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Das Löwenamulett

Das Löwenamulett

Titel: Das Löwenamulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schwieger
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bekleidet mit einer langen weißen Tunica. Seinen Kopf zierte eine weiße Binde.
    »Du bist ein Priester!«, rief ich.
    »Ja«, sagte er und zeigte uns sein zahnloses Lächeln. »Das kann man wohl leicht erkennen. Ich bin ein Priester der Nemesis.«
    »Ein Nemesispriester!«, rief Delia. Sie klatschte vor Freude in die Hände.
    »Ja, das bin ich. So begeistert hat mich schon lange niemand mehr begrüßt.«
    »Es ist nur …« Delia suchte nach Worten. »Wir müssen etwas wissen, etwas herausfinden, bei dem du uns vielleicht helfen kannst.«
    »Ich werde sehen, was ich tun kann. Was ist es denn?«
    Delia holte das Löwenamulett aus ihrer Tunica hervor.
    »Dieses Amulett haben wir gestern auf der Straße gefunden. Wir würden es gerne seinem Besitzer zurückgeben. Bestimmt hängt er sehr daran.«
    »Auf der Vorderseite ist ein Löwe abgebildet«, ergänzte ich, »auf der Rückseite ein Greif.«
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    »So, so«, sagte der Priester und nahm das Amulett, das Delia ihm entgegenstreckte, vorsichtig in die Hand. »Ein Greif, sagst du?« Er schaute es eingehend an. »Ja, der Greif.
    Er begleitet Nemesis und dient ihr. Seid ihr deswegen hierhergekommen?«
    Wir nickten.
    »Und ihr glaubt, so ein alter Priester wie ich könne euch sagen, wer solch ein Amulett trägt?«
    Wir nickten erneut.
    »Und?«, fragte Delia ungeduldig. »Kannst du es?«
    Der Priester schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, nein. So ein Amulett habe ich noch nie gesehen. Auch dieser Löwe hier … und die Abkürzung …« Er rieb sich den Bart. »Wartet mal, irgendwie kommt mir das doch bekannt vor. Irgendwo habe ich diese Abkürzung schon einmal gesehen. Aber wo?«
    Wir hätten den Priester am liebsten geschüttelt, um seiner Erinnerung auf die Sprünge zu helfen.
    »Tja, darüber muss ich nachdenken. Kommt doch morgen oder besser noch übermorgen wieder vorbei. Dann kann ich euch vielleicht weiterhelfen.«
    »Nein, das geht nicht«, entfuhr es Delia. Sie klang ziemlich verzweifelt. Der Priester schaute sie verwundert an.
    »Warum nicht?«, fragte er.
    »Weil …, weil …«, stotterte Delia.
    »Weil wir morgen gar nicht mehr in der Stadt sind«, half ich aus. »Wir verreisen morgen. Nach Ostia. Und dann mit dem Schiff nach Karthago.«
    »So, so«, sagte der Priester. »Das tut mir leid. Dann kann 45

    ich euch wohl nicht weiterhelfen. Diese Abkürzung … Ich bin mir sicher, dass ich sie schon gesehen habe. Erst kürzlich.
    Aber wo?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir wirklich leid. Im Moment fällt es mir nicht ein. Und ihr könnt wirklich nicht bis morgen warten?«
    »Nein«, sagte Delia, »unmöglich. Wir müssen es heute herausfinden.«
    »Dann wünsche ich euch viel Erfolg«, sagte der Priester.
    »Ich muss jetzt in den Tempel. Vielleicht hilft mir die Göttin ja auf die Sprünge. Wenn mir doch noch etwas einfällt, komme ich heraus und sage es euch. Falls ihr dann noch hier seid.«
    »Wohl kaum«, sagte ich. »Wir haben nicht viel Zeit. Müssen noch jede Menge erledigen. Wegen der großen Reise morgen.«
    »Verstehe«, sagte der Priester und lächelte. »Verstehe.
    Also dann …«, er gab Delia das Amulett zurück, »… dann wünsche ich euch alles Gute für eure Reise. Und für eure Suche. Möge Nemesis euch beistehen. Und schaut nicht so unglücklich. Ich glaube, das Amulett ist nicht wertvoll. Der Besitzer wird den Verlust verschmerzen.«
    Als der Priester verschwunden war, standen wir mit hängen-den Schultern vor den Stufen des Tempels.
    »Und jetzt?«, fragte ich.
    »Bestimmt gibt es hier noch mehr als den einen Priester.
    Wir könnten warten, ob noch einer kommt.«
    Das konnte Delia doch wohl nicht ernst meinen!
    »Und wenn nicht?«
    Delia hob ratlos die Hände.
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    »Wir könnten Leute ansprechen«, schlug ich nach einer kurzen Pause vor.
    »Welche Leute?«
    »Na, alle. Alle, denen wir begegnen. Wir fragen sie einfach, ob sie das Amulett kennen.«
    Was für eine blöde Idee!, dachte ich im selben Moment.
    Wo sollten wir anfangen und wo aufhören? Aber irgendetwas mussten wir doch tun!
    »Das ist doch völlig aussichtslos«, seufzte Delia. »Das kann Stunden und Tage dauern. So viel Zeit haben wir nicht.«
    »Hast du eine bessere Idee?«, fragte ich.
    Sie schüttelte mutlos den Kopf.
    »Komm«, sagte ich, »wir fangen einfach an. Vielleicht haben wir ja Glück. Du weißt doch: Fortes Fortuna adiuvat.*«
    Es ist nicht einfach, einen anderen Menschen von etwas zu überzeugen, an das man selbst nicht glaubt. Trotzdem machte ich weiter.

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