Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)
Business mit Beträgen, bei denen es mir schwindlig wurde.
Wenn unsere Ehe schon nicht mehr zu kitten war, wollte ich wenigstens einen klaren Schnitt: Wir mussten uns beruflich und privat auseinanderdividieren. Von László kam nicht viel. Was seine jetzt manchmal sehr schnell gewonnenen Einkünfte betraf, hielt er sich bedeckt. Wieder musste ich die Dinge allein bewerkstelligen. Ich schwankte zwischen meinen Gefühlen hin und her. Und wie so oft suchte ich mein Heil in der Arbeit. Ich steckte mir neue Ziele.
Nachdem die schöne 1989er CD uns erfolgreich auf der großen Tournee durch die einstige Heimat begleitet hatte, war 1990 das Album Gefühle nachgeschoben worden. Für mich hatte das Ganze einen faden Beigeschmack gehabt, eine schnelle Produktion, der in meinen Augen ein gewisses »Abgefertigtwerden« anhaftete. Jetzt wollte ich wieder etwas »Schönes« entstehen lassen und kümmerte mich deshalb verstärkt selbst um die Produktion. Ich hatte von Rainer Husel die Komposition »Nächstenliebe« in der Hand, die ich gemeinsam mit Andreas bearbeitete. Sein wunderbares Saxofon, dazu mein Gesang, alles sehr reduziert, aber mit einer großen Wirkung. In diesem Lied geht es um Spontansex in einer Kirche, gar nicht aufdringlich oder schlüpfrig erzählt, sondern leicht und unkompliziert. Live spielten wir das Lied schon eine ganze Weile, es kam hervorragend an. Weil ich überzeugt von der Wirkung war – und von der Freiheit in der Kunst –, schickte ich WEA ein Demoband davon und schlug es für meine neue CD vor. Dort reagierte man brüsk und entsetzt: Wie ich glauben könne, dass so etwas in Deutschland jemals gesendet werden würde? Ich war überrascht von der kategorischen Ablehnung, aber vielleicht war das Thema ja wirklich zu gewagt.
Ich musste mich also um neues Material kümmern und kam bei meiner Suche auf den Texter Gerulf Pannach. Bei ihm war ich mir sicher, dass wir einen gemeinsamen Nenner finden würden. Ich wollte die widersprüchlichen Empfindungen, die die Zeit nach der Wiedervereinigung prägten, mit guten Songs einfangen. Gerulf wünschte sich allerdings, dass seine Texte musikalisch von Detlef Petersen umgesetzt würden, einem Komponisten, mit dem er befreundet war, den ich bis dahin allerdings nicht kannte. Vor unserem ersten Treffen war ich skeptisch. Detlef verortete mich eher im Schlager, das hatte mir Gerulf schon erzählt. Da war sie wieder, die Schublade, die ich so dicke hatte. Aber dann war ich überrascht, wie schnell er dieses Denken ablegen konnte. Er hatte ein gutes Gespür für Stimmen und war an einer ernsthaften Zusammenarbeit interessiert.
Auch ich hatte mich natürlich über ihn erkundigt und erfahren, dass Detlef der Komponist einiger früher Songs von Lake gewesen war, mit denen die Band Erfolge in Amerika gefeiert hatte. Sozusagen ein Ur-Laker, in der Fachwelt ein Begriff, jemand mit großer Erfahrung. So schlossen sich einmal mehr Kreise. Ich war gespannt darauf, wie sich die Arbeit mit ihm gestalten würde.
Kurze Zeit später rief mich Rainer Husel ganz verzweifelt an. Er sei untröstlich, aber seine »Nächstenliebe« sei nun überraschend von Juliane Werding aufgenommen worden, die Scheibe stünde unmittelbar vor der Veröffentlichung. Es täte ihm wirklich leid, er hätte das Lied viel lieber von mir gesungen gewusst als in dieser Version. Ich versicherte ihm, dass ich nicht sauer auf ihn sei und er als Komponist schließlich vor allem daran interessiert sein müsse, dass seine Kompositionen überhaupt veröffentlicht wurden. Als ich aufgelegt hatte, kochte ich innerlich. Nicht wegen Rainer, sondern wegen der Art und Weise, wie die WEA mit mir umging. Sie hatten mein Demo genommen und es an Juliane Werding weitergereicht? Jenes Lied, das sie mir ausgeredet hatten, weil es angeblich die Medien und das Publikum verschreckte? Und bei Juliane sollte der Text jetzt auf einmal kein Erfolgshindernis mehr sein? Kirche blieb Kirche, und Sex blieb Sex, egal wer davon sang.
Ich war entsetzt und schrieb einen deftigen Brief an den damaligen Geschäftsführer der WEA, Gerd Gebhardt, in dem ich forderte, mich bei solchen Umgangsformen sofort aus dem Vertrag zu entlassen. Zwischen uns war die Luft raus, hier wurde mit zweierlei Maß gemessen. Ein solches Gemisch aus Gedankenlosigkeit und Berechnung brauchte ich nicht, da rieb man sich nur auf. Neues Spiel, neues Glück, dachte ich. Und wann, wenn nicht jetzt? Die Umstände waren günstig. Ich hatte live gut zu tun und war
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