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Das Los: Thriller (German Edition)

Das Los: Thriller (German Edition)

Titel: Das Los: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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sackte im nächsten Moment zusammen. Ihm wurde schwindelig, als er das viele Blut auf seiner Hand sah. Etwas fiel neben seinen Kopf auf den Boden. Es sah aus wie ein blutverschmierter Schraubenzieher, dessen Griff mit Klebeband umwickelt war.
    Als Nächstes blickte er in das zu einer weinerlichen Grimasse verzogene Gesicht des Geldbüßers.
    »Oh, Shit , sie wollten es so, verdammte Scheiße!«, fluchte er.
    Dann hörte Henri das Öffnen und Schließen der Zellentür. Der Schmerz ließ nach, jemand schaltete das grelle Deckenlicht aus.
    Dann legte sich über alles eine tröstende Stille.

39
    B ERLIN , 1763
    »Schaut die Karossen dort drüben. Eins, zwei, drei … sechs an der Zahl! Und seht, wie fremdländisch die Insassen aussehen! Wer mag das wohl sein?« Marie hatte sich weit aus ihrer Kutsche gebeugt und deutete auf die gegenüberliegende Seite der Lindenallee.
    Calzabigi spuckte verächtlich hinaus auf den Boden. »Das ist Ahmed Resmi Efendi, der türkische Gesandte. Er ist mit seinem Gefolge nach Berlin gekommen, um mit dem König über ein Bündnis zu verhandeln!«
    »Warum seid Ihr ihm so feindlich gesinnt?« Marie blickte ihren Begleiter verwundert an.
    »Hainchelin hat es mir auf die Nase gebunden. Dreiundsiebzig Mann hat er aus Istanbul mitgebracht und angekündigt, einige Wochen zu bleiben. Und der König muss für alles zahlen. Rate mal, womit er plant, die Kosten zu bestreiten?«
    Marie gab darauf keine Antwort. Sie schaute noch verwunderter und streckte sich, um auch dem letzten Wagen des bunten Aufzugs hinterherzuschauen.
    »Mit den Einnahmen aus der nächsten Lotterieziehung!« Calzabigi schüttelte verbittert den Kopf. »Als wären wir eine Münzprägeanstalt. Immerzu heißt es: mehr, mehr, mehr.«
    »Was hat der König zum Verlust der zweiten Ziehung gesagt?«, wollte Marie wissen.
    »Ich konnte nicht selbst mit ihm sprechen, habe nur einen bitterbösen Brief erhalten«, erwiderte Calzabigi missmutig. »Ich kann es mir bis heute nicht erklären. Aber Hainchelin hat es wieder und wieder nachgerechnet. Eine Reihe von Spielern aus den äußersten Kollekturen hatte außerordentliches Glück und somit ungewöhnlich hohe Gewinne, die wir auszahlen mussten. Allein auf das Comptoir Nr. 43 entfielen, außer einer beträchtlichen Anzahl Extracten und Amben, allein elf Ternen! Es ist einfach unerklärlich.«
    Während er sprach, war Calzabigis Gesichtsausdruck so traurig, dass Marie versucht war, sich vorzubeugen und tröstend über seine Hand zu streichen. Aber die Gefahr war zu groß, dass dies zu folgenschweren Missinterpretationen führte, und so unterließ sie es.
    Stattdessen presste sie sich tiefer in ihren Sitz und verkroch sich in den Mantel wie eine Auster in ihre Schale. Obwohl die Novembersonne ihr Bestes gab, war es kalt geworden in Berlin. Am Abend zuvor war gar der erste Schnee gefallen, am Morgen aber weggetaut. Die Wolken kündigten allerdings mehr Schnee an, und es war bei dieser Kälte nur eine Frage der Zeit, bis er liegen blieb. Daher hatte Marie sich auch zunächst geweigert, mit in die Kutsche zu steigen. Doch Calzabigi hatte darauf bestanden. Er wolle ihr etwas zeigen, hatte er mit einem verräterischen Grinsen gesagt.
    Gerade hatten sie das Zelt unter den Linden passiert, in dem im Sommer Limonade und andere Erfrischungen verkauft wurden. Jetzt war es abgetakelt und verlieh der mittleren Allee, die innerhalb der sechsspurigen Straße als Flaniermeile diente, mit den überwiegend leeren Bänken eine Atmosphäre der Einsamkeit.
    »Wo fahren wir hin?«, fragte sie mit vor Kälte zitternder Stimme. »So verratet es mir doch!« Sie verzog den Mund zu einer Schnute, so wie es auch der kleine Charles tat, wenn er ihr Herz zu erweichen versuchte. In den vergangenen Monaten hatte sie ihn wie einen Sohn angenommen. Doch er war mehr als dies: Sie waren Verbündete. Wie er seine Eltern, so hatte sie ihre Heimat verloren, und ihre gegenseitige Zuneigung gab ihnen beiden Trost.
    Calzabigis Miene hellte sich schlagartig auf, und er lächelte sogar. »Hab Geduld. Es wird dir gefallen!«
    Sie verließen die großen Hauptstraßen, und kurz darauf hielt die Kutsche vor einem gewöhnlichen Gebäude, das nicht anders aussah als die vielen anderen in der Straße.
    Kaum kam die Kutsche zum Stehen, öffnete sich die Tür, und ein Mann trat zu ihnen heran, dessen Gesicht Marie bekannt vorkam, indes wusste sie nicht, woher. Seiner Kleidung nach zu urteilen war er ein einfacher Arbeiter. Zu einer grauen

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