Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)
Aufnahme ins Gymnasium. Ich war erleichtert darüber und wollte, dass er gefordert wurde, unter den Einfluss von leistungsorientierten Jugendlichen kam. Bei aller Lebensfreude sollte er auch Ernsthaftigkeit erfahren. Was natürlich auch bedeutete, dass eigene Wege vor ihm lagen, auf denen ich ihn so selbstverständlich wie bisher nicht mehr begleiten konnte.
Und die Unwucht unserer Ehe mit ihren Krisen nahm zu – es lief immer weniger rund. Die Arbeit war manchmal Rettung für mich, ich ahnte, dass durch sie eine neue Art von Glück auf mich zukommen könnte. Genauso ahnte ich, dass vielen Frauen in meinem Alter die gleichen Probleme aufgegeben waren, sie sich mit den gleichen Erfahrungen herumschlagen mussten. Was den Westen betraf, hatten diese Frauen mich vorher nicht gekannt als Künstlerin. Hier war ich plötzlich dazugekommen. In der DDR dagegen machten viele der Gleichaltrigen, für die ich ein Star, eine Orientierung gewesen war, jetzt Erlebnisse mit, für die ich ihnen im Moment keine Lieder mehr bieten konnte. Ich bin mit meinen Fans, auf beiden Seiten der Mauer, nicht gemeinsam älter geworden. Für jeden fehlt ein Stück Lebenszeit!
Es half nicht, darüber zu grübeln. Ich wusste: Auch Glück gehört in mein Leben. Es stand wieder bevor.
Ich stürzte mich also in die Arbeit an meiner Lieblings-West-CD: Veronika Fischer , produziert von Henry Staroste. Voller Vorfreude gab ich dem Album keinen separaten Namen. Ich war so überzeugt, dass es mir musikalisch endlich wieder entspräche, dass ich es nur nach mir nennen wollte. Ich hielt es für unwichtig, dass meine erste LP auch so geheißen hatte.
Es kann da zu Verwechslungen kommen, aber das lässt sich leider nicht mehr ändern.
Henry ist ein hervorragender Produzent, der weiß, wie lyrische Texte poprockig zeitgemäß umgesetzt werden. Und er erkannte mein Potenzial. Dass unsere Zusammenarbeit aufging, freute mich deshalb besonders, weil Henry eigentlich im Hardrock zu Hause ist; er hat Doro Pesch produziert und reagiert allergisch auf die vernebelnden Weichspülertricks, zu denen in den Schlagerstudios gerne gegriffen wird, zum Beispiel weich hallende Schlagzeugklänge, die Kraft nur vorgaukeln.
Ein Nichtraucher, Wuschelkopf, nicht dünn wie die meisten Keyboarder saß er am Mischpult oder an den Tasten und ermunterte mich, selbst kreativ zu werden. Er mochte Franz’ Kompositionen, erkannte Qualität. Es entstand »Ich will den Sommer«. Er war mutig und formte die vorhandenen Stücke zu einem Guss. So schuf er eine Konzeptions-CD, die höchste Form der Produktion. Hier stehen alle Einzelteile für sich selbst und halten trotzdem zusammen, beziehen sich aufeinander.
Weil das gelang, ist das Album bis heute gültig geblieben.
Manfred schrieb den schönen Text zu »Ich will den Sommer«, zu »Hey Du« und besonders zu »Manchmal fällt man tief« mit der Musik von Ramesh Weeratunga, der aus Sri Lanka stammt und in Berlin lebt. »Hey Du« hat bis heute riesige Erfolge im Radio, mit Madonna-Einsätzen bis zu 150-mal in der Woche. Es ging also auch poppig. Heiner Pudelko lieferte gute Texte, wie etwa »Ich verzeih dir«.
Zum ersten Mal arbeitete ich mit Gerulf Pannach, der eigentlich nie mit einer Frau hatte zusammenarbeiten wollen, weil er meinte, ihm bliebe das weibliche Denken fremd. So entstand »Das Lügenlied vom Glück«, der Beginn einer guten Zusammenarbeit. Rainer Husel war ebenfalls dabei. Ihn mochte ich sehr. Kennengelernt hatte ich ihn durch die Marburger Band Scrifis, die sich irgendwann 1987 bei mir meldete. Ich wusste, dass sie die Liveband Nummer eins in der Region waren, mit rund zweihundert Auftritten pro Jahr. Das erinnerte mich an alte Zeiten. Ralf Lippmann, Kopf der Band, fragte mich überraschend, ob ich nicht bei ihnen einsteigen wolle. Aber meine Zeit als Bandsängerin lag hinter mir, zu viel hatte ich in einen eigenen Namen investiert. Ich lehnte ab; beim Verabschieden erwähnten sie das Kompositionstalent Rainer Husel, einen blinden Musiker und Sänger. Wir lernten uns kennen, Rainer schrieb dann oft für mich, Kompositionen wie »Der letzte Sommer«, »Du kannst bleiben« oder »So still kann Liebe sein«, zu diesen beiden auch die Texte.
Später traf ich Ralf Lippmann wieder, denn seine Schwester war verheiratet mit Henry Staroste und übernahm mit ihm und einem weiteren Bruder sämtliche Chorpartien zu meinem Album.
Henry und Ina lebten in einem Ort bei Düsseldorf. In ihrem Haus war auch das Studio – im Keller, wo
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