Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)
ich mich nicht selbst aus dem Rennen geworfen hatte. Es war schwer genug, in seine beliebte Sendung zu kommen, und jetzt hatte ich auch noch Sonderwünsche. Am Ende suchte er sich »Weit übers Meer« aus, das gefiel mir. Ich wusste, dass man so ein Lied im Fernsehen vorteilhaft präsentieren kann. Im Radio würde es wieder nur im Nachtprogramm laufen.
Der Auftritt war ein Erfolg. Jürgen machte eine tolle Anmoderation, und »Weit übers Meer« wurde mein großer Titel in den Neunzigern. Er wird bis heute geliebt wie meine alten Hits, obwohl er kaum im Radio lief. Der Auftritt in Jürgens Sendung zog einige weitere Besuche beim Fernsehen nach sich, die Wirkung war groß, und ich verkaufte Träumer 60.000-mal. Eine stattliche Zahl, die sich auch auf meine Zusammenarbeit mit Polydor positiv auswirkte. Mein Vertrag wurde verlängert.
Manche Gepflogenheiten der Medienbranche sind so absurd, man könnte sie sich nicht ausdenken. Anfang der Neunziger rief mich Detlef Petersen an: »Bei RTL suchen sie für einen Mehrteiler noch ein Lied. Ich habe dich vorgeschlagen. Das ist deine Chance, mit Filmmusik in Die Tote von Amelung zu kommen!«
Detlef hatte sich in dieser Zeit immer mehr der Filmmusik zugewandt und mehrere, zum Teil auch internationale Filme bestückt wie Gloomy Sunday oder Wir können auch anders von Detlef Buck. Während unserer Zusammenarbeit hatte er öfter daran gedacht, mich einzubauen. Nun schien dieser Moment gekommen.
1995 sollte der Streifen gesendet werden. Und da meine eben entstehende CD Träumer gleichzeitig erscheinen würde, schien uns das ein glückliches Zusammentreffen. Wir hofften, durch die Hauptmelodie des Films ein breiteres Publikum zu erreichen. Außerdem passten das Thema des Films und meine Vorliebe für Balladen mit ausdrucksstarken Texten zusammen.
Detlef steuerte eine Melodie bei, Gerulf und Manfred taten sich zusammen und schrieben den berührenden Text über eine Frau, die auf einer abgeschiedenen Insel in einer langen Beziehung immer liebloser dahinlebt und große Sehnsucht nach dem Leben hat: »Kein Zufall kommt hier mehr vorbei…« Der Text entsprach in der Zeit der Scheidung auch meinem Lebensgefühl – der Sorge, ob mir nach meiner eigenen langen Bindung noch eine zweite zuverlässige Beziehung gelingen könnte.
Der Film war gedreht, mein Lied eingefügt. Da rief mich Dieter Hägermann an: Für die Erwähnung meines Namens im Abspann des Films verlangte RTL 50.000 DM. Polydor jedoch sei nicht bereit, diese Summe zu bezahlen. Ich verstand ihn nicht gleich – da ich doch bereits meinen Gesang umsonst zur Verfügung gestellt hatte, war ich selbstverständlich davon ausgegangen, erwähnt zu werden. Er versuchte mich dadurch zu beruhigen, dass mein Name vielleicht trotzdem auftauchen werde.
Als der Film dann lief, schaute ich gespannt auf den Abspann des ersten Teils – die Urheber wurden genannt, aber mein Name erschien nicht. In allen Folgen ertönte das Lied, insgesamt siebenmal, die Hauptdarstellerin bediente sich meines Gesangs, das Lied gehörte sozusagen zum Inhalt des Films. Wer es aber wirklich sang, weiß nur der Wind!
Ich war fassungslos.
Leider konnte ich nichts dagegen unternehmen. Ich hatte nicht gewusst, dass ich einen Sondervertrag mit Detlef, meinem Produzenten, hätte abschließen müssen, in dem explizit die Nennung meines Namens gefordert wurde.
Das muss man sich mal vorstellen! Man ist als Interpret nicht automatisch so weit geschützt, dass eine Namensnennung selbstverständlich ist. Keiner hatte mir das verraten. Detlef entschuldigte sich danach bei mir.
Leute riefen mich an, fragten nach, ob sie meine Stimme im Lied gehört hätten. Aber viele erfuhren es nicht. RTL bestrafte mich, weil Polydor nicht zahlte. Der Privatsender fand, wenn jemand durch ihre Ausstrahlung so viel Promotion erhielt, sollte das nicht umsonst sein.
Zum Glück verkaufte »Träumer« sich trotzdem sehr gut dank »Weit übers Meer«.
Liebe Kinder, das Leben hat viele Spielregeln. Manche erkennt man erst, wenn man auf die Nase gefallen ist, weil sie einem niemand erklärt hat. Dumm gelaufen!
Als Nächstes produzierte ich Das Kind und der Kater , ein Musical für Groß und Klein. Kathrin Brigl war die Autorin, Andreas Bicking komponierte die Musik. Es war eine wunderbare Arbeit, aber zu Polydor passte sie nicht. Dort hatten sie damals keine Erfahrung mit Musicalproduktionen und taten deshalb wenig für die Promotion. Und während von meinem Budget die Produktionssumme
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