Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
deren Haar noch nie geflochten wurde. »Ich habe die Drachen«, meinte sie.
»Küken«, entgegnete Ser Jorah. »Ein einziger Hieb eines Arakh würde ihr Leben beenden, obwohl Pono sie vermutlich für sich selbst behalten würde. Eure Dracheneier waren bereits wertvoller als Rubine. Einen lebendigen Drachen kann man mit allem Gold der Welt nicht bezahlen. Nur diese drei gibt es noch. Jeder Mann, der sie zu Gesicht bekommt, wird sie besitzen wollen, meine Königin.«
»Sie gehören mir «, antwortete sie heftig. Ihr Glaube und ihre Not hatten sie geboren, der Tod ihres Gemahls und ihres ungeborenen Sohnes und der Maegi Mirri Maz Duur hatten ihnen das Leben geschenkt. Dany war durch die Flammen geschritten, als sie schlüpften, und sie hatte sie an ihren geschwollenen Brüsten gesäugt. »Kein Mann wird sie mir wegnehmen, nicht solange ich lebe.«
»Wenn Ihr auf Khal Pono stoßt, werdet Ihr nicht mehr lange leben. Das Gleiche gilt für Khal Jhaqo und die anderen. Ihr müsst dorthin gehen, wo sie nicht sind.«
Dany hatte ihn zum Ersten ihrer Königinnengarde ernannt … und da sein schroffer Rat und das Omen übereinstimmten, war ihr Ziel beschlossene Sache. Sie rief ihr Volk zusammen und bestieg ihre silberne Stute. Ihr Haar war in den Flammen von Drogos Totenfeuer verbrannt, und ihre
Mägde hatten sie in das Fell des Hrakkar , des weißen Löwen vom Dothrakischen Meer, gehüllt. Dessen Furcht erregender Kopf bildete eine Kapuze für ihren Schädel, sein Pelz wallte über ihre Schultern und ihren Rücken. Der cremefarbene Drache krallte sich mit scharfen Klauen in die Löwenmähne und schlang den Schwanz um ihren Arm, während Ser Jorah seinen Platz an ihrer Seite einnahm.
»Wir folgen dem Kometen«, erklärte Dany ihrem Khalasar . Kein Laut des Widerspruchs erhob sich. Sie waren Drogos Volk gewesen, jetzt waren sie das ihre. Die Unverbrannte nannten sie ihre Herrscherin und die Mutter der Drachen . Ihr Wort war Gesetz.
Sie ritten des Nachts und suchten bei Tag in ihren Zelten Schutz vor der Sonne. Bald schon erkannte Dany, wie Recht Doreah gehabt hatte. Dieses Land war unbarmherzig. Hinter sich ließen sie eine Spur von toten und sterbenden Pferden zurück, da Pono, Jhaqo und die anderen die besten Tiere aus Drogos Herden genommen und Dany die alten und abgemagerten, die kranken und lahmen, die zerschundenen und ungehorsamen hinterlassen hatten. Genauso verhielt es sich mit den Menschen. Sie sind nicht stark, sagte sie sich, daher muss ich ihnen Kraft geben. Ich darf keine Angst, keine Schwäche, keinen Zweifel zeigen. Wie groß meine Furcht auch ist, wenn sie in mein Gesicht blicken, dürfen sie nur Drogos Königin sehen. Vierzehn Jahre war sie alt, dennoch fühlte sie sich viel älter. Falls sie jemals wirklich ein Mädchen gewesen war, hatte diese Zeit ein Ende gefunden.
Nach dreitägigem Marsch starb der erste Mann. Der zahnlose Alte mit trüben blauen Augen fiel aus dem Sattel und konnte nicht mehr aufstehen. Eine Stunde später war es mit ihm vorbei. Blutfliegen umschwärmten seine Leiche und trugen sein Unglück zu den Lebenden. »Seine Tage waren gezählt«, verkündete ihre Magd Irri. »Niemand sollte länger leben als seine Zähne.« Die anderen stimmten zu. Dany befahl Ihnen, das schwächste der halb toten Pferde zu schlachten,
damit der tote Mann beritten in die Länder der Nacht einziehen konnte.
Zwei Nächte später traf es ein kleines Mädchen. Die trauernde Mutter klagte den ganzen Tag über, aber an den Tatsachen ließ sich nichts ändern. Das arme Ding war zu klein gewesen, um reiten zu können. Dem Kind standen die endlosen schwarzen Grasebenen in den Ländern der Nacht nicht offen; es musste wieder geboren werden.
In der roten Ödnis fanden sie kaum Futter für die Tiere und noch weniger Wasser. Die trostlose Landschaft bestand aus niedrigen Hügeln und kargen, windigen Ebenen. Die Flüsse, die sie durchquerten, waren ausgetrocknet. Die Pferde lebten von zähem braunem Teufelsgras, welches büschelweise um Felsen und abgestorbene Bäume herum wuchs. Dany schickte Kundschafter aus, die jedoch weder Brunnen noch Quellen entdeckten, nur seichte Tümpel mit schalem, stehendem Wasser, das in der heißen Sonne verdunstete. Je tiefer sie in die Wüste eindrangen, desto kleiner wurden die Tümpel, während die Abstände zwischen ihnen zunahmen. Falls es in dieser weglosen Wildnis aus Stein und Sand und rotem Lehm Götter gab, so waren sie hart und trocken und jedem Gebet um Regen gegenüber
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