Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
taub.
Zuerst ging der Wein aus, bald darauf die geronnene Stutenmilch, welche die Dothraki lieber tranken als Met. Dann neigten sich die Vorräte an Fladenbrot und getrocknetem Fleisch dem Ende zu. Die Jäger fanden kein Wild, und so füllte ihnen ausschließlich das Fleisch der toten Pferde die Bäuche. Ein Todesfall folgte dem anderen. Schwache Kinder, verhutzelte alte Frauen, die Kranken, die Dummen, die Achtlosen, dieses grausame Land forderte sie ohne Gnade für sich. Doreah magerte ab, ihre Augen lagen tief in den Höhlen, und ihr weiches goldenes Haar wurde stumpf und spröde wie Stroh.
Dany hungerte und dürstete mit ihnen. Ihre Brüste trockneten aus und gaben keine Milch mehr, die Warzen rissen
auf und bluteten, und Tag für Tag magerte sie mehr ab, bis sie dürr und hart wie ein Stock war. Trotzdem galt ihre Sorge allein ihren Drachen. Ihr Vater war vor ihrer Geburt getötet worden, und ihr prächtiger Bruder Rhaegar ebenfalls. Ihre Mutter starb, als sie sie zur Welt brachte, während draußen ein Sturm toste. Der gute Ser Willem Darry, der sie auf seine Art geliebt haben musste, war in ihrer Kindheit an einer Krankheit gestorben. Ihren Bruder Viserys und Khal Drogo, ihre Sonne, ihre Sterne, selbst ihren ungeborenen Sohn hatten die Götter zu sich gerufen. Doch meine Drachen bekommen sie nicht , schwor Dany. Niemals.
Die Drachen waren nicht größer als die schlanken Katzen, die sie einst über die Mauern von Magister Illyrios Anwesen in Pentos hatte schleichen sehen … solange sie die Flügel nicht entfalteten. Ihre Spannweite war drei Mal so groß wie ihre Länge, und jede Schwinge war ein Fächer aus zarter, durchscheinender Haut von prächtiger Farbe, straff gespannt zwischen langen dünnen Knochen. Wenn man genau hinsah, konnte man sehen, dass sie im Grunde nur aus Hals, Schwanz und Flügeln bestanden. So kleine Dinger , dachte sie, während sie ihnen aus der Hand Futter reichte. Aber die Drachen fraßen nicht. Sie zischten nur und spuckten auf die blutigen Häppchen Pferdefleisch aus … bis Dany sich an etwas erinnerte, das Viserys ihr gesagt hatte.
Allein Drachen und Menschen essen gekochtes Fleisch, hatte er gesagt.
Daraufhin ließ sie das Fleisch von den Mägden rösten, und nun zerrissen die Drachen es gierig und zuckten wie Schlangen mit den Köpfen. Solange das Fleisch nur versengt war, schluckten sie, was immer man ihnen darbot, gelegentlich das Mehrfache ihres eigenen Körpergewichts, und endlich wuchsen sie und wurden kräftiger. Dany bewunderte ihre weichen Schuppen und die Hitze , die von ihnen ausging, so spürbar, dass ihre kleinen Leiber in kalten Nächten zu dampfen schienen.
Bei Einbruch der Dunkelheit brach das Khalasar stets auf, und jeweils einen der Drachen ließ Dany auf ihrer Schulter reiten. Irri und Jhiqui beförderten die beiden anderen in einem Holzkäfig, der zwischen ihren Pferden hing, und blieben dicht hinter ihr, damit die Kleinen ihre Mutter stets sehen konnten. Nur auf diese Weise konnte man sie stillhalten.
»Aegons Drachen wurde nach den Göttern des Alten Valyria benannt«, erklärte sie ihren Blutreitern eines Morgens nach langem nächtlichem Marsch. »Visenyas Drache war Vhagar, Rhaenys’ hieß Meraxes, und Aegon ritt auf Balerion dem Schwarzen Schrecken. Man erzählt sich, Vhagars Atem war so heiß, dass er eine Ritterrüstung schmelzen und den Mann darin kochen konnte. Meraxes schluckte angeblich ganze Pferde, und Balerion … sein Feuer war so schwarz wie seine Schuppen und seine Schwingen so breit, dass ganze Städte in ihren Schatten getaucht wurden, wenn er darüber hinwegflog.«
Die Dothraki bedachten ihre Kleinen mit unbehaglichen Blicken. Der größte der drei glänzte schwarz, und seine Schuppen waren passend zu den Flügeln und Hörnern mit Streifen von grellem Scharlachrot gemustert. »Khaleesi«, murmelte Aggo, »dort sitzt der wiedergeborene Balerion.«
»Vielleicht ist es so, Blut von meinem Blut«, erwiderte Dany ernst, »doch er soll für sein neues Leben einen anderen Namen erhalten. Ich werde sie nach jenen benennen, welche die Götter mir genommen haben. Der grüne heißt Rhaegal, nach meinem kühnen Bruder, der am grünen Ufer des Trident den Tod fand. Der creme- und goldfarbene heißt Viserion. Viserys war grausam, schwach und ängstlich, doch trotz allem war er mein Bruder. Sein Drache wird vollbringen, was ihm nicht vergönnt war.«
»Und das schwarze Tier?«, fragte Ser Jorah Mormont.
»Der schwarze«, antwortete sie, »ist
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