen doch ruhig denken, die Odinstochter könne sie vor jeglicher Unbill bewahren, auch wenn sie vermutlich nicht einmal eine Kerze mit ihrem Bannkreis ausblasen konnte, ohne selbst Schaden zu nehmen.
    Famke stand vor seiner Suite und machte den Gästen Angst. Als Coldlake sich aber zurückzog, kam sie herein, nahm den Helm ab, stellte ihn vorsichtig auf einen kleinen Beistelltisch vor dem Bücherregal und schaute es an wie ein Kind einen Süßigkeitenladen. 
    Robert hatte

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