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Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Titel: Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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es schon erlebt. Manche, denen man das Lesen erst spät beibrachte, interessierte dies auch später nicht sonderlich. Andere wiederum konnten danach nicht genug von der Magie bekommen, die Bücher immer ausstrahlten. Famke gehörte eindeutig zu Letzteren.
    Als sie nach zaghaftem Fragen Bücher herausnehmen durfte, wirkte sie ehrlich verstört darüber, dass sie zwar die Bände des Feuerbundes zu lesen vermochte, es jedoch auch Schriften gab, die ihr völlig fremd erschienen. Robert musste ihr erklären, dass es auf der Welt noch viele andere Sprachen gab. Famke war über diese Information gleichermaßen erstaunt wie entsetzt. Als sie das erste Mal in ihrem Leben Griechisch hörte, weinte sie.
    Dennoch musste er sie schnellstens loswerden.
     
    Im Nachhinein erwies es sich als Glücksfall, dass Robert sich schon Wochen vor seiner Abreise eine Zweitwohnung gesucht hatte. Alte Kontakte von Opa Lawrence hatten da geholfen. Und genau an diese Adresse hatte er seine kostbarste Fracht schicken lassen. Im Moment war sie also sicher. Was ihm Sorge bereitete, war, dass in etwa vier Stunden die Zeitschaltuhr in seinem Koffer die Verriegelung des Behälters lösen würde. Er hatte vorsichtshalber Verzögerungen im Vorfeld eingeplant. Doch bald würde Besuch erscheinen, den er wirklich niemandem vorstellen wollte.
    Er wollte Famke nicht direkt aus dem Zimmer werfen, aber er fragte sich ohnehin, ob die Odinstochter von nun an sein zweiter Schatten werden sollte und warum. Er hatte genug Schatten, neue brauchte er nicht. Eine andere Überlegung schlich sich in seine Gedanken. Wer hatte nach ihr geschickt? Wusste dieser jemand, dass sie nur vom fünften Orden war, und wenn ja, dann wusste er oder sie ebenfalls um die eigentliche Nutzlosigkeit dieser Leibwächterin. Also warum war sie dann hier? Noch ein Spion? Getarnt als Leibwächter? Was sollte sie jetzt tun, ihn vierundzwanzig Stunden am Tag bewachen? Das würde er nicht zulassen, niemals.
    Robert sah auf seine Taschenuhr. Er hatte ihr jetzt zwei Stunden mit den Büchern gelassen, Zeit sich zu verziehen. Höflich komplimentierte er sie vor die Tür. Sie sah ihn dankbar an, lächelte verlegen. Sie hatte tolle Zähne.
    Er fragte sich, ob sie keinen Schlaf brauchte. Er schloss die Tür, dann die Durchgangstür zum Salon, schließlich auch die zum Schlafzimmer. Für die Verbindung brauchte er nicht einmal sein Labyrinth, er benötigte nur seinen Stein. Früher einmal war der Stein so groß wie eine Männerfaust gewesen, mittlerweile waren daraus viele Steine geworden, die Robert für die unterschiedlichsten Zauber benutzte. Er nahm den Bernstein in die rechte Hand, konzentrierte sich. Die Verbindung kam so schnell, so klar, als würde sich nur ein Raum weiter das Gesuchte befinden.
    Er sprach leise, unaufgeregt, als gäbe es keinen Grund, sich zu sorgen, sie sollten nur ein wenig aufpassen. Ja, warum, das erkläre er doch gerade. Dürfe er bitte ausreden? Nein, für Fragen habe er jetzt keine Zeit, sie sollten eben vorsichtig sein, mehr nicht. Was das heißen solle, sie wäre lieber zu Hause geblieben? Ja, das könne sie gerne tun, ja, bis Humberstone Castle könne sie locker zurückschwimmen, wenn Hoheit es denn genehm sei, und nein, das mit der Hoheit nehme er nicht zurück. Aus. An dem Punkt brach Robert die Verbindung ab, damit er nicht ausfallend wurde. Er öffnete das Fenster, das zu einem kleinen Park hinausging, trat auf den Balkon und holte tief Luft.
    Der Speisesaal war um diese späte Stunde nur spärlich besucht. Einer der herausragenden Vorzüge des Atlantik -Hotels war, dass es rund um die Uhr seine Gäste umsorgte. Das Interieur war von erlesener Schönheit, welche die Geschichte der Stadt und vor allem das jahrhundertelange innige Band zur Seefahrt widerspiegelte. Teppiche aus dem Osmanischen Reich, so flauschig, dass man wie auf einer bunten Wolke schritt, Kunstgegenstände, wobei ansässige Künstler mit gewagten Treibholzskulpturen neben kostbaren Vasen aus China standen. Goldverzierte Möbel, erlesenes Porzellan aus Meißen. Gedämpfte Stimmen, wohltuend, obwohl emsig bei der Arbeit.
    Robert setzte sich in einen der abgesonderten Bereiche, die meist von Geschäftsleuten oder Politikern frequentiert wurden, da man dort ungestörter war.
    Er wollte nur noch etwas Süßes, also fragte er nach der Karte für die Nachspeisen. Die Bedienung, ein hübsches Mädchen mit schlanken Händen und keckem Gang, flüsterte nur ein »Sehr wohl, Lord Humberstone«, und verschwand

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