Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)
schwierigen Phase, in der ich privat zwischen Thüringen, Berlin und verschiedenen Auftrittsorten hin und her pendelte, teilte László mir eines Tages mit, dass er gehen würde. Keine Erklärungen, keine weiteren Worte, er redete sowieso nicht gern über Gefühle. So einfach machte er es sich. Ja, geh doch, es ist mir recht, sagte ich, obwohl es in meinem Innern brodelte. Natürlich war ich längst allein, die Würfel waren vor langer Zeit gefallen, aber man schiebt den endgültigen Schlussstrich vor sich her, zumal mit Kind. Aus und fertig, so einfach war das für ihn.
Ich war einerseits froh, dass die Trennung damit vollzogen war. Die letzte gemeinsame Zeit war schwierig gewesen. Benjamin litt unter der angespannten Situation, auch wenn er sich bemühte, es nicht zu zeigen. Kinder leiden immer bei einer Trennung der Eltern, sie lieben beide.
Ich konnte es ihm nicht ersparen.
Es war unerträglich im Jahr 1995. Ich lebte zwischen dem Auszug des noch »Angetrauten«, musste Benjamin trösten, raste nach Thüringen, 630 Kilometer hin und zurück, um meinem Vater ein wenig beizustehen, dann zurück nach Hause, um den nächsten Zugriff des Chaos abzuwehren. Unterwegs noch Freude bringen auf den Bühnen, mir nichts anmerken lassen.
Es reichte.
Wie viel kann man ertragen?
Zu allem Überfluss glaubte ich, den Verlust meiner Ehe durch eine Liaison mit einem Kollegen überwinden zu können. Eine pure Illusion. Ich bin eigentlich jemand, der Privates und Arbeitsleben voneinander zu trennen weiß. Aber in dieser Situation war ich bereit, meine Grundsätze über Bord zu werfen. Ich war im besten Alter, knapp über vierzig, sah gut aus und wollte einfach nur noch raus aus meinem privaten Kummer. Der junge Mann, mit dem ich mich einließ, hatte selbst Familie. Ich hatte Skrupel, doch er beteuerte mir, seine Ehe sei ohnehin am Ende. Allerdings erfuhr ich auch, dass er die Abwechslung liebte. Nur nicht festlegen.
Dies konnte also nur eine Affäre sein und möglichst unauffällig, denn ich war ja eine Öffentlichkeitsperson. Vielleicht war ihm das unangenehm, er hat es nicht verraten.
Die Affäre dauerte dafür recht lange, war zum Schluss aber nur ein Spaß für beide Seiten.
Letztlich fehlte mir eine echte Beziehung.
In dieser schwierigen Phase rettete mich einmal mehr die Musik. Diesmal war es die Arbeit an der neuen CD Träumer , die 1995 erschien. Ich fragte bei Polydor an, ob ich zwei Produktionsteams einsetzen dürfe. Da »Sehnsucht« so gut lief, bekam ich die Genehmigung. Die Produktion wurde aufgeteilt zwischen Detlef und Andreas. Der war schließlich der Bandleader und erwartete, stärker einbezogen und beteiligt zu werden. Gleichzeitig war ich genauso von Detlefs Kompositionsqualitäten und seiner Kompetenz bei der Studioarbeit überzeugt. Eine Aufteilung lag deshalb nahe.
Für das Album textete erstmals auch Werner Karma, ein klassischer Rockpoet, der Erfolge mit Silly und Tamara Danz gefeiert hatte (»Mont Klamott«). Ich freute mich über seine Zuarbeit; ihn für dieses Album zu gewinnen entpuppte sich als Glücksfall. Er schrieb »Träumer wie wir« und »Verlornes Herz«, beide Titel laufen bis heute erfolgreich. Auch Manfred und Gerulf waren beschäftigt. Manfred schrieb »Ich warte«, Gerulf steuerte »Weit übers Meer« bei, gemeinsam texteten sie unter anderem »Abflug in die Stadt«. Die Kompositionen kamen von Andreas und Detlef.
Bei den Aufnahmen, für die Detlef verantwortlich war, spielte Alex Conti Gitarre – ein hervorragender Musiker, das hört man bei »Ich warte«. Für mich ist dieses Lied etwas ganz Besonderes, und ich habe mich sehr gefreut, dass er mitspielte und ich ihn kennenlernen konnte.
Produziert wurde wieder in Detlefs Studio in Ahrenshöft. Die Vorbesitzerin des Hauses war inzwischen offenbar ausgezogen, denn es spukte nicht mehr. Wer weiß, vielleicht hatten wir sie ja mit unserer Musik aus dem Haus getrieben?
Ich hatte gerade die Betreuung meines Vaters an meine Schwester übergeben und war eben erst nach Berlin zurückgekehrt, als das Telefon klingelte. Anita war am Apparat und erzählte mir, dass unser Vater sich unter schlimmsten Schmerzen in sein Bett zurückgezogen hatte. Zum Sterben. Er ließ den Pfarrer rufen und hielt noch so lange aus, bis der ihm die Beichte abnahm. Ich war gerade zu Hause angekommen, als mich der Anruf erreichte. Mein Vater starb am 2. November 1995. Auf den Tag genau drei Jahre nach meiner Mutter.
Als wir in seiner Brieftasche dann das Bild
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