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Das Los: Thriller (German Edition)

Das Los: Thriller (German Edition)

Titel: Das Los: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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auf seinen Reisen von Spieltisch zu Spieltisch rund um die Welt. Anfangs lediglich als sein Maskottchen. Doch es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis auch sie das erste Mal am Pokertisch Platz genommen hatte, und ihr Erfolg war so bahnbrechend gewesen, dass auch sie zur Spielerin wurde.
    Kurz vor ihrer Zimmertür zog sie die hochhackigen Schuhe aus und nahm sie in die Hand. Sie vermutete, dass Chad noch immer schlief, und hatte sich vorgenommen, ihn zu überraschen. Vielleicht konnten sie den Vormittag gemeinsam im Bett verbringen, so wie sie es früher oft getan hatten, mit nichts außer sich und ein paar Joints. Sie zog die Zimmerkarte durch den Schlitz am Türbeschlag, und die kleine grüne Lampe leuchtete auf. Als sie eintrat, musste sie sich beherrschen, um nicht zu kichern. Drinnen war es dunkel. Vorsichtig stellte sie ihren Koffer und ihre Schuhe im Eingang zum Badezimmer ab und schloss geräuschlos die Zimmertür hinter sich. Mit vorsichtigen Schritten, die auf dem abgenutzten Filzteppich kein Geräusch erzeugten, schlich sie durch den kurzen Flur in das Schlafzimmer vor sich.
    Die Tür stand offen. Durch einen kleinen Spalt zwischen den zugezogenen Gardinen fiel ein schmaler Lichtstrahl und teilte das Zimmer in zwei Hälften. Mit Storchenschritten näherte sie sich dem Bett. Unter der Decke erkannte sie die Wölbung eines Körpers. Chad schien tatsächlich noch tief und fest zu schlafen. Niemals hätte er es pünktlich zum Flughafen geschafft. Aber sie war ihm nicht böse: Dass er lange schlief, war ein gutes Zeichen. Dann hatte er letzte Nacht vermutlich lange gepokert, und dies bedeutete, dass er nicht früh ausgeschieden war. Plötzlich kam ihr eine Idee. Mit geschickten Handgriffen öffnete sie ihren Rock und ließ ihn auf den Fußboden gleiten. Anschließend entledigte sie sich ihres Blazers und der Bluse. Slip und Büstenhalter folgten, und nun stand sie vollkommen nackt vor dem schmalen Doppelbett. Mit einer Hand hob sie vorsichtig die Bettdecke und schlüpfte mit einer geschmeidigen Bewegung darunter.
    Wohlig presste sie ihren kalten Bauch gegen einen anderen nackten Körper – und spürte, wie ihre kleinen festen Brüste ein anderes Paar sehr viel prallerer Brüste berührten. Mit einem spitzen Schrei fuhr sie hoch, riss dabei die Decke zur Seite und starrte auf zwei nackte Leiber im Bett neben sich. Im Halbdunkel erkannte sie den wohlgeformten Hintern von Chad und die Figur einer fabelhaft gebauten Frau.
    »Trisha?«
    Zwar konnte sie sein Gesicht nicht erkennen, doch sie hörte aus diesem einzigen, verschlafen ausgesprochenen Wort alles heraus, was Chad in diesem Moment ihr mitzuteilen hatte: Überraschung, Bestürzung, Geständnis, Mitleid, Selbstmitleid und Entschuldigung.
    Während der Raum um sie herum langsam unter einem feuchten Film verschwand, raffte sie ihre Kleidungsstücke zusammen. Sie stolperte in den Zimmerflur, griff nach dem Koffer, ihrer Tasche und den Schuhen und taumelte splitterfasernackt hinaus in den Korridor. Erst als sie den Fahrstuhl erreicht hatte und sich nach scheinbar ewigem Warten dessen Türen hinter ihr geschlossen hatten, ließ sie alles fallen, sank zu Boden, umklammerte ihre Beine und begann hemmungslos zu schluchzen. Niemals zuvor hatte sie sich so nackt gefühlt.
    Ein heftiges Ruckeln, wie im Flugzeug beim Durchfliegen eines Luftlochs, ließ sie aufschauen.
    Sie wusste, was das bedeutete: Der Fahrstuhl war stecken geblieben.

5
    L EIPZIG , D EZEMBER 1762
    König Friedrich saß an seinem Schreibtisch und beachtete ihn nicht.
    Schon seit fast einer halben Stunde stand Giovanni Antonio Calzabigi in dem Raum, und zwar genau zwei Schritte neben der Tür. Der Lakai hatte sie ganz leise hinter ihm zugedrückt. Calzabigi hatte sich zweimal umdrehen müssen, um zu glauben, dass die Tür wirklich verschlossen war. Mittlerweile kannte er die Inneneinrichtung des bescheiden eingerichteten Appartements in- und auswendig. Er hatte jedes Möbelstück mindestens zweimal ausführlich mit seinen Blicken abgetastet. Viel hatten seine Augen dabei nicht zu tun gehabt: Außer einem Sessel, einem Sekretär, den der König zum Schreiben benutzte, einem einfach gefertigten Holzstuhl, auf dem der König saß, einer Wand mit Büchern und ein paar schlecht gemalten Gemälden war der Raum leer.
    Man hatte ihm bereits berichtet, dass der König während seiner Feldzüge im Winterquartier fernab von Sanssouci auf jede Art von Komfort verzichtete. Der König war auf direktem Wege von den

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