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Das Los: Thriller (German Edition)

Das Los: Thriller (German Edition)

Titel: Das Los: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Telefonat eben zu tun?«
    »Ich will nur die Wahrheit wissen«, antwortete Trisha kühl. »Hast du mir immer die Wahrheit gesagt?«
    Ihre Augen verengten sich, als wollte sie ihren Blick schärfen, um Henris Reaktion genau zu beobachten. Dessen Gesichtszüge entspannten sich, und er lehnte sich in seinem Korbsessel zurück.
    »Wer sagt schon immer die Wahrheit«, antwortete er und mühte sich, ein spitzbübisches Grinsen zu unterdrücken. Er griff nach seinem Ginglas und nahm einen Schluck, wobei er mit den Augenbrauen wackelte.
    »Stimmt, du bist ja ein Betrüger«, erwiderte Trisha sarkastisch.
    Henri stellte das Glas zurück und betrachtete sie nun mit ernster Miene. »Und du eine Pokerspielerin«, sagte er.
    Trishas Blick glitt zu seinen Händen. Für einen kurzen Moment stellte sie sich vor, wie sich seine Finger um den Hals einer jungen Frau legten und die Knöchel vor Anstrengung eine weiße Farbe annahmen. Sie blinzelte mit den Augen, um das Bild loszuwerden. Ab sofort würde sie auf der Hut sein vor diesem Mann. Und überhaupt: Was machte sie nur hier? Sie dachte an Leeds, sah in Gedanken ihre Eltern auf der Couch vor dem Bild der Großmutter sitzen. Doch sie lächelten nicht, sie schauten vorwurfsvoll … nein – enttäuscht.
    Trishas Gedanken rasten weiter. Sie tauchte ein in ihre innere Bilderwelt, auf der Suche nach einem Ort, der für sie ein Ziel ihrer Sehnsucht darstellen konnte. Sie blieb an einem mit grünem Filz bespannten Pokertisch hängen. Doch auch hier wollte sich nicht das bekannte Wohlgefühl in ihrer Brust einstellen. Nervosität breitete sich in ihr aus. Plötzlich fühlte sie sich wie ein Hubschrauber über dem Meer, der verzweifelt nach einem Landeplatz suchte. Vielleicht war wirklich dieser Lottogewinn die Lösung. Für eine Versöhnung mit ihren Eltern. Ein Abschied vom Pokertisch. Sie würde eine Weltreise machen, um den Ort zu suchen, wo sie hingehörte. Sie nahm den Anhänger um ihren Hals in ihre Hand. Wieder einmal schien er zu glühen, aber hier in Mumbai glühte alles.
    »Alles klar mit dir?«, fragte Henri besorgt und tätschelte ihre Hand. Es fühlte sich an, als würde sie einen Schlag bekommen.
    »Pradeep Kottayil?«, fragte plötzlich eine fistelige Stimme an ihrem Tisch.
    Henri und Trisha schauten verwundert auf. Vor ihnen stand ein kleingewachsener, spindeldürrer Inder.
    »Pradeep Kottayil?«, fragte er wieder und nickte ihnen auffordernd zu. »Du mitkommen!«
    Henri und Trisha schauten sich an, dann standen beide fast gleichzeitig auf.
    Der Inder setzte sich in Bewegung, und sie folgten ihm. Ihr Weg endete nach einigen Metern an einem der betagten, schwarz-weißen Padmini-Taxis, deren Alter laut dem Reiseführer, den Trisha auf dem Flug nach Mumbai gelesen hatte, fünfundzwanzig Jahre und mehr betrug. Der Inder öffnete die hintere Tür.
    »Pradeep Kottayil. Einsteigen«, sagte er.
    Trisha suchte ängstlich Henris Blick.
    Der deutete auf das Innere des Taxis. »Pradeep Kottayil. Einsteigen«, imitierte er den Inder mit einem verschmitzten Lächeln.
    Trisha gab ihr Zögern auf, stieg ein und rutschte auf der Rückbank durch, um Henri neben ihr Platz nehmen zu lassen. Der Taxifahrer schlug die Tür so heftig zu, dass Trisha schon befürchtete, sie würde abfallen. Dann schwang er sich hinter das Steuer und ordnete sich in den Verkehr ein, der wie eine zähe Masse durch die Stadt floss. Eine gute Viertelstunde lang, während der weder Trisha noch Henri sprachen, waren sie Teil der Blechlawine, dann bog der Fahrer plötzlich ab, und der Stau lichtete sich. Keine fünf Minuten später donnerten sie mit für Mumbaier Verhältnisse atemberaubender Geschwindigkeit eine breite Straße entlang, die aus der Stadt hinausführte. Trisha drehte sich ein paar Mal zu der Skyline um, die sie rasch hinter sich ließen.
    »Wir fahren raus aus der Stadt«, sagte sie zu Henri.
    Der beugte sich vor und tippte dem Fahrer auf die Schulter. »Wohin fahren wir?«, fragte er, wobei er jedes Wort so deutlich aussprach, als würde er zu einem Schwerhörigen reden.
    Der Fahrer drehte sich zu Trishas Überraschung um, als habe er den Autopilot eingeschaltet, und lachte ihnen freundlich entgegen. »Pradeep Kottayil!«, wiederholte er fröhlich.
    Trisha zeigte nach vorn zur Windschutzscheibe und atmete durch, als der Fahrer sich endlich wieder dem Geschehen vor ihm zuwandte. Immer noch war auf der Straße nicht viel los, und die Wohnhäuser wurden immer häufiger durch Industriegebäude

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